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# taz.de -- Konjunkturflaute in Deutschland: Habeck will mehr
> Die FDP will die Unternehmenssteuern senken. Doch Wirtschaftsminister
> Robert Habeck versucht alles, um die Schuldenbremse abzumildern.
Bild: Robert Habeck mit Auszubildenden bei Jenoptik am 15. Februar 2024
Berlin taz | Keine Frage: Die Zahlen sind alles andere als überragend. Aber
steht Deutschland wirklich vor der größten Wirtschaftskrise seit 20 Jahren?
So sieht es zumindest die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) –
und rechnet in diesem Jahr erneut mit einer Wirtschaftsleistung im Minus.
„Die schlechte Stimmung der Unternehmen verfestigt sich“, lässt der
Lobbyverband am Donnerstag wissen – und erwartet ein dickes Minus von 0,5
Prozent der Wirtschaftsleistung für 2024. „Die Krise ist da“, meint
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben.
Die Bundesregierung ist optimistischer – und malt dennoch auch in Moll: Sie
will in der kommenden Woche ihre offizielle Wachstumsprognose für 2024 von
1,3 auf ein Zwergenwachstum von nur noch 0,2 Prozent senken, für 2025
erwartet sie immerhin ein Plus von 1,0 Prozent. Auch alle anderen
Forschungsinstitute sehen für das laufende Jahr Wachstum voraus, wenn auch
kein hohes.
„Ich finde das nachgerade peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich“,
erklärt Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwochabend in Potsdam.
Deutschland werde mit dem Miniwachstum wieder in der Schlussgruppe der
Industriestaaten landen. „Wenn wir nichts tun, wird unser Land
zurückfallen. Dann wird Deutschland ärmer“, meint der FDP-Chef.
Und das riecht schon wieder nach Zoff in der Ampel. Am kommenden Mittwoch
will Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) den
Jahreswirtschaftsbericht vorlegen – mit Ideen, was gegen die schwächelnde
Konjunktur zu tun ist. Auch er finde die Zahlen „in keinster Weise
befriedigend“, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in Jena. Allerdings
hat Wirtschaftsminister [1][Habeck völlig andere Vorstellungen als
Finanzminister Lindner]. Der Liberale plädiert mit den Wirtschaftsverbänden
für Steuererleichterungen, beispielsweise beim Soli, und für weniger
Bürokratie.
Dagegen meint Habeck, „staatliches Geld würde einen Impuls setzen,
natürlich helfen“. Der Grüne plädiert für ein über Schulden finanziertes
milliardenschweres [2][Sondervermögen] für Investitionen. Er bekomme viele
Anfragen von Unternehmen, die gerne eine Fabrik in Deutschland bauen
wollten, sagte Habeck – die Firmen forderten aber die gleichen Bedingungen
wie in den USA. Er verwies auf Milliarden, mit denen die USA Unternehmen zu
sich lockten.
FDP stellt sich quer
Aktuell droht so die Schweizer Solarfirma Meyer Burger, ihre Verluste
schreibende Modulfabrik in Sachsen Richtung USA zu verlegen, wenn die
Politik nicht zur Hilfe eile, ergo Subventionen wie in Übersee fließen
lasse. Betroffen wären rund 500 Beschäftigte. Deutschland stehe mit seiner
aktuellen Subventionspolitik vergleichsweise knickrig da, weil die Ampel
sich entschieden habe, Gelder restriktiver auszugeben, meint Habeck.
Es geht um die Schuldenbremse. „Wenn es mehr Gelder gibt, dann gibt es
keinen, der sich mehr freut als ich“, sagt Habeck. Und spielt damit auf
eine Neujustierung der Schuldenbremse an. Eine Änderung lehnt die FDP
jedoch strikt ab. Wie die Union auch. Deren Stimmen benötigte die
Ampelkoalition aber für eine Änderung im Grundgesetz im Bundestag.
Um die FDP zu umgarnen, fordert inzwischen auch Habeck eine Senkung der
Steuersätze für Unternehmen und zeigt sich offen für „steuerpolitische
Impulse, also Steuersenkungen für Investitionen“. Mit einem großen Aber:
„Steuersenkungen oder fehlendes Geld heißt eben: Das Loch im Haushalt wird
größer. Diese Frage muss also beantwortet werden. Und das Loch zum Haushalt
2025 ist ganz schön groß“.
Klar ist allen, dass es so nicht bleiben kann. Erst am Mittwoch musste das
Wirtschaftsministerium einräumen, dass derzeit wenig für eine
konjunkturelle Belebung in Deutschland spricht. Gründe: VerbraucherInnen
ohne Kauflaune, viele Streiks, hoher Krankenstand in Deutschland.
Lichtblicke: die im Januar deutlich auf 2,9 Prozent gefallene
Inflationsrate sowie die relativ moderate Arbeitslosenquote. Die
Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit 5,9 Prozent, nach 5,7 Prozent
im Jahr 2023.
Statistischer Funfact: Trotz Kriselns hat Deutschland Japan laut Daten aus
Tokio als [3][drittgrößte Volkswirtschaft der Welt] abgelöst. Wegen des
schwachen Yen und auch wegen des noch schwächeren Wachstums lag Japans
Wirtschaftsleistung 2023 bei 4,2 Billionen Dollar, Deutschland erreichte
umgerechnet 4,5 Billionen Dollar.
15 Feb 2024
## LINKS
[1] /Subventionen-fuer-die-Wirtschaft/!5988580
[2] /Rezession-in-Deutschland/!5991248
[3] /Fairer-Kapitalismus/!5957910
## AUTOREN
Kai Schöneberg
## TAGS
Wirtschaftswachstum
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Investitionen
Konjunktur
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