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# taz.de -- Brennelementefabrik in Lingen: Rosatom fasst im Emsland Fuß
> Die niedersächsische Landesregierung veröffentlicht den Antrag für den
> Ausbau der Brennelementefabrik in Lingen. Rosatom ist daran beteiligt.
Bild: Framatome in Lingen: das Einfallstor für den russischen Konzern Rosatom
Berlin taz | Obwohl 2023 in Deutschland die letzten AKWs abgeschaltet
wurden, boomt es in einer Sparte der Atomwirtschaft: der Produktion von
nuklearen Brennelementen. Im niedersächsischen Lingen will die dort
ansässige [1][Brennelementefabrik der Firma Advanced Nuclear Fuels GmbH
(ANF) den Betrieb ausbauen]. ANF ist eine hundertprozentige Tochter der
französischen Firma Framatome.
Neues Geschäftsfeld sollen hexagonale, also sechseckige Brennelemente
werden. Bisher ist ANF auf quadratische Brennelemente spezialisiert.
Sechseckige Brennelemente brauchen AKWs russischer Bauart, sogenannte
VVER-Reaktoren. Die gibt es in Armenien, Tschechien, der Slowakei, der
Ukraine, Bulgarien, Finnland, Iran und China. Ab dem 4. Januar soll der
Antrag der ANF zur Genehmigung der Erweiterung in Lingen, dem
niedersächsischen Umweltministerium und [2][im Internet] ausliegen. Das
kündigte das Umweltministerium in Hannover kurz vor Weihnachten an. Bis zum
3. März sind Einsprüche gegen das Vorhaben möglich.
Angesichts der Zusammenarbeit der französischen Framatome mit dem
russischen Atomkonzern Rosatom fürchten Kritiker, [3][dass sich Rosatom
mithilfe der Firma in die Brennelementefabrik in Lingen einkauft.] Vor
diesem Hintergrund fordert Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer
(Grüne) ein Ende der Atomgeschäfte mit Russland. „Geschäfte mit Putin
sollten beendet werden, das gilt auch und gerade für den Atombereich“,
sagte der Grünen-Politiker der dpa.
Werden die Geschäfte mit Putins Atomwirtschaft wirklich beendet, wie Meyer
fordert? Tatsache ist: Framatome und Rosatom pflegen seit Jahren gute
Geschäftsbeziehungen. Dabei geht es auch um die Produktion von
Brennelemente für AKWs vom Typ VVER. Bereits im Dezember 2021, so berichtet
Rosatom auf seiner Internetseite, habe das Unternehmen mit Framatome eine
Vereinbarung über eine Zusammenarbeit im Bereich Produktion von nuklearem
Brennstoff und automatischen Steuerungssystemen unterschrieben.
## Kritik von Umweltorganisationen
Der Umweltorganisation „.ausgestrahlt“ liegt ein [4][Schreiben des
Bundesumweltministeriums vom 4. September 2023 vor, in dem es heißt]:
„Framatome hat mit dem russischen Lizenzinhaber für VVER-Brennelemente
Verhandlungen über die Lizenzfertigung von VVER-Brennelementen geführt und
bereits in dieser Phase die ANF als Fertigungsstandort ausgewählt,
woraufhin bei der ANF die Planungen zur Schaffung der technischen
Voraussetzungen zur Fertigung von VVER-Brennelementen begonnen wurde.“ Nach
Abschluss der Verhandlungen sei zur Abwicklung der Lizenzfertigung die
„European Hexagonal Fuels S.A.S.“ mit Sitz in Lyon (Frankreich) gegründet
worden.
Seit 2021 gibt es i[5][n Lingen eine „European Hexagonal Fuel
Vermögensverwaltungs GmbH“] mit Sitz in der Brennelementefabrik,
registriert am Amtsgericht Osnabrück. Deren Geschäftsführer, Peter Reimann,
ist auch Geschäftsführer von ANF in Lingen. Das heißt: Das Joint Venture
zwischen Framatome und Rosatom hat eine offiziell registrierte Außenstelle
in Lingen. Darüber hinaus hat das niedersächsische Umweltministerium schon
im Frühjahr laut der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung bestätigt, dass
Mitarbeiter der Rosatom-Tochter TVEL nach Lingen kommen, also unmittelbar
vor Ort arbeiten werden.
UmweltschützerInnen in Niedersachsen und NRW sind verärgert über Christian
Meyer: Während sich dieser für ein Ende der atomaren Zusammenarbeit mit
Russlands Rosatom ausspricht, wird genau diese Kooperation von der
niedersächsischen Landesregierung mit dem unerwartet frühen Auslegen der
Unterlagen für das Genehmigungsverfahren forciert, werfen sie ihm vor.
„Rosatom ist ein russischer Staatskonzern, der direkt dem Kreml unterstellt
und aktiv am Krieg gegen die Ukraine beteiligt ist“, sagt Armin Simon
von.ausgestrahlt. „Der Atomriese bündelt den gesamten militärischen und
zivilen Atomsektor Russlands, vom Uranbergbau bis zu den Atomwaffen. Mit
dem Bau von AKWs in zahlreichen Ländern schafft er jahrzehntelange
Abhängigkeiten und setzt so geopolitische Ziele des Kreml um.“
Matthias Eickhoff vom „Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen“
erinnert daran, dass Rosatom nach dem russischen Überfall auf die Ukraine
federführend die technische Leitung des militärisch besetzten AKW
Saporischschja übernommen hat. „Eine Genehmigung des Ausbaus der Atomfabrik
von Lingen unter Mitwirkung des russischen Atomkonzerns Rosatom durch
deutsche Behörden legitimiert am Ende auch die Besetzung von
Saporischschja, über die alle zu Recht so empört sind“, sagt Eickhoff der
taz.
Er kritisiert den „Doppelsprech“ aus dem Umweltministerium in Hannover:
„Offiziell ist man ganz gegen die Pläne von Framatome und Rosatom, aber
faktisch werden diese gefährlichen Atompläne durch die frühe Auslegung der
Unterlagen in der Weihnachtszeit auch vom grünen Umweltminister in
Niedersachsen tatkräftig vorangetrieben.“ Für den 20. Januar ist eine
Demonstration vor der Brennelementefabrik Lingen angekündigt.
2 Jan 2024
## LINKS
[1] /Deutsche-Brennstaebe-fuer-russische-AKW/!5928104
[2] https://www.umwelt.niedersachsen.de/brennelementfertigungsanlage_lingen
[3] /Deutsche-Zusammenarbeit-mit-Rosatom/!5966008
[4] https://fragdenstaat.de/anfrage/erweiterung-der-brennelementefabrik-anf-in-…
[5] https://www.northdata.de/European+Hexagonal+Fuel+Verm%C3%B6gensverwaltungs+…
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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