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# taz.de -- Konsens in der Ampel gesucht: Ist die Regierung schuld?
> Die Welt, wie wir sie kennen, ist am Ende. Wir sollten da nach
> Gemeinsamkeiten suchen, wo keine mehr sind, findet unser Autor.
Bild: Berlin 13.12., Lindner, Habeck und Scholz im Bundestag: gesellschaftliche…
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP ist am Ende. Oder, weniger
dramatisch: Es gelingt ihr noch weniger als erwartet, sich auf Gemeinsames
zu verständigen. Jetzt kann man sagen, das sei die Schuld der Beteiligten
oder einer bestimmten Partei. Das Problem ist aber größer. Die
[1][Bundesrepublik ist am Ende] – in ihren Routinen des Regierens und
Denkens. Die entscheidenden Dinge, auf denen Deutschland und die EU
aufgebaut waren, funktionieren nicht mehr oder sind bedroht: der billige
amerikanische Schutz, die billige russische Energie, der reich machende
chinesische Markt.
Und jede Menge davon abgeleitete Dinge und Gedanken sind auch nicht mehr
hilfreich, etwa der bequeme und egoistische Pazifismus, der als
Weltläufigkeit getarnte Germanozentrismus, die weitgehende Ignoranz
gegenüber den bedrohten [2][planetarischen Lebensgrundlagen], den
Grundlagen des mehrheitlichen Wohlstands und des im Vergleich
beträchtlichen Sozialstaats. Und vor allem ist die politische Methodik am
Ende, Klientel-Klein-Klein mit zusätzlichem Geld zu machen, weil
Großkorrekturen im laufenden Betrieb nahezu unmöglich und nicht
durchsetzbar erscheinen (oder sind).
Das bedeutet nicht, dass wir völlig im Arsch sind: Im europäischen
Vergleich scheint das Regieren in Frankreich, den Niederlanden oder Spanien
weit problematischer. Damit wieder mehr geht, ist es aber nötig einzusehen,
dass sich nicht nur die Kundschaft der [3][Rechtspopulisten] schwer mit den
veränderten Zeiten tut, sondern unsereins auch. Weil wir selbst gelähmt
(und bequem) sind und immer nur das machen, was wir immer gemacht haben.
Immer nur das sagen, was wir immer gesagt haben.
## Es gibt keine gemeinsamen Ziele
SPD ist ja gar nicht für Gerechtigkeit, Grüne vergessen die soziale Frage,
FDP ist sowieso scheiße, Union kippt nach rechts. Letzteres ist eine
self-fullfilling prophecy vom Allerunfeinsten, die nur einem Ziel dienen
kann: recht gehabt zu haben. Und die AfD? Da sagen wir „schlimm“ und
bereiten uns schon gemütlich auf das Hyperventilieren 2024 vor.
Die Frage am Ende eines weltpolitisch schlimmen Jahrs lautet: Was ist das
gemeinsame Interesse, das eine heterogene bundesdeutsche Mehrheit
zusammenbringen kann und näher an die globale Realität heran? Hier kann man
von der derzeitigen Koalitionsregierung etwas über den gesellschaftlichen
Stand der Dinge lernen: Es gibt keine gemeinsamen Ziele. Nicht mal, die
Verfassung zu respektieren oder extrem Rechte wirksam zu bekämpfen.
## Drängende Reformen klientelfrei anpacken
Wenn einer, in der Regel Vizekanzler Robert Habeck, das „große Ganze“ zu
repräsentieren versucht, kriegt er zwar [4][Lobeshymnen für Sprechakte],
aber machtpolitisch muss er sich vom grünen Partikulartrupp ausschimpfen
lassen, dass er die „eigenen“ Interessen nicht durchsetze.
Wie kommen wir aus den Sackgassen des traditionellen Denkens und
Politikmachens raus? Ein neuer Gedanke von [5][Lukas Beckmann]: Die drei
führenden Parteien – also CDU, Grüne und SPD – und ihre kulturellen
Grundströmungen vereinbaren ein gesellschaftliches Bündnis, eine
„Gemeinwohlkoalition für eine Marktwirtschaft mit sozialökologischem
Antlitz“, die sich darauf verpflichtet, die drängenden großen Reformen
(etwa Energietransformation, europäische Verteidigung, Rente, Pflege,
Steuer, Vermögensteuer, Wirtschafts-, Finanz- und Generationenpolitik)
klientelfrei anzupacken. Das könnte die letzte Chance sein, zu verhindern,
dass sich AfD und Wagenknecht-Partei als antieuropäische und
antidemokratische Grundströmung festsetzen, sagt Beckmann.
Die Idee mag naiv erscheinen. Aber noch naiver ist weitermachen wie
bisher.
23 Dec 2023
## LINKS
[1] /Zukunftsgespraech-mit-Robert-Habeck/!vn5851180
[2] /Studie-zur-Belastung-des-Planeten/!5960174
[3] /Rechtspopulismus-in-Europa/!5943108
[4] /Rede-zur-Staatsraeson/!5967949
[5] /Vater-und-Tochter-ueber-Aktivismus/!5627049
## AUTOREN
Peter Unfried
## TAGS
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Schwerpunkt AfD
Robert Habeck
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