# taz.de -- Kongos Wahlkampf in heißer Phase: Das Land schwitzt | |
> Präsident Tshisekedi setzt Auftritte nach Toten bei Kundgebung aus. Sorge | |
> vor Wahlfälschung und Gewalt nimmt zu. | |
Bild: Misstrauisches Beäugen: Polizisten und Katumbi-Fans auf Wahlkampfrally i… | |
BERLIN taz | Die heiße Phase des Wahlkampfs in der Demokratischen Republik | |
Kongo ist in vollem Gange, und sie fordert Opfer. Präsident Felix | |
Tshisekedi [1][setzte am Samstagabend seinen Wahlkampf für drei Tage aus], | |
nachdem kurz zuvor im Rahmen seiner Wahlkundgebung im Sportstadion der | |
westkongolesischen Stadt Mbanza-Ngungu sechs bis acht Menschen zu Tode | |
kamen. „Die Leute drängelten sich, um das Stadion zu verlassen, und das | |
Schlimmste trat ein“, berichtete ein lokaler Journalist. | |
Der Vorfall ereignete sich, während Spekulationen um eine Verschiebung oder | |
Absage der für den 20. Dezember angesetzten Parlaments- und | |
Präsidentschaftswahl immer lauter werden. Die vorzeitige [2][Abreise der | |
EU-Wahlbeobachter] vergangene Woche sowie zunehmende [3][Kritik an der | |
Wahlkommission] nähren dies. Hintergrund ist die Sorge, dass die | |
Wahlkommission CENI, wenn man sie lässt, diese Wahlen ebenso massiv | |
fälschen könnte wie die von 2018. | |
Damals hatte sie in Nachfolge des damaligen Präsidenten Joseph Kabila, der | |
nicht wieder antrat, zur allgemeinen Überraschung den Oppositionspolitiker | |
[4][Felix Tshisekedi] zum Sieger ausgerufen, während alle unabhängigen | |
Zahlen den von einem breiten Bündnis unterstützten Oppositionellen | |
[5][Martin Fayulu] als Gewinner sahen. | |
Nun sucht Tshisekedi den Wahlsieg aus eigener Kraft. Sein Hauptgegner ist | |
diesmal der langjährige Oppositionsführer [6][Moise Katumbi], schwerreicher | |
und dynamischer Unternehmer, ehemaliger Gouverneur der Bergbauregion | |
Katanga und jahrelang politischer Hauptgegner von Kabila. Katumbi war 2018 | |
aus den Wahlen ausgeschlossen worden und förderte stattdessen Fayulu. Seine | |
Hoffnung, diesmal könne er anstelle Fayulus als gemeinsamer | |
Oppositionskandidat auftreten, hat sich allerdings zerschlagen: Fayulu | |
kandidiert erneut. Als weiterer Oppositionskandidat von Bedeutung gilt | |
Friedensnobelpreisträger [7][Denis Mukwege]. | |
## Wer ist der größte Patriot? | |
Im Kontext des Krieges gegen die von Ruanda unterstützte Rebellenbewegung | |
[8][M23 (Bewegung des 23. März)] im Osten des Landes wetteifern alle | |
Kandidaten darum, patriotischer aufzutreten als die anderen. Jeder | |
behauptet, nur er könne den Krieg beenden. | |
Tshisekedi, der paramilitärische [9][„patriotische“ Jugendmilizen] gegen | |
die M23 aufgestellt hat, nannte seine Kontrahenten am 25. November auf | |
einer Kundgebung im nordkongolesischen Gemena pauschal „Kandidaten des | |
Auslands“ – eine Anspielung darauf, dass Mukwege und Katumbi beide in der | |
EU und den USA große Sympathien genießen. | |
Fayulu bezeichnet sich derweil als den einzig wahren Patrioten: Tshisekedi | |
habe „die Macht gestohlen und wir akzeptieren keine Verräter in diesem | |
Land“, rief er auf seiner Kundgebung im ostkongolesischen Goma am 30. | |
November. Fayulu wird im Wahlkampf vom Staat aber weitgehend in Ruhe | |
gelassen, denn er gilt als ungefährlich. | |
Ganz anders Katumbi, auf den der Staatsapparat sehr empfindlich reagiert. | |
Mehrmals wurden seine Mitarbeiter in den vergangenen Monaten verhaftet oder | |
gar getötet. Als Katumbi am 28. November in der ostkongolesischen Stadt | |
Kindu auftrat, Hauptstadt der vom Tshisekedi-Lager regierten Provinz | |
Maniema, überfielen Angreifer mit Sturmgewehren und Macheten seinen | |
Wahlkampfkonvoi und töteten seinen lokalen Jugendorganisator. | |
Die Konfrontation könnte weiter eskalieren. Katumbis südkongolesische | |
Heimatregion Katanga und Tshisekedis zentralkongolesische Heimatregion | |
Kasai sind [10][historische Rivalen] im Kampf um Macht und Einfluss in der | |
Hauptstadt Kinshasa. Ob der eine in der Hochburg des anderen toleriert | |
wird, ist also die größte Bewährungsprobe für diesen Wahlkampf. | |
Tshisekedi will nach seiner dreitägigen Pause am Dienstag in Lubumbashi | |
auftreten, Hauptstadt der Provinz Haut-Katanga und lange Zeit Amtssitz von | |
Katumbi als Gouverneur. Katumbi wird seinerseits schon am Montag in Kananga | |
erwartet, Hauptstadt von Tshisekedis Heimatprovinz Kasai-Centrai. Am | |
Sonntag war dieser Auftritt fraglich, nachdem das Tshisekedi-Wahlbündnis | |
für Montag in Kananga zu einem „Tag ohne Politik“ in Gedenken an die Opfer | |
des M23-Krieges aufrief – damit wäre jeder, der stattdessen zu Katumbis | |
Kundgebung geht, automatisch suspekt. | |
4 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/afrikarabia/status/1731254323839946764 | |
[2] /Vor-den-Wahlen-in-der-DR-Kongo/!5976940 | |
[3] https://twitter.com/adrienseyes/status/1730914262082621775 | |
[4] /Notprogramm-fuer-Kongo/!5574615 | |
[5] /Kongos-Oppositionsfuehrer-im-Interview/!5573512 | |
[6] /Kongos-beliebtester-Oppositioneller/!5596997 | |
[7] /Friedensnobelpreistraeger-Denis-Mukwege/!5965352 | |
[8] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776 | |
[9] /Schwere-Kaempfe-im-Osten-der-DR-Kongo/!5965588 | |
[10] /Kolumne-Afrobeat/!5398262 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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