# taz.de -- Neue Rebellenallianz für Kongo: Kriegstrommeln im Luxushotel | |
> Kurz vor den Wahlen bläst der ehemalige Leiter der Wahlkommission zum | |
> Kampf gegen den Präsidenten. In Kenia gründet er eine Rebellenallianz. | |
Bild: Corneille Nangaa bei seinem Auftritt in Nairobi, Freitag 15. Dezember | |
KAMPALA taz | Als der kongolesische Politiker [1][Corneille Nangaa] am | |
Freitag im luxuriösen Serena-Hotel in Kenias Hauptstadt Nairobi vor die | |
Fernsehkameras trat, wurde es sofort still im Raum. Die im Saal | |
versammelten Journalisten mutmaßten zu Recht: Was der ehemalige Chef der | |
kongolesischen Wahlkommission, der [2][die Wahlen 2018 leitete], nun von | |
seinem selbstgewählten Exil verkünden wird, macht die Lage in der | |
Demokratischen Republik Kongo noch komplizierter. | |
Denn dort sind für den 20. Dezember Wahlen angesetzt. Die Stimmung ist | |
aufgeheizt, von allen Seiten wird Hetze betrieben, um die Wähler zu | |
mobilisieren. Im Osten des riesigen Landes herrscht erneut Krieg, über | |
sechs Millionen Menschen sind landesweit auf der Flucht. Mit diplomatischem | |
Druck der USA wurde im Vorfeld des Wahlgangs zumindest ein | |
[3][Waffenstillstand zwischen Kongos Armee und der Rebellenbewegung M23] | |
(Bewegung des 23. März) ausgehandelt, der nach dieser Ankündigung in | |
Nairobi aber wohl nicht mehr lange halten wird. | |
Denn Nangaa verkündete die Formierung einer neuen bewaffneten Plattform | |
namens „Allianz des Kongo-Flusses“ (AFC). Er rief alle politischen Parteien | |
des Landes sowie die Zivilgesellschaft, Widerstands- und | |
Selbstverteidigungskräfte, die Armee sowie Gemeindeführer und die Diaspora | |
auf, sich ihm anzuschließen. | |
„Lassen Sie uns gemeinsam beschließen, eine strukturierte Dynamik für den | |
Wiederaufbau des Staates und die Lösung der Grundursachen wiederkehrender | |
Konflikte zu etablieren, damit wieder endgültiger Frieden einkehren kann“, | |
sagte er. Dann nannte er die Wahlen am 20. Dezember einen „Putsch durch den | |
Wahlzettel“ von Präsident Felix Tshisekedi und rief damit indirekt zum | |
Putsch gegen Tshisekedi auf. | |
## Zahlreiche bewaffnete Gruppen | |
Laut Nangaa umfasst die AFC bereits 17 Mitgliedsorganisationen, darunter | |
zahlreiche bewaffnete Gruppen „östlich des Kongo-Flusses“, wie er betont. | |
Mit im Saal in Nairobi saß sogar [4][M23-Präsident Bertrand Bisimwa]. | |
Offiziell will die M23 auf taz-Anfrage keine Erklärung dazu abgeben. Aus | |
ihren Reihen verlautet aber, dass sie sich nach den Wahlen der Allianz | |
offiziell anschließen werde und bei der Gründung eine Rolle gespielt habe. | |
Kongos Regierung in Kinshasa reagierte sofort. Sie zog ihren Botschafter | |
aus Kenia zurück und bestellte den kenianischen Botschafter in Kinshasa | |
ein. Kenias Regierung distanzierte sich am Wochenende von allen „Äußerungen | |
oder Aktivitäten, die geeignet sind, den Frieden und die Sicherheit der | |
befreundeten Demokratischen Republik Kongo zu gefährden“. Man habe | |
„Ermittlungen eingeleitet, um die Identität der Urheber dieser Erklärung | |
herauszufinden“, so die offizielle Erklärung. | |
Im Hintergrund waren nach Informationen der taz sowohl Uganda als auch | |
Kenia daran beteiligt, die AFC zu formieren. Nangaa war im November zuerst | |
in Uganda, dann in Kenia, um sich zu beraten. | |
## „Affront gegen das kongolesische Volk“ | |
International stößt das auf große Sorge und Ablehnung. Lucy Tamlin, | |
US-Botschafterin in Kinshasa, [5][drückte „ihre tiefe Besorgnis“ aus] und | |
sprach von einem „Affront gegen das kongolesische Volk“ kurz vor den | |
Wahlen. | |
Sie drohte Nangaa mit Visa-Beschränkungen und weiteren Sanktionen – auf der | |
US-Sanktionsliste steht er schon aufgrund seiner zweifelhaften Leitung der | |
Wahlen 2018, als er Tshisekedi zum Gewinner erklärt hatte. Die USA werfen | |
ihm vor, damals Gelder aus der Kasse der Wahlkommission veruntreut zu | |
haben. | |
Bintou Keita, Chefin der UN-Mission im Kongo (Monusco), [6][äußerte sich | |
ebenfalls besorgt]. „Ich rufe alle politischen Akteure auf, im Rahmen der | |
Verfassung zu agieren und die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit zu | |
respektieren und auf jede Gewalttat zu verzichten, die die Demokratische | |
Republik Kongo destabilisieren könnte“, erklärte sie. | |
Die Ankündigung heizt die Lage im ohnehin fragilen Osten Kongos weiter auf. | |
Die dortige Koalition paramilitärischer Milizen namens „Wazalendo“ | |
(Patrioten), die der maroden Armee im Kampf gegen die M23-Rebellen unter | |
die Armee greift, wirft der M23 gemeinsam mit ostafrikanischen Nachbarn | |
längst vor, Ostkongo abspalten zu wollen. | |
Die Pressekonferenz in Nairobi ist für sie ein weiterer Beweis dafür. Die | |
Wazalendo rufen nun alle „echten Kongolesen auf, aufzustehen und sich in | |
Schlachtordnung aufzustellen, um das Land zu verteidigen“. | |
17 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/cnangaa | |
[2] /Praesidentenwahl-im-Kongo/!5564507 | |
[3] https://www.whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2023/12/15/sta… | |
[4] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776 | |
[5] https://twitter.com/USAmbDRC/status/1736062010532462939 | |
[6] https://twitter.com/UN_BintouKeita/status/1736008320396226730 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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