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# taz.de -- Obdachlosenunterkunft wird geräumt: „Eigentümer, bitte meldet e…
> Der Verein des Berliner Straßenmagazin „strassenfeger“ muss seine
> Notunterkunft für Obdachlose räumen. Jetzt beginnt die schwierige Suche
> nach Räumen.
Bild: „Strassenfeger“-Vorständin Tanja Schmidt in der Notunterkunft im Ber…
Berlin taz | Der Verein Strassenfeger wurde durch die gleichnamige Zeitung
aus Berlin bekannt, die erstmals 1995 erschien und größtenteils von
wohnungslosen Menschen und Geringverdiener*innen auf den Berliner
Straßen verteilt wurde. Seit 2020 erscheint sie unter dem Namen
[1][Strassenfeger] MAG.
In der Zeitung geht es hauptsächlich um die Lebenssituation von obdach- und
wohnungslosen Menschen mit Fokus auf Brandenburg und Berlin sowie andere
sozialpolitische Themen. Das aktuelle Magazin enthält etwa Beiträge zu den
Themen „Klimaerwärmung und Soziale Kälte“ oder ein „Leben ohne Pass“.
„Dadurch, dass wir den Leuten den Weiterverkauf von Zeitungen ermöglichen,
müssen sie nicht nach Spenden fragen“, erklärt der
Strassenfeger-Vereinsvorstand Samyr Bouallagui der taz. Dieser Ansatz von
einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ sei notwendig, wenn man den Menschen zutraue,
dass sie sich verändern können und zum Beispiel den Weg zurück ins
Arbeitsleben schaffen.
## Fassade unter Asbestverdacht
Seitdem das altbekannte Zeitungsformat des Strassenfegers aber 2018 wegen
finanzieller Schwierigkeiten zunächst eingestellt werden musste,
konzentriert sich der Verein auf andere Projekte. Dazu gehört neben einem
sozialen Wohnprojekt in Prenzlauer Berg und der „Übrigküche“ auch eine
Notunterkunft im Berliner Stadtteil Pankow.
Sie ist das ganze Jahr geöffnet. Die Betten sind fast immer voll belegt.
Bei einem Besuch in dem riesigen Bürogebäude-Komplex an einem Dienstag
klingelte tagsüber ständig das Telefon. Menschen, die sich einen Platz für
die Nacht sichern wollen.
Weil das Gebäude sanierungsbedürftig ist, müsse der Verein nun bis Mitte
2024 ausziehen, habe das [2][Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten]
(LAF) dem Strassenfeger auf Anfrage mitgeteilt, so der Vereinsvorstand. Das
LAF mietet das gesamte Gebäude und hat dort ein Geflüchtetenwohnheim
errichtet. Es stellt dem Strassenfeger einen Teil des Gebäudes zur
Verfügung.
Da die Fassade unter Asbestverdacht steht, könne es nicht mehr genutzt
werden, teilte die Senatsverwaltung für Soziales auf eine Anfrage des
Berliner Grünen-Abgeordneten Taylan Kurt Anfang November mit. Der Senat sei
bestrebt, die Unterkunft in einem anderen geeigneten Standort zu erhalten.
## Mögliche Kündigungen
Wenn keine passende Immobilie gefunden wird, fehlen in Berlin „pro Jahr
10.950 Übernachtungen“, schrieb der Strassenfeger auf Instagram. „Bis
September können wir jetzt [3][neue Räume finden]. Das mag für manche nach
einer langen Zeit klingen“, sagt Vereinsvorstand Bouallagui.
Realistischerweise habe die Notunterkunft aber einen besonderen
Platzbedarf: „Wir wollen nicht, dass die Leute in einem riesigen Schlafsaal
unterkommen“, sagt Bouallagui. Die Zimmer in der jetzigen Unterkunft haben
jeweils zwei bis vier Betten. Weil die Unterkunft in Pankow seit 2015
besteht, ist der Verein hier gut vernetzt. Er möchte in der Gegend bleiben.
Die Wohnungsnot und die dadurch steigenden Preise machen es in Berlin
zusätzlich schwierig, eine passende Immobilie zu finden. Etwa [4][100.000
Wohnungen fehlen in Berlin], schätzt die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung. Das ist das größte Defizit bundesweit.
Mit der akuten Raumsuche gehe noch eine andere Gefahr einher, so der
Vereinsvorstand. Denn falls Strassenfeger keinen Raum finde, müsse er
beginnen, Mitarbeitende auf ihre Kündigung vorzubereiten. „Wir habe eine
Köchin, die täglich warme Mahlzeiten kocht. Ohne Unterkunft gäbe es sie
nicht mehr“, sagt Bouallagui.
## Sprachrohr der Straße
Auch das kleine Strassenmagazin, was der Verein erst 2020 wieder hat
aufleben lassen, müsste dann wahrscheinlich eingestellt werden. Finanziell
könne der Verein das Magazin gerade stemmen, aber mit der geringen Auflage
von 2.000 Exemplaren sei es sowieso nur ein kleiner Bruder der einst 20.000
auflagenstarken Zeitung. Aktuell sind etwa 80 Verkaufsausweise ausgestellt,
zehn Menschen betreuen die Redaktion.
2018 wurde das Straßenblatt wegen [5][steigender Druckkosten] und einer
sinkenden Auflage schon einmal eingestampft. Bouallagui möchte deshalb das
gerade erst wieder auflebende Magazin schützen. Er sei grundsätzlich offen,
andere Projekte zu starten. Er selbst kenne aber keinen anderen Weg, der so
gut wie das Prinzip der Straßenzeitungen funktioniere. Auch weil es als ein
Sprachrohr der Straße diene.
„Es geht ja darum, den Leuten zu helfen, dass sie nicht mehr auf der Straße
leben müssen“, sagt Bouallagui. Deutschland will die Obdachlosigkeit bis
2030 überwinden, so steht es im Koalitionsvertrag. Dafür müsse sich der
Bund auch um Notunterkünfte bemühen, aber auch
[6][Privateigentümer*innen] werden benötigt. Wer also von einer 400
qm großen Fläche in Pankow oder der Nähe wisse oder selbst Eigentümer sei,
der solle sich beim Verein Strassenfeger melden.
28 Dec 2023
## LINKS
[1] /Obdachlosenverein-Strassenfeger/!5599162
[2] /Unterbringung-von-Fluechtlingen-in-Berlin/!5978253
[3] /Armensiedlung-vor-der-Raeumung/!5967178
[4] /Wohnungsnot-in-Berlin/!5953783
[5] /Besetzte-Druckerei-in-Frankfurt/!5977946
[6] /Grundbesitz-als-Privateigentum/!5814596
## AUTOREN
Ann-Kathrin Leclere
## TAGS
Immobilienmarkt
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Nachfolgeprojekt.
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