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# taz.de -- Landratswahl im Saale-Orla-Kreis: AfD und CDU gehen ins Stechen
> Im thüringischen Landkreis kommt der AfD-Kandidat auf 45 Prozent. Auch
> der verbliebene CDU-Kandidat wirbt nicht nur mit Lokal-Themen.
Bild: Plakativer Wahlkampf: Uwe Thrum (AfD) und Christian Herrgott (CDU) treffe…
Berlin taz | Schon eine Stunde nach Schließung der Wahllokale zeichnet sich
am Sonntagabend ab, wer den höchsten Stimmenanteil im Saale-Orla-Kreis
bekommen hat: Uwe Thrum von der AfD. Der Thüringer Landtagsabgeordnete
rühmt sich für seine gute Beziehung zu Höcke und pflegt Kontakt mit
Reichsbürgern. Allerdings kam er nicht über die Marke von 50 Prozent. Somit
steht im Südosten Thüringens am 28. Januar eine Stichwahl zwischen den
beiden Kandidaten mit den höchsten Ergebnissen an.
Thrum kommt auf 45,7 Prozent und tritt nun voraussichtlich gegen den
zweitplatzierten Kandidaten Christian Herrgott (CDU) mit 33,3 Prozent an.
Regina Butz, die von der SPD aufgestellte parteilose Kandidatin, mit 14,2
Prozent und Ralf Kalich, der Kandidat der Linken, mit 6,9 Prozent scheiden
hingegen aus. Der bisherige Landrat, Thomas Fügmann (CDU), trat aus
Altersgründen nicht mehr an.
Die [1][Kandidat*innen berichteten der taz schon vor der Wahl], das
Interesse an Veranstaltungen sei auffallend hoch für eine Landratswahl. Das
zeigt auch die Beteiligung: Bei der vorherigen Wahl 2018 gaben 33,2 Prozent
der Berechtigten ihre Stimme ab. Dieses Mal waren es laut vorläufigem
Ergebnis 65,5 Prozent.
Ein Grund dafür könnte die im September anstehende Landtagswahl in
Thüringen sein. Auch die Themen, die im Wahlkampf bisher eine Rolle
spielten, beschränken sich nicht nur auf den Arbeitsbereich von
Landrät*innen.
## Ein Radwegkonzept, das es noch nicht gibt
Christian Herrgott ist als Landtagsabgeordneter und Generalsekretär der
Thüringer CDU ein erfahrener Politiker. Nach zehn Jahren im Landtag wolle
er nun „die Heimat stärken“. Moderne Schulen und Turnhallen stehen bei
seinen Themen ganz oben. Im Gespräch nennt er noch Gesundheit, also lokale
Krankenhäuser und eine flächendeckende ärztliche Versorgung, sowie eine
bürgernahe, digitale Verwaltung.
In einer Werbeanzeige Herrgotts stehen allerdings andere Forderungen:
„Bürgergeld abschaffen. Konsequent abschieben. Windkraft im Wald
verhindern.“ Auf Nachfrage der taz verweist er darauf, dass es sich hierbei
nicht um sein Wahlprogramm als Landrat handle. Wie es darübersteht, gehe es
lediglich um seine „politischen Grundüberzeugungen“, argumentiert Herrgott.
Ähnlich klingen Forderungen auf dem Wahl-Flyer des AfD-Kandidaten Thrum:
„Asylrecht konsequent anwenden“ oder „Ausbaustopp für Windkraftanlagen�…
Darüber hinaus stehe Thrum gegen Russlandsanktionen.
## Das nicht existente Radwegkonzept
Allerdings wirbt auch er mit lokalen Themen. Laut Flyer hat Thrum im
Kreistag ein Radwegkonzept „erreicht“. Das Problem dabei ist nur: Das
Konzept gibt es gar nicht. „Das ist eine Falschbehauptung“, sagt Jan
Hartmann vom lokalen Saale-Rad-Forum.
Ein gutes Radwegkonzept sei wichtig für den Kreis. Wer durch die Gegend
fahre, müsse immer wieder auf Bundesstraßen ausweichen – „das ist
gefährlich“, erklärt Hartmann. Darum habe sich das Forum 2021 überhaupt
gegründet. „Herr Thrum schmückt sich gerne mit dem Thema, ist aber nicht an
der Arbeit interessiert.“
Uwe Thrum habe lediglich einen Antrag im Kreistag durchgebracht, der den
Landrat mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt und durch den Geld für
das Konzept bereitgestellt werden soll. Aber „erreicht“ sei noch nichts.
Als Hartmann den AfD-Kandidaten auf einer Wahl-Veranstaltung in Bad
Lobenstein damit konfrontierte, antwortete der, es gebe das Konzept, aber
nicht auf Papier. Als die taz Thrum nach dem Konzept fragt, schickt er den
Antrag aus dem Kreistag und ein Protokoll der Sitzung, bei der dieser
beschlossen wurde.
Ein weiteres Wahlversprechen Thrums: Als Landrat wolle er Corona-Bußgelder
zurückzahlen. Auf welcher rechtlichen Grundlage das passieren soll? Darauf
antwortet er der [2][Ostthüringer Zeitung] nur schwammig: Ein
entsprechendes Gesetz werde die AfD-Fraktion im Landtag ausarbeiten.
## Erschüttert von hohem AfD-Ergebnis
Uwe Thrum ist allerdings nicht nur jenen zugeneigt, die den
Corona-Infektionsschutz kritisch sehen. Er pflegt auch Kontakte in die
Reichsbürgerszene, etwa zu Frank Haußner. Der spricht in Vorträgen auch mal
von „der Staatssimulation BRD“. Die Frage, ob Thrum die BRD auch für eine
„Staatssimulation“ halte, ließ er unbeantwortet.
Deutschlandweit sorgte Thrum für Aufsehen, als er in einem Video
auftauchte, indem er neben dem mittlerweile inhaftierten [3][Reichsbürger
Heinrich XIII. Prinz Reuß und Thomas Weigelt, dem Bürgermeister von
Lobenstein], zu sehen war. Den Bürgermeister erfreute das offenbar nicht,
denn er ging den filmenden Lokalreporter Peter Hagen von der Ostthüringer
Zeitung handgreiflich an.
Dass trotzdem Tausende dem AfD-Kandidaten ihre Stimme gegeben haben, sorgt
beim lokalen Bündnis „Dorfliebe für alle“ für Erschütterung. „Insbeso…
nach den kürzlich öffentlich gewordenen Deportationsplänen, an denen
AfD-Funktionäre beteiligt sind.“ Statt Probleme zu lösen, werbe die AfD
„auf dem Rücken der Schwächsten für ihre Agenda“.
Vor der Wahl mobilisierte „Dorfliebe für alle“ mit einem offenen Brief und
einer Kundgebung in Schleiz gegen den AfD-Kandidaten. Das Bündnis wolle
seine Arbeit auch bis zur Stichwahl und darüber hinaus fortsetzen – trotz
des Ergebnisses vom Sonntag.
Ralf Kalich, der Kandidat der Linken, klingt kurz nach der Wahl etwas
unzufrieden. Es ist nicht das erste Mal, dass der Politiker verliert. Aber:
„Ein bisschen mehr hatte ich mir schon erhofft.“ Nun wolle er zunächst die
Wahl analysieren. Die Bundespolitik, die Bauernproteste und die Krise der
Linken, das zeige sich im Wahlergebnis, glaubt er. „Das kriegen wir bei so
einer Wahl ja nicht vom Tisch.“
Doch obwohl der Linke bei der Stichwahl nicht mehr im Rennen ist, sei die
Wahl noch nicht vorbei. Er wolle sich „mit allen demokratischen Mitteln,
die mir zur Verfügung stehen, gegen einen AfD-Landrat einsetzen“. Dazu
zählt für Kalich vor allem, mit den Menschen sprechen.
Er kommt selbst aus dem Saale-Orla-Kreis, „ich kenne ja viele persönlich.
Die sind ja nicht wie Herr Thrum oder Herr Höcke.“ Er schätzt, viele hätten
aus Protest gegen die Bundespolitik AfD gewählt.
Außerdem zeige das Ergebnis, dass die Kandidat*innen von SPD und Linke
wichtig seien. „Ansonsten wäre der Thrum direkt ins Amt gewählt worden.“ …
hätten Kalich und Butz zumindest etwas mehr als 20 Prozent auf sich
vereint. Sollte Thrum in zwei Wochen bei der Stichwahl gewinnen, wäre
[4][er nach Robert Sesselmann] der zweite Landrat für die AfD in Thüringen.
15 Jan 2024
## LINKS
[1] /Landratswahl-in-Thueringen/!5982527
[2] https://www.otz.de/regionen/bad-lobenstein/article238354021/Griff-in-die-Kr…
[3] /Ein-Ortsbesuch-in-Thueringen/!5898638
[4] /Fuenf-Monate-AfD-Landrat-in-Thueringen/!5978732
## AUTOREN
David Muschenich
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darüber.
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