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# taz.de -- Industrie warnt vor AfD: Verbotene Geliebte des Kapitals
> Wenn’s dem Geschäft nützt, ist die Wirtschaft Fan der Demokratie: Der
> BDI-Präsident warnt vor der AfD. Hoffen wir, dass er es ernst meint.
Bild: Stillstand
Deutschland wacht auf, denn es könnte ihm an die Kohle gehen. Siegfried
Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) hält
das Erstarken der rechtsextremen AfD für „schädlich für die Wirtschaft und
für Ansehen und Erfolg Deutschlands im globalen Kontext“.
Ach so, ja, scheiße, deshalb also. Kultur-, Freiheits- und Menschenfeinde
fangen dann doch tatsächlich an zu nerven, [1][sobald ausländische
Fachkräfte, Investoren und Kunden] von der drohenden Atmosphäre aus Gräue,
Kälte und Hass nachhaltig abgeschreckt werden könnten. Auch Christian
Kullmannn, Chef des Chemieunternehmens Evonik, sagt: „Die AfD schadet
unserer Volkswirtschaft, unserer Gesellschaft, unserer Zukunft.“
Spekulativ ist hier die Frage, ob sich die Manager so äußern, weil sie
abwägen, dass aufgrund globaler Verflechtungen der Schaden für die
Wirtschaft größer wäre als der Nutzen, der sich aus neoliberaler
Deregulierung und Schwächung der Gewerkschaften, [2][für die die AfD
steht], automatisch ergäbe. Aber Spekulatius passt ja gut in diese
Jahreszeit, deshalb bleiben wir ruhig dabei: politische Vernunft,
moralische Integrität, demokratisches Gewissen – oder nüchterne Berechnung?
Denn eigentlich müsste doch der deutschen Wirtschaft einer aus dem
Fabrikschlot abgehen, angesichts so herrlicher Erlösungsversprechen frisch
aus dem Mustopf rechter Wirtschaftspolitik: „Wettbewerbsfähigkeit“,
„Leistungsgerechtigkeit“, „Entbürokratisierung“, „Verringerung der
Steuerlast“ – diese Schlagworte sollten in den Ohren der Unternehmen doch
klingen wie Weihnachtsglöckchen. Und [3][Gewerkschaftsführer] müssten ja
nicht gleich ins Lager, womöglich findet sich für sie auch ein Job an der
Pforte des Betriebs.
## Deutsche Wirtschaft in der NS-Diktatur
Traditionell gilt die Wirtschaft als schmachtender Verehrer des Faschismus.
Der Staat hat zwar die Kontrolle, doch achtet er in Wahrnehmung dieser
Kontrolle auch darauf, dass es nicht allzu viele Hindernisse gibt. Und
umgekehrt ist der Faschismus die heimliche, aufregende, verbotene Geliebte
der Wirtschaft. Keiner darf von ihr wissen, doch es ist zu schwer, von ihr
zu lassen.
Nicht umsonst war die deutsche Wirtschaft im Dritten Reich und schon in
dessen Vorschatten ein [4][Steigbügelhalter des Konjunkturankurblers auf
Pump, Adolf Hitler]. Damals allen voran die Rüstungsindustrie, doch im Fall
der Russlandfreunde von der AfD fehlt der große äußere Feind zurzeit.
Dafür gibt es immerhin als inneren Feind [5][neben den Migranten] noch die,
wie sie es sieht, Faulenzer in der sozialen Hängematte: die Arbeitslosen,
die [6][die Wirtschaft ebenfalls nicht so besonders mag].
Zwar wählten bei der Bundestagswahl 2021 noch siebzehn Prozent von ihnen
die Blauen, aber sollten sie eines Tages doch noch mal die Muße finden,
deren Parteiprogramm zu lesen, in dem sich Dinge wie verpflichtende
„Bürgerarbeit“ nach sechs Monaten Grundsicherung finden, müsste sich der
Zuspruch eigentlich verringern. Es sei denn, sie wären wie die
allerdümmsten Kälber, die ihren Metzger selber wählen. Was im Land der
Dichter und Denker zum Glück undenkbar ist.
Doch geben wir die Hoffnung auf die hehren Absichten zumindest mancher
Wirtschaftsleute nicht auf. So spricht das [7][„Handelsblatt“] auch ohne
jeden Verweis auf Wirtschaftsinteressen von der „Gefährlichkeit dieser
menschenverachtenden Truppe“.
Das liest sich überzeugender als der bloße Hinweis auf wirtschaftlichen
Schaden. Doch selbst wenn man Neonazis nur aus unternehmerischen Erwägungen
heraus bekämpfen sollte, ist vielleicht entscheidender, dass es überhaupt
eine Art gemeinsamer Front gegen rechts gibt. Und darauf, was am Ende dabei
herauskommt: „Cui bono“, zu Deutsch: „Hinten kackt die Ente.“
21 Dec 2023
## LINKS
[1] /Strategien-gegen-die-AfD/!5947798
[2] /Die-AfD-und-die-Sozialpolitik/!5946707
[3] /Symbolpolitik-Kuehnert-und-Bahnstreik/!5976718
[4] /Arte-Film-ueber-NS-Kriegswirtschaft/!5746622
[5] /Rechtsruck-nach-den-Landtagswahlen/!5965661
[6] /Neiddebatte-und-Buergergeld/!5877671
[7] https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/afd-ein-verbot-der-afd-ist-…
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Faschismus
Kapitalismus
BDI
Schwerpunkt AfD in Berlin
AfD Sachsen
Bürgergeld
Antisemitismus
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