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# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Der Zufall wird ernst
> Es ist dystopisch, fürchten muss man sich aber nicht: Das Album „The
> Commune of Nightmares“ von David Wallraf zerrt an den Nerven. Feinster
> Noise eben.
Bild: Vermag den Klang zum unheimlichen zu wenden: David Wallraf
Instrumentalmusik, radikaler als die hundertste Vertonung angestaubter
Politparolen, ist auf dem neuen Album „The Commune of Nightmares“ des
Noise-Künstlers David Wallraf zu hören: sieben Stücke, von denen der
Waschzettel mutig als Songs spricht, der kürzeste drei, der längste neun
Minuten, insgesamt knapp eine nervenzerrende Unterrichtsstunde.
Hintereinander gelesen ergeben die sieben Titel eine Dystopie.
Die Musik und das Gesamtkonzept sind Industrial alter Schule, also nicht
Mummenschanz, sondern Aufklärung mittels Verstörung. Wallraf veröffentlicht
sein Album in dem Format, mit dem Throbbing Gristle begannen, auf Kassette.
Beispielhaft ist „Where Nothing Happens But The Wallpaper“: die Tapete im
Titelzitat ist die der Surrealistin Dorothea Tanning, mit dem tristen Bild
umreißt die Malerin, Bildhauerin und Schriftstellerin ihre Jugend in
Galesburg, Illinois.
Wallrafs Musik ist keine Blümchentapete, sie entwickelt sich aus einer
dunkel dräuenden Eröffnung zu einer unheimlichen Klangskulptur. An anderen
Momenten des Albums gerät das Unheimliche unschön.
Es darf davon ausgegangen werden, dass das Absicht ist. David Wallraf, der
auch als Wissenschaftler arbeitet und eine 250 Seiten umfassende Theorie
der Noise-Musik geschrieben hat, geht auf „The Commune of Nightmares“ nach
der Cadavre Exquis-Methode vor, derer sich die Surrealisten in einem
ernsten Zufallsspiel bedienten. Ihnen war nach dem Ersten Weltkrieg
bestürzend deutlich geworden, was immer noch gültig ist: Die käufliche
Vernunft gebiert Ungeheuer.
6 Jan 2024
## AUTOREN
Robert Mießner
## TAGS
taz Plan
Kolumne Berlinmusik
Industrial Music
Surrealismus
Noise
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