# taz.de -- Zeitung „Der Rabe Ralf“ droht Aus: Vogelsterben in Berlin | |
> Die Umweltzeitung „Der Rabe Ralf“ entstand aus der Oppositionsbewegung | |
> der DDR. Jetzt steht sie kurz vor dem Aus und startet eine Abo-Kampagne. | |
Bild: Der Rabe Ralf: Wohin geht die Reise? | |
Nein, es handelt sich nicht um die Rettung einer bedrohten Vogelart, wenn | |
der Vorsitzende des [1][Naturschutzbunds Deutschland] (Nabu) Leif Miller | |
einen Artikel mit der Überschrift verfasst: „Rettet den Raben Ralf!“ | |
Gemeint ist die gleichnamige Umweltzeitung, die aus finanziellen Gründen | |
akut gefährdet ist. Es ist schon paradox, dass in Zeiten, in der die | |
Klimakrise ein allgegenwärtiges Thema ist, die letzte Umweltzeitung, die | |
noch kostenlos erworben werden kann, womöglich vor dem Aus steht. Damit | |
würde auch eines der wenigen noch bestehenden Medien verschwinden, die aus | |
der [2][DDR-Oppositionsbewegung] heraus entstanden sind. | |
Seit 1990 wird der Der Rabe Ralf von der Grünen Liga herausgegeben, die als | |
„Netzwerk ökologischer Bewegungen“ im Februar 1990 in der DDR gegründet | |
wurde. „Ein wichtiges Ziel war damals die unabhängige Information über | |
Umweltprobleme. | |
Es stellte sich dann bald heraus, dass die freie Verfügbarkeit von | |
Umweltinformationen nicht bedeutet, dass der Schutz der Lebensgrundlagen | |
genügend Aufmerksamkeit bekommt“, beschreibt Matthias Bauer von der | |
aktuellen Rabe-Ralf-Redaktion die Problemstellung der Zeitung. | |
Aus der Gründungszeit hat er den Charakter als Bewegungszeitung bewahrt. | |
Die Themen werden sechsmal im Jahr auf circa 30 Seiten verhandelt. „Der | |
Rabe Ralf' [3][hat Ökologie von Anfang] an sehr weit gefasst und auch über | |
soziale und ökonomische Fragen und über die Zusammenhänge zwischen diesen | |
Sphären geschrieben“, sagt Bauer. | |
## Von Ökofeministin bis zu Guerillero | |
Lange Artikel über das durch die Tesla-Ansiedlung bedrohte Trinkwasser | |
finden sich neben dem Erfahrungsbericht eines Umweltschützers, der mittels | |
Schenkaktion von Bäumen zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen will. | |
Der Infodienst Gentechnik veröffentlicht in dem Blatt regelmäßig | |
Nachrichten zur Gentechnik in der Landwirtschaft. | |
In der Zeitung wurde aber auch die Ökofeministin Maria Mies nach ihrem Tod | |
gewürdigt und auch der peruanische Guerillero und Umweltaktivist Hugo | |
Blanco hat einen ausführlichen Nachruf bekommen. Berichte über | |
Kräuterwanderungen finden sich dort neben Diskussionsbeiträgen, in denen | |
begründet wird, warum es keinen grünen Kapitalismus geben kann. | |
So dürfte Der Rabe Ralf wohl die einzige Zeitung sein, die Themen des | |
Natur- und Umweltschutzes und der Klimagerechtigkeitsbewegung in einem | |
Blatt verhandelt. „Für uns gibt es keinen Widerspruch zwischen Natur- und | |
Klimaschutz. | |
Viele unserer Autor*innen sind allerdings skeptisch, wenn es um die | |
Propagierung von rein technischen Lösungsansätzen geht“, sagt | |
Rabe-Ralf-Redakteur Johann Thun. | |
Auch auf parteipolitische Unabhängigkeit wird Wert gelegt, was aber nicht | |
heißt, dass man Parteienvertreter*innen nicht zu Wort kommen lässt. | |
„Vom linken SPD-Mann über die Aktivistin von Black Earth Berlin bis zum | |
Ökoanarchisten, bei uns können sich alle einbringen – außer den | |
Klimaleugner*innen natürlich, mit denen Diskussionen meistens zwecklos | |
sind“, betont Thun. | |
## Kein Umstieg auf „online only“ | |
Finanzielle Probleme hatte die Zeitung, die sich nur zu einem kleinen Teil | |
über Werbeanzeigen finanziert, von Anfang an immer wieder. Die wurden vor | |
allem stets durch die kostenlose Arbeit von Freiwilligen aufgefangen. | |
„Ab 2020 ging das aber nicht mehr, weil die Kosten gestiegen sind und die | |
Überlebensbedingungen für kleine Vereine härter wurden. Darauf haben wir | |
nicht rechtzeitig reagiert“, begründet Matthias Bauer die aktuellen | |
Existenznöte der Zeitung. | |
Das Umstellen auf eine reine Internetzeitung kommt für Johann Thun nicht | |
infrage, „weil man auch Menschen erreichen will, die sonst mit Themen wie | |
Umweltschutz, Klima und alternative Bewegungen nicht in Berührung kommen.“ | |
Allerdings wird auch die Internetpräsenz der Zeitung momentan ausgebaut und | |
verbessert. Doch die größte Hoffnung setzt die Redaktion auf eine Spenden- | |
[4][und Abokampagne]. Ein Jahresabonnement für sechs Ausgaben kostet 25 | |
Euro. Ein Förderabo kann man für 40 Euro abschließen. Die Zeit ist knapp. | |
„Wenn wir nicht bis Mitte März 2024 neue Finanzierungsquellen erschließen, | |
wird unsere Redaktion geschlossen“, heißt es in dem Aufruf zur Rettung der | |
Zeitung. Johann Thun ist überzeugt, dass nach einer Einstellung nicht nur | |
die Redaktion die Zeitung vermissen würde. Es wäre auch ein Verlust für die | |
Umwelt- und Klimabewegung. | |
20 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Reform-der-Agrarsubventionen-gefordert/!5971897 | |
[2] /Repression-gegen-linke-DDR-Opposition/!5585351 | |
[3] /Sozial-oekologische-Transformation/!5932526 | |
[4] https://www.grueneliga-berlin.de/publikationen/der-rabe-ralf/raben-abonneme… | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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Schwerpunkt Klimawandel | |
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