Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Deutsche Zusammenarbeit mit Rosatom: Radioaktiv verseucht
> Der Betreiber der Brennelementefabrik in Lingen kooperiert mit Russlands
> Atomwirtschaft. Die mischt auch bei Bombenbau und im Ukrainekrieg mit.
Bild: Protest vor der Brennelementefabrik ANF in Lingen im November 2022
Mönchengladbach taz | Russlands Atomwirtschaft ist nun auch bei der
Produktion von Brennelementen in Deutschland präsent. Dies [1][berichtet
das Portal umweltfairaendern.de unter Berufung auf das niedersächsische
Umweltministerium]. Dieses habe dem Portal gegenüber bestätigt, dass der
französische Betreiber Framatome und die russische TVEL, die zum
staatlichen Atomkonzern Rosatom gehört, in Frankreich ein
Gemeinschaftsunternehmen gegründet haben, [2][das in der
Brennelementefabrik Lingen nuklearen Brennstoff produzieren soll].
Nach Informationen von umweltfairaendern.de will Framatome nicht nur
weiterhin Uranbrennstoff aus Russland importieren. Aktuell plane das
Unternehmen auch den Export von angereichertem Urandioxid von Lingen über
die Niederlande nach Russland. Für die Durchführung der geplanten Exporte
ist die in Hanau ansässige Orano NCS (Nuclear Cargo Service) GmbH
zuständig.
Entsprechende neue Genehmigungen für die Durchführung von Transporten per
Lkw von der [3][Lingener Brennelementefabrik Advanced Nuclear Fuels (ANF)]
über die Niederlande und weiter per Schiff zur MSZ Machinery Manufacturing
Plant JSC in die 60 Kilometer von Moskau entfernte Kleinstadt Elektrostal
liegen bereits vor, berichtet umweltfairaendern.de. Es fehlt allerdings
die Ausfuhrgenehmigung, die das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (Bafa) erteilen muss. Dies sei nicht geschehen, bestätigte
das Bafa auf Anfrage der taz.
Dass Elektrostal teilweise hoch verstrahlt ist, scheint in Lingen nicht
bekannt zu sein. Im Umfeld der Atomfabrik von Elektrostal liegt die
radioaktive Belastung um ein Vielfaches über den in Deutschland zulässigen
Grenzwerten.
## Belastung von über hundert Mikrosievert pro Stunde
Einer, der mit der MSZ Machinery Manufacturing Plant in Elektrostal
vertraut ist, ist der russische Atomphysiker Andrej Oscharowski. Im Juni
hatte er [4][in einem Video] seine Messergebnisse der radioaktiven
Verseuchung um die Atomfabrik von Elektrostal öffentlich gemacht. So hatte
er an einigen Stellen im Wald unweit der Atomfabrik von Elektrostal eine
radioaktive Belastung von über 100 Mikrosievert pro Stunde gemessen.
Zum Vergleich: Der Grenzwert für die effektive Dosis zum Schutz von
beruflich strahlenexponierten Personen beträgt laut deutschem
Strahlenschutzgesetz 20 Millisievert im Kalenderjahr. „Angenommen, ich
würde im Wald auf einem dieser Hotspots um die Atomfabrik von Elektrostal
zelten“, erklärt Oscharowski der taz, „hätte ich diese 20 Millisievert
bereits in hundert Stunden, also gut vier Tagen drauf.“
Gleichzeitig ist es für Oscharowski unverständlich, warum Russland
angereichertes Uran aus dem Ausland brauche. Schließlich, so Oscharowski,
habe Russland aktuell doch ausreichende Kapazitäten für die eigene
Produktion von angereichertem Uran.
## Framatome produziert für Russland
Dieser Deal zeigt auch, meint die ukrainische Atomexpertin Olga Koscharna,
dass nun mit Framatome neben dem russischen TVEL und der US-amerikanischen
Westinghouse ein dritter Player auf dem Weltmarkt für die Produktion von
Brennstäben für russische WWER-Druckwasserreaktoren sei.
Und Framatome scheint offensichtlich, so Koscharna, von seinem russischen
Partner eine Lizenz für die Baupläne und die Produktion von diesen
Brennstäben erworben zu haben. Dies zeige, dass in einigen EU-Staaten eine
Zusammenarbeit mit der russischen Atomwirtschaft Business as usual sei, man
nicht gewillt sei, Sanktionen gegen Rosatom zu verhängen.
Wenig bekannt ist der Umstand, dass Russlands Atomwirtschaft fester
Bestandteil der russischen Atomwaffenindustrie ist. Auch wenn Uran aus der
Atomindustrie wegen seines Anreicherungsgrads von unter 5 Prozent nicht in
Atomwaffen, wo eine Anreicherung von über 90 Prozent gegeben sein muss,
eingesetzt werden kann, ist doch jede Zusammenarbeit mit der russischen
Atomwirtschaft auch eine Stärkung der russischen Atomwaffenindustrie.
„Rosatom ist für die Produktion und die Instandhaltung der
Einsatzbereitschaft der russischen Atomwaffen mitverantwortlich. Jede
Verbindung, jeder Vertrag mit Rosatom, auch in scheinbar friedlichen
Bereichen, stärkt Rosatom auch im militärischen Bereich“, so Oscharowski
zur taz.
## Rosatom ist eng verflochten mit der Atomwaffenindustrie
Aber auch abgereichertes Uran, das nach Angaben von Greenpeace von der im
Münsterland gelegenen Fabrik Urenco 25 Jahre lang an Russland geliefert
worden war, könnte in russischen Atomwaffen verwendet werden, sagt
Oscharowski: „Einige nukleare Sprengsätze haben eine Art Hülle, die aus
abgereichertem Uran besteht.“ Es sei nicht auszuschließen, dass dieses Uran
aus Lieferungen von Deutschland stamme.
Als am 8. August 2019 auf einem militärischen Testgelände im nordrussischen
Archangelsk ein Test einer nuklearen Unterwasserrakete fehlschlug, kamen
auch fünf Experten von Rosatom ums Leben.
Die Anwesenheit von Rosatom-Vertretern bei dem Testen einer neuen Atomwaffe
belegt eindrucksvoll die enge Verflechtung von Atomenergie und
Atomwaffenrüstung in Russland. Auch nachdem russische Truppen Anfang März
2022 Europas größtes Atomkraftwerk, das ukrainische AKW Saporischschja in
Enerhodar, mit militärischer Gewalt überfallen hatten, übernahm der
Staatskonzern Rosatom im Anschluss die technische Aufsicht über das
erbeutete AKW.
13 Oct 2023
## LINKS
[1] https://umweltfairaendern.de/2023/10/04/strahlende-atom-geschaefte-mit-russ…
[2] /Deutsche-Brennstaebe-fuer-russische-AKW/!5928104
[3] /Brennelementfabrik-in-Lingen/!5921645
[4] https://www.youtube.com/watch?v=tbX5JUDpnsk
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Russland
Atomenergie
Atomwaffen
Lingen
Schwerpunkt Atomkraft
Lingen
Anti-Atom-Bewegung
Anti-Atom-Bewegung
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Brennelementefabrik ohne Russen: Rosatom soll nicht nach Lingen
Der russische Konzern will bei der Brennstäbe-Produktion in Niedersachsen
mitmischen. Umweltschützer fordern den Abbruch des Genehmigungsverfahrens.
Brennelementefabrik in Lingen: Rosatom fasst im Emsland Fuß
Die niedersächsische Landesregierung veröffentlicht den Antrag für den
Ausbau der Brennelementefabrik in Lingen. Rosatom ist daran beteiligt.
Anti-Atomorganisationen protestieren: Kein Uran für Putins Rosatom
Von Lingen aus dürfe kein angereichertes Uran nach Russland geliefert
werden, monieren Umwelt-NGOs. Das verstoße gegen EU-Regeln.
Urantransporte nach Lingen genehmigt: Russisches Uran bleibt willkommen
Atomkraftgegnern zufolge wurden 40 neue Uranlieferungen an die
Brennelementefabrik Lingen genehmigt. Sie kommen vom russischen Konzern
Rosatom.
Deutsche Brennstäbe für russische AKW: Roter Teppich für den Kreml
Trotz AKW-Aus gibt es weiter Atomanlagen in Deutschland. Brennstäbe für
Reaktoren russischer Bauart sollen künftig in Lingen produziert werden.
Brennelementfabrik in Lingen: Russland kauft sich ein
Französischer Eigner gründet ein Joint-Venture mit dem russischen
Staatskonzern Rosatom. Die Lingener Fabrik soll Reaktoren russischer Bauart
beliefern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.