# taz.de -- Verträge zu Investitionsschutz: Gegen Sonderregeln | |
> Deutschland hat mit 80 Staaten Verträge, die Klagen von Unternehmen vor | |
> privaten Schiedsgerichten erlauben. Die Linke fordert, diese zu kündigen. | |
Bild: Kohlekraftwerk von RWE: Der Konzern verklagte die Niederlande wegen Verlu… | |
BERLIN taz | Das erste hat Deutschland 1959 mit Pakistan abgeschlossen: | |
Investitionsschutzabkommen machen Klagen von Unternehmen gegen Staaten | |
möglich. Inzwischen hat Deutschland mit 117 Staaten solche Verträge, 80 | |
davon sehen Schiedsverfahren zwischen Staaten und Investoren vor. Das geht | |
aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor, | |
die der taz vorliegt. | |
„Die Antwort der Bundesregierung zeigt, dass es noch eine Vielzahl von | |
Investitionsschutzabkommen gibt, die ausländischen Konzernen | |
weiterreichende Klagemöglichkeiten eröffnen, die weit über das hinausgehen, | |
was selbst die Bundesregierung in ihren außenwirtschaftlichen Leitlinien | |
für künftige vergleichbare Abkommen als rote Linien definiert hat“, | |
kritisierte Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser. | |
Die außergerichtlichen Schiedsverfahren sollen Investitionen vor | |
staatlicher Willkür schützen – vor allem in Ländern, in denen es an | |
Rechtsstaatlichkeit mangelt. Unternehmen klagen jedoch auch, wenn sie ihre | |
Investitionen durch Klima- oder sozialpolitische Entscheidungen gefährdet | |
sehen. Das sorgt seit jeher für Kritik. | |
Für die Schiedsverfahren einigen sich die Parteien auf private | |
Schiedsrichter*innen, der Prozess findet nicht öffentlich statt – und auch | |
Entscheidungen oder Vergleiche bleiben unter Verschluss. Deshalb ist es | |
schwer auszumachen, wie viel Geld tatsächlich fließt. Auch die | |
Bundesregierung nennt keine öffentlichen Zahlen dazu. | |
Der Energiekonzern Vattenfall erhielt 2021 etwa 1,4 Milliarden Euro als | |
Entschädigung für Verluste im Zuge des deutschen Atomausstiegs. Das | |
schwedische Unternehmen hatte zuvor gegen Deutschland geklagt und eine | |
Einigung erzielt. Das Wirtschaftsministerium gibt allerdings an, dass die | |
Entschädigungszahlungen nicht Gegenstand der Einigung waren. | |
## Austritt aus Energiechartavertrag | |
Ende 2023 ist Deutschland aus dem [1][Energiechartavertrag] ausgetreten, | |
dem wohl bekanntesten Abkommen, nach dem Unternehmen immer wieder Staaten | |
verklagen. Jüngstes Beispiel ist etwa die Klage des deutschen | |
Energiekonzerns RWE gegen die Niederlande wegen des Kohleausstiegs. RWE | |
ließ die Klage vergangenen November fallen. Hintergrund war [2][ein Urteil | |
des Bundesgerichtshofs (BGH)] vom Juli, wonach Klagen von Investoren aus | |
der EU gegen EU-Staaten unzulässig seien. Das hatte bereits 2018 der | |
Europäische Gerichtshof geurteilt, jedoch bislang folgenlos. | |
Noch im Oktober 2023 wurden [3][zwei weitere Klagen] gegen Deutschland beim | |
privaten Schiedsgericht der Weltbank eingereicht. Der britische | |
Energiekonzern Klesh Group und das Schweizer Unternehmen Azienda Elettrica | |
Ticinese (AET) verklagen Deutschland. | |
Die Bundesregierung hatte den Ausstieg aus dem Energiechartavertrag im | |
Vorfeld der [4][Ratifizierung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und | |
Kanada im Bundestag] verkündet. Das Handelsabkommen beinhaltet ebenfalls | |
ein Kapitel zum Investitionsschutz mit Klagerechten für Unternehmen. Meiser | |
fordert Nachbesserung auch bei anderen zum Teil jahrzehntealten Abkommen, | |
die „umgehend aufgekündigt oder zumindest nachverhandelt werden“ müssten. | |
16 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Umstrittener-Investitionsschutzvertrag/!5892002 | |
[2] /Private-Schiedsgerichte-vor-Gericht/!5932058 | |
[3] https://icsid.worldbank.org/cases/case-database | |
[4] /Handelsabkommen-mit-Kanada/!5895644 | |
## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
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