# taz.de -- Nach den Wahlen in der DR Kongo: Niemand traut den Zahlen | |
> Kongos Opposition spricht von „Wahlfälschung“, noch bevor Ergebnisse | |
> vorliegen. Sogar die Wahlkommission räumt Unregelmäßigkeiten ein. | |
Bild: Ergebnisprotokoll in einem Wahllokal in Goma: Die elektronischen Wahlmasc… | |
KAMPALA taz | Noch stehen die Ergebnisse der Wahlen in der Demokratischen | |
Republik Kongo am 20. Dezember nicht fest, da zweifeln bereits viele | |
Oppositionelle an der Glaubwürdigkeit des Wahlgangs und stellen den Prozess | |
insgesamt in Frage. | |
Von einer „Parodie“ einer Wahl ist in der [1][offiziellen Erklärung der | |
Koaltion FCC] (Gemeinsame Front für den Kongo) die Rede, die Ex-Präsident | |
Joseph Kabila nahesteht und die Wahlen boykottierte. Als „geplante und | |
orchestrierte Wahlfäschung“ [2][bezeichnet das Oppositionbündnis „Ensembl… | |
(Gemeinsam)] des aussichtsreichsten Oppositionsführer Moise Katumbi den | |
Wahlgang und kündigt an, die von der Wahlkommission veröffentlichten Zahlen | |
nicht anzuerkennen. | |
Bisher liegen nur wenige Teilergebnisse aus einzelnen Wahlkreisen vor, die | |
zumeist große Mehrheiten für Amtsinhaber Felix Tshisekedi zeigen. | |
In fast allen Landesteilen hat es am 20. Dezember Unregelmäßigkeiten | |
gegeben, wie unabhängige Beobachter festgestellt haben. Fast nirgendwo | |
waren die Listen der registrierten Wähler vollständig. Es kam fast überall | |
zu Verzögerungen, weil Materialien und Wahlmaschinen nicht rechtzeitig | |
eingetroffen waren. Einige der 75.000 Wahlbüros in dem Land von der Größe | |
Westeuropas konnten erst mit einigen Tagen Verspätung öffnen. Selbst am | |
Dienstag, fast eine Woche nach dem regulären Wahltermin, wurde in einigen | |
entlegenen Wahlkreisen noch abgestimmt. | |
In einigen umkämpften Gebieten im Osten des Landes, wo Rebellen weite | |
Landstriche erobert haben, wurde erst gar nicht gewählt. In anderen | |
Wahlbüros wurde zwar abgestimmt, aber die Wahlleiter der Wahlbehörde waren | |
nicht vor Ort. Die lokale Wahlbeobachtermission „Regard Citoyen“ spricht in | |
ihrem vorläufigen Bericht von 18 Prozent der Wahlstationen, die | |
Unregelmäßigkeiten berichtet hätten. Vielfach mit Foto- und Videoaufnahmen | |
belegt ist unsachgemäßer Umgang mit Wahlzetteln sowie mit den | |
elektronischen Wahlmaschinen, die in jedem Wahlbüro die Ergebnisse | |
speichern und übermitteln. | |
## „Agenten“ und „Saboteure“ | |
Chaos bei Wahlen gehört in Kongo zwar dazu, doch mittlerweile muss selbst | |
der Vorsitzende der Wahlkommission CENI, Denis Kadima, zugeben, dass nicht | |
alles mit rechten Dingen zugegangen ist. „Dies ist eine Situation, die wir | |
bedauern“, gab er gegenüber Journalisten zu und beschuldigte „Agenten“ u… | |
„Personen“, die versucht hätten, die Wahlen zu sabotieren. „Es gibt leid… | |
Leute, die unsere Büros im Sturm erobert und unsere Wahlleiter sogar als | |
Geiseln genommen haben“, gab er zu. | |
Kadima berief nun eine Untersuchungskommission ein, um die | |
„Unregelmäßigkeiten“ zu eruieren und Beschwerden von allen Seiten | |
entgegennehmen. Sollte Fälschung nachgewiesen werden, werde man Ergebnisse | |
auch wieder annullieren, [3][versicherte Kadima] und beschwichtigte | |
sogleich: Solche Vorkommnisse habe es nur vereinzelt und punktuell gegeben, | |
nicht überall. | |
Die [4][Jugendorganisation La Lucha], eine der einflussreichsten | |
Nichtregierungsorganisationen im Ostkongo, fordert dennoch den sofortigen | |
Rücktritt sowie die Einleitung eines Gerichtsverfahrens gegen den | |
CENI-Vorsitzenden wegen „Dilettantismus, Inkompetenz und Behinderung des | |
Wahlprozesses“. | |
## Neue Kämpfe im Osten Kongos | |
Im Osten des Landes zeigt sich, wie angespannt die Lage ist. Die von den | |
ausgehandelte Feuerpause zwischen Regierungsarmee und M23-Rebellen | |
(Bewegung des 23. März) rund um die Provinzhauptstadt Goma hat nur bis zwei | |
Tagen nach der Wahl angehalten. Seit Freitag wird entlang zur Grenze nach | |
Uganda und Ruanda wieder gekämpft. | |
Die Rebellen der M23 beschuldigen die Regierungsarmee, den Waffenstillstand | |
gebrochen zu haben. Armeesprecher Oberst Ndjike Kaiko wirft hingegen dem | |
Nachbarland Ruanda, das laut UN-Ermittlern die M23 militärisch unterstützt | |
und Truppen im Kongo stehen hat, vor, den Waffenstillstand gebrochen zu | |
haben. Er sprach von einer „Provokation“ und warnte, dass Kongos Armee „d… | |
notwendigen Maßnahmen ergreifen wird, um auf diese Provokationen aus Ruanda | |
zu reagieren.“ | |
Zahlreiche Oppositionskandidaten haben nun für Mittwoch eine gemeinsame, | |
landesweite Protestaktion angekündigt – noch bevor die Wahlergebnisse | |
feststehen. Die geplante Großdemonstration in der Hauptstadt Kinshasa wurde | |
allerdings von der Regierung umgehend verboten. | |
26 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/kabumba_justin/status/1737739697772753097 | |
[2] https://twitter.com/Ensemble_MK/status/1738795299798171968 | |
[3] https://twitter.com/7sur7_cd/status/1739419524833714544 | |
[4] https://twitter.com/luchaRDC/status/1738895484217946508 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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