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# taz.de -- Drohender Abriss in Berlins Europa-City: Acht Wohnungen weniger
> Das Land und seine Wohnungsbaugesellschaften haben kein Interesse an
> einem Moabiter Mietshaus. Nun sucht das Bundeseisenbahnvermögen einen
> Käufer.
Bild: Aus der Anzeige in der Immowelt
Berlin taz | Die [1][Anzeige auf Immowelt] ist unmissverständlich. Als
„überwiegend leerstehendes Mehrfamilienhaus“ bietet das
[2][Bundeseisenbahnvermögen] (BEV) das 1870 errichtete Mietshaus in der
Heidestraße 45 in Moabit feil.
Gepriesen wird natürlich auch die Lage dieses „Kleinods aus der
Gründerzeit“: die neue Europacity „in einer herausgehobenen zentralen
Innenstadtlage und fußläufig zum Hauptbahnhof“.
Sechs der acht Wohnungen stünden leer, heißt es in der Anzeige weiter. Und
dann folgt der entscheidende Satz: „Auf Grundlage der bestehenden
Festsetzungen erscheint eine Neubebauung mit einem Büro- und
Geschäftsgebäude realisierbar.“
Eine Bundesbehörde gibt ein Wohnhaus in Berlin zum Abriss frei – und Land
und Bezirk gucken zu? Hat das Land nicht vor zwei Jahren [3][11.000
Wohnungen und Gewerbeeinheiten für 1,65 Milliarden Euro gekauft]?
## Berlin hatte Vorkaufsrecht
Geht es um den Immobilienbesitz des Bundes in Berlin, hat das Land
tatsächlich ein Vorkaufsrecht. Das bestätigte zuletzt das
Bundesfinanzministerium im Oktober 2020 in einer Antwort auf eine
K[4][leine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag].
Das BEV habe dem Land Berlin demnach mehrere „Liegenschaften im Erstzugriff
angeboten“, heißt es hier. Aufgeführt werden dabei neben dem Flughafen
Tempelhof und dem S-Bahnhof Hermannstraße auch fünf Wohngebäude, darunter
die Heidestraße 45.
Die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die Übernahme
zunächst prüfen lassen. Über die Wohnungsbauleitstelle wurde 2020 auch das
Interesse der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften abgefragt.
Allerdings ohne Ergebnis.
Im Februar 2023 teilte die landeseigene [5][Berliner Immobilien Management
GmbH BIM] dem Bezirk Mitte schließlich mit, die Wohnungsbaugesellschaften
hätten „kein vertieftes Interesse hervorgebracht, weshalb das
Bundeseisenbahnvermögen die Liegenschaft im Rahmen eines öffentlichen
Bieterverfahrens veräußern wollte“.
Zwar blieb dieses erste Bieterverfahren ohne Ergebnis. Im zweiten, das das
BEV nun über Immowelt gestartet hat, kann das Land sein Vorkaufsrecht
allerdings nicht mehr geltend machen.
## Bezirksamt ist enttäuscht
Der Baustadtrat von Mitte, Ephraim Gothe (SPD), findet das „bedauerlich“.
„Aus meiner Sicht haben die Wohnungsbaugesellschaften die Werthaltigkeit in
fußläufiger Nähe zum Hauptbahnhof einfach unterschätzt, auch wenn es kein
Neubaupotenzial auf dem Grundstück gibt“, sagt Gothe der taz.
Statt der zwei Millionen Euro, die das Haus wohl wert ist, verlangt das
Bundeseisenbahnvermögen in seiner neuen Offerte inzwischen 5,2 Millionen
Euro. Den Widerstand verbliebener Mieterinnen und Mieter müsste der
potenzielle Käufer nicht mehr fürchten. Christian Piechotta, der letzte
Mieter, über den [6][die Zeit im Februar] eine große Geschichte
veröffentlichte, ist inzwischen gestorben.
Nun lässt Gothe wenigstens prüfen, ob sein Amt einem möglichen Käufer den
Abriss genehmigen kann.
21 Nov 2023
## LINKS
[1] https://www.immowelt.de/expose/2a9hu5w
[2] https://www.bev.bund.de/DE/Home/home_node.html
[3] https://www.deutsche-wohnen.com/ueber-uns/presse-news/pressemitteilungen/de…
[4] https://dserver.bundestag.de/btd/19/234/1923445.pdf
[5] https://www.bim-berlin.de/
[6] https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-02/europacity-berlin-wohnungsmarkt-in…
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Wohnungspolitik
Wohnungsleerstand
Immobilienspekulation
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Kino Berlin
Stadtplanung
Wohnungsnot
Berlin-Mitte
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