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# taz.de -- Trump und AfD: Nicht in die Falle tappen
> Eine weitere Amtszeit Donald Trumps als Präsident ist eine reale Gefahr.
> Die Dynamik der Rechten muss gebrochen werden – nicht nur in den USA.
Bild: Donald Trump am Donnerstag, 11. Januar 2024, in New York, nachdem sein Zi…
Diesen Montag [1][beginnt im US-Bundesstaat Iowa] nun tatsächlich die
Vorwahlsaison der Republikaner, an deren Ende aller Wahrscheinlichkeit nach
Donald Trump erneut als Präsidentschaftskandidat gekürt werden wird. Das
allein ist schon deprimierend – könnte aber auch eine gute Nachricht sein,
wenn denn sicher davon auszugehen wäre, dass sich die US-Konservativen mit
der erneuten Nominierung dieses narzisstischen, hochstapelnden Lügners und
notorischen Gesetzesbrechers selbst ins Aus schießen. Nur: In allen
Umfragen zur Wahl im November liegen der amtierende demokratische Präsident
Joe Biden und Donald Trump derzeit praktisch gleichauf, mit Vorteilen für
Trump.
Das erzeugt Ängste, nicht nur in den USA, und immer noch Unverständnis. Wie
kann man nur? 2020 brachte diese Angst vor einer weiteren Trump-Amtszeit
Biden ins Amt, der mit einer historischen Rekordzahl an Stimmen gewählt
wurde. 2016 hatte das mit Hillary Clinton noch nicht funktioniert –
[2][einerseits, weil sie unfassbar unbeliebt war], andererseits, weil sich
damals noch fast niemand vorstellen konnte, dass Trump wirklich gewinnen
könnte – Michael Moore und Bettina Gaus ausgenommen.
Diesmal ist es andersherum: Vielen fehlt inzwischen die Vorstellungskraft,
wie Trump zu verhindern sein könnte. Und: [3][Es ist frustrierend und
ermüdend, ständig in der Defensive zu sein], zur Verteidigung eines
wahrlich nicht perfekten demokratischen Systems, für Minderheitenrechte,
Klimaschutz, Pressefreiheit und zivilen politischen Diskurs eintretend. Es
scheint, als sei zum Gestalten kein Spielraum mehr; im Vordergrund steht
die Abwehr dieser Welle aus völkischem Rassismus, Vorurteilen und
verschwörungsideologischen Lügengeschichten.
Nimmt man die aktuellen Reden Joe Bidens zum Maßstab, dann schätzt es auch
sein Wahlkampfteam so ein, dass Bidens Weg zur Wiederwahl nur über eine
Anti-Trump-Mobilisierung funktioniert. Statt über seine eigenen
Errungenschaften – die es ja gibt! – oder seine Pläne für die Zukunft zu
sprechen, redete Biden über Trump, über dessen Versuch, das Wahlergebnis
von 2020 in sein Gegenteil zu verkehren, die Gefahr für die Demokratie, die
von Trump ausgeht. Alles daran ist richtig – und trotzdem tappt Biden so
direkt in die Falle, die von den Trumps dieser Welt inzwischen in fast
allen westlichen Demokratien ausgelegt wird.
Je dystopischer der Rechtspopulismus im Verbund mit faschistischen Kräften
die Gegenwart zeichnet – Illegale Masseneinwanderung!
Bevölkerungsaustausch! Klimalüge! Kriminalität! Elitenherrschaft! –, desto
mehr sehen sich liberale Demokrat*innen gefordert, ständig
nachzuweisen, dass das alles Quatsch ist – und laufen dabei Gefahr, reale
Probleme kleinzureden und nicht anzugehen. Auch so geht Vertrauen verloren.
Das Phänomen geht längst über die USA hinaus. In diesem Jahr, mit
Europawahl und drei ostdeutschen Landtagswahlen, bei denen die
rechtsextreme AfD stärkste Partei zu werden droht, ist die steigende Sorge
vor einem neuen Faschismus inzwischen zumindest in linksliberalen
Bevölkerungsteilen zur bestimmenden politischen Emotion geworden. „Nie
wieder ist jetzt!“ meint ja längst mehr als die Sorge um die Sicherheit
jüdischer Menschen in Deutschland.
## Selbsterfüllende Prophezeiung
Aber wir stellen auch frustriert und ungläubig fest, dass das kein
allgemeines Gefühl jener großen Mehrheit ist, die nicht AfD wählt.
Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang klagte diese Woche, die
Öffentlichkeit habe immer noch nicht begriffen, wie groß die
rechtsextremistische Bedrohung inzwischen ist. Und so fallen die
politischen Gefühls-, Informations- und Erlebniswelten immer weiter
auseinander. Der inhaltsbezogene Streit um die richtige Lösung, den
Demokratie braucht wie die Luft zum Atmen, wird immer schwieriger zu
führen. Damit wird das rechte Gerede von der dysfunktionalen Demokratie zur
selbsterfüllenden Prophezeiung. Die umstürzlerische Rechte braucht nicht
einmal Mehrheiten, um ihr Zerstörungswerk von innen und außen
voranzutreiben.
Die Dynamik ständigen Wachstums der Rechten muss gebrochen werden, sie muss
Rückschläge erleben. In den USA 2020, in Brasilien 2022 und in Polen 2023
ist es gelungen, solche Regierungen wieder loszuwerden, bevor ihre Macht
absolut geworden ist. Damit sind sie natürlich nicht weg, aber erst einmal
gedämpft. Es dreht die Dynamik um, wenn in Zahlen zu sehen ist, dass diese
selbsterklärten wahren Vertreter des Volkes genau das eben nicht sind.
Genau deshalb behauptet ja Donald Trump so hartnäckig, er habe in
Wirklichkeit gewonnen. Irgendwann kann man diese Leute rechts liegen
lassen. Bis dahin: Organisieren, gute Vorschläge machen und Wahlen
gewinnen.
14 Jan 2024
## LINKS
[1] /Die-USA-im-Wahlkampfmodus/!5982049
[2] /Wende-in-den-USA-nach-den-Wahlen/!5725896
[3] /Colorado-Urteil-gegen-Donald-Trump/!5975842
## AUTOREN
Bernd Pickert
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