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# taz.de -- Wahlen in der DR Kongo: Tshisekedis unfeine Wiederwahl
> Ohne fertig ausgezählt zu haben, kürt die Wahlkommission Kongos Präsident
> Tshisekedi zum Sieger mit 73 Prozent. Opposition spricht von
> „Staatsstreich“.
Bild: Goma, Kongo, 31.12.2023: Anhänger:innen von Felix Tshisekesi feiern
Kampala taz | Vom Fenster der Zentrale der Wahlbehörde CENI in der
kongolesischen Hauptstadt Kinshasa herab winkt der frisch im Amt bestätigte
Präsident Felix Tshisekedi seinen Wählern zu. Laute Musik hallt den
Boulevard entlang. Eine Menschenmenge jubelt ihm zu.
Pünktlich zum Jahresende wurde am Sonntag in der Demokratischen Republik
Kongo [1][das vorläufige amtliche Endergebnis der Präsidentschaftswahl vom
20. Dezember] bekannt gegeben. Demnach hat der amtierende Präsident
Tshisekedi die Wahl mit 73,3 Prozent der Stimmen gewonnen.
Auf Platz Zwei folgte mit 18,1 Prozent Oppositionskandidat Moise Katumbi
vom Bündnis „Ensemble“ (Gemeinsam) und auf dem dritten Platz Martin Fayulu
mit 5,3 Prozent. Alle anderen Kandidaten liegen bei unter 1 Prozent, auch
Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege mit nur 0,22 Prozent der Stimmen.
Diese Ergebnisse reflektieren laut CENI die Auswertung der von den
elektronischen Wahlmaschinen übermittelten Ergebnisse von 64.196 der
insgesamt 75.478 Wahllokale in dem Land so groß wie Westeuropa. Zu der
Differenz heißt es, die anderen seien nicht geöffnet worden. Schon vorher
hatte CENI-Chef Denis Kadima außerdem erklärt, der laut Wahlgesetz nötige
Abgleich der Wahlmaschinenergebnisse mit der manuellen Auszählung habe aus
Zeitgründen nicht durchgeführt werden können.
Die beiden wichtigsten Oppositionsführer Katumbi und Fayulu haben bereits
im Vorfeld der Bekanntgabe der Ergebnisse angekündigt, dass sie die Wahlen
nicht anerkennen, und sprechen von [2][massiven Unregelmäßigkeiten] bei der
Wahl und der Stimmauswertung. Sie haben nun laut Wahlgesetz zwei Tage Zeit,
vor das Verfassungsgericht zu ziehen, um die Ergebnisse anzufechten.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten allerdings am Sonntag neun
Präsidentschaftskandidaten, dass sie auch dem Verfassungsgericht kein
Vertrauen schenken. „Dieses Gericht steht im Dienste von Tshisekedi“,
stellte Martin Fayulu klar und appellierte an die internationale
Gemeinschaft, die Ergebnisse nicht anzuerkennen. Falls doch, zeuge es von
einem „Mangel an Respekt gegenüber uns Kongolesen“. In einer
Presseerklärung bezeichnete er die Wahl als „Staatsstreich“ und rief die
Bevölkerung zum Widerstand auf.
## Tshisekedis bewaffnete Gegner formieren sich
Bewaffneten Widerstand gibt es ohnehin, und er bekommt nun weitere
Unterstützung. Pünktlich zur Bekanntgabe der Resultate veröffentlichten die
Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März), die im Osten der DR Kongo mit
ruandischer Unterstützung einen Landstrich entlang der Grenze zu Uganda und
Ruanda erobert haben, [3][Fotos aus ihrem Hauptquartier in den Bergen].
Darauf steht M23-Militärführer Sultani Makenga neben Corneille Nangaa, dem
ehemaligen Vorsitzenden der Wahlbehörde CENI, der nach den Wahlen 2018 in
Absprache mit dem damaligen Amtsinhaber Joseph Kabila Felix Tshisekedi zum
Präsidenten gekürt hatte, obwohl der nach allgemeiner Einschätzung die
Wahlen nicht gewonnen hatte.
Nangaa hatte vor zwei Wochen auf einer Pressekonferenz in Kenias Hauptstadt
Nairobi die Formierung einer Allianz von 17 bewaffneten Gruppen unter dem
Titel „Allianz des Kongo-Flusses“ (AFC), bekannt gegeben, die nun
Tshisekedi mit Waffengewalt stürzen wolle. Nun tritt er als deren Führer
zusammen mit der M23 auf.
„Ihr Kongolesen, wir sind betrogen worden!“, erklärte Nangaa in einer
[4][Videobotschaft aus dem M23-Hauptquartier] und verkündete kämpferisch:
„Wir werden auf die Hauptstadt zumarschieren und wir werden all diejenigen
ohne Mitleid neutralisieren, die daran beteiligt waren!“
Ähnliche Drohungen sind von General John Numbi zu hören. Der ehemalige
General und Polizeichef unter Ex-Präsident Joseph Kabila hat aus dem Exil
zum Krieg gegen Tshisekedi aufgerufen. „Meine Anhänger sagen, sie seien
bereit“, schreibt er auf seinem X-Account und postet ein Video, auf welchem
mit Macheten bewaffnete Jugendliche und Kinder eine staubige Straße entlang
marschieren. In einem weiteren Post drückt er seine Solidarität mit Nangaa
aus: „Setzen wir unsere Bemühungen fort, um unser Volk zu befreien“, so
[5][Numbi an Nangaa gerichtet].
Mit scharfen Worten [6][reagiert auch Ruandas Präsident Paul Kagame]. In
seiner Fernsehansprache an Silvester versicherte er den Ruandern: „Wir
werden immer das Notwendige tun, um sicherzustellen, dass die Ruander
sicher und geschützt sind – egal was passiert.“
Am Tag vor der Wahl hatte Tshisekedi in einer feurigen Ansprache
versichert, er werde Ruandas Hauptstadt einnehmen und Kagame stürzen, wenn
er wiedergewählt werden würde. Die Kriegsangst in der Region ist nun sehr
hoch.
„Diese Wahlen sind eine Gelegenheit, unser Land zu verteidigen“,
versicherte Tshisekedi am Sonntagnachmittag in seiner Siegesrede. „Mit
diesem Sieg haben wir dazu beigetragen, unser Land vor dem Chaos zu
bewahren, das die Feinde unseres Friedens und Wohlstands über uns bringen
wollen“, betonte er und verspricht allen Kongolesen mehr Jobs und
Sicherheit.
## Burundi gegen Ruanda
Am Sonntag übermittelten einige afrikanische Staatschefs Tshisekedi ihre
Glückwünsche. Offiziell als Erster gratulierte Burundis Präsident Evariste
Ndayishimiye, der bereits Soldaten in den Kongo entsandt hat, um der
kongolesischen Armee gegen die M23 zu helfen. Auch er befindet sich im
Clinch mit Ruanda.
Bereits in seiner Silvesteransprache an das burundische Volk hat
Ndayishmiyer die Burunder aufgerufen, sich auf die Seite der Kongolesen zu
stellen. „Denn das Feuer, das den Kongo bedroht, ist das gleiche Feuer, das
uns bedrohen kann.“
Derweil sind erste Soldaten aus Südafrika in Goma gelandet, um im Rahmen
der SADC (Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft) der kongolesischen
Armee zu helfen, gegen die M23-Rebellen vorzugehen.
1 Jan 2024
## LINKS
[1] https://twitter.com/cenirdc/status/1741537822190772338
[2] /Nach-den-Wahlen-in-der-DR-Kongo/!5981584
[3] https://twitter.com/SugiraMireille/status/1741408822130786757
[4] https://twitter.com/SugiraMireille/status/1741408822130786757
[5] https://twitter.com/John_Numbi_/status/1741431824679575674
[6] https://twitter.com/UrugwiroVillage/status/1741521906610680141
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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