| # taz.de -- Referendum in Chile: Ein Land im Stillstand | |
| > Das Ergebnis des Verfassungsreferendums in Chile ist im Sinne der | |
| > Rechten. Auch wenn ihr Entwurf scheiterte, wollten sie keine sozialen | |
| > Reformen. | |
| Bild: Gabriel Boric, Präsident von Chile, spricht nach der Abstimmung über de… | |
| Die Menschen in Chile haben den von rechten Parteien ausgearbeiteten | |
| Verfassungsentwurf abgelehnt. Damit ist der zweite Versuch gescheitert, | |
| nach dem sozialen Aufstand 2019 die politischen Grundsätze zu verändern, | |
| die das Land seit der Militärdiktatur zwischen 1973 und 1990 prägen. Jetzt | |
| bleibt erst einmal die Verfassung in Kraft, die Pinochet 1980 | |
| verabschiedete. | |
| Präsident [1][Gabriel Boric machte deutlich, dass es während seiner | |
| Amtsperiode keinen neuen Versuch] geben wird, das Grundgesetz zu verändern. | |
| Von der Aufbruchsstimmung der Proteste vor vier Jahren ist nichts mehr zu | |
| spüren. | |
| Das Abstimmungsergebnis hat einen bitteren Beigeschmack. Es ist zwar aus | |
| linker Perspektive positiv zu bewerten, dass der Text der Rechten abgelehnt | |
| wurde, der den neoliberalen Kurs der Vergangenheit demokratisch legitimiert | |
| und soziale Rechte noch stärker eingeschränkt hätte. Trotzdem ist das | |
| Ergebnis kein Grund zum Feiern. Viele Menschen sind frustriert, enttäuscht | |
| und politikmüde. [2][50 Jahre nach dem Militärputsch] gelten weiterhin die | |
| Regeln der Verfassung aus der Diktatur. Für die Probleme, die [3][Millionen | |
| von Menschen 2019] zu den Protesten antrieben, gibt es immer noch keine | |
| Lösungen. Bildung, Renten und Gesundheit sind weiterhin privatisiert, | |
| Indigene haben kaum Rechte, die soziale Ungleichheit wächst weiter. | |
| Der Ausgang des Referendums ist darum auch keine Niederlage für die Rechte. | |
| Diejenigen, die nie eine Verfassungsänderung wollten und das Erbe Pinochets | |
| gutheißen, haben trotzdem gesiegt. Denn alles bleibt, wie es ist. Und die | |
| rechten Oppositionsparteien haben einen starken politischen Einfluss. Der | |
| links gerichtete Präsident Gabriel Boric hat keine Mehrheit in den beiden | |
| Parlamentskammern und war bisher nicht in der Lage, die Transformationen | |
| umzusetzen, die er angekündigt hat. Er muss jetzt einen Weg finden, durch | |
| Gesetze politische Reformen umzusetzen. | |
| Solange es keine strukturellen Veränderungen gibt, wird die Unzufriedenheit | |
| der Menschen in Chile weiterwachsen. Und die angestaute Wut wird sich | |
| früher oder später wieder bei Protesten auf den Straßen niederschlagen. | |
| 18 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sophia Boddenberg | |
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