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# taz.de -- Ermittlungen gegen Polizei eingestellt: Der Rechtsstaat, zum Draufs…
> Sechseinhalb Jahre nach G20 in Hamburg bleibt Polizeigewalt komplett
> ungesühnt. Die letzten Ermittlungen gegen Polizisten wurden jetzt
> eingestellt.
Bild: Polizist*innen müssen bei Körperverletzung im Amt keine Strafe fürchten
Hamburg taz | Stellen Sie sich vor, Sie gehen ins Theater. Riiinngg,
Vorhang geht auf, erster Akt. Auf der Bühne spielen sich Szenen der Gewalt
ab. Schwarz uniformierte Bewaffnete schlagen auf Demonstrant*innen ein.
Letztere sind wütend auf die Staatschef*innen der 20 mächtigsten
Industriestaaten, zünden Barrikaden an, plündern Läden, schmeißen Dinge in
Richtung der Uniformierten. Diese schlagen mit Knüppeln auf die
Unbewaffneten ein, kesseln sie ein, nehmen sie fest. Viele
Demonstrant*innen werden verletzt, teilweise schwer.
Pause. Sie haben eigentlich gar keinen Bock mehr auf den nächsten Akt,
kippen aber einen Sekt, würgen sich eine Brezel rein und setzen sich wieder
hin. Zweiter Akt. Auf der Bühne: Ein Gerichtssaal. Angeklagt sind mehrere
Demonstrant*innen und mehrere Uniformierte. Den Demonstrant*innen
wird Landfriedensbruch vorgeworfen. Sie sollen für Sachschäden haftbar
gemacht werden, obwohl ihnen teilweise keine konkreten Taten zur Last
gelegt werden. [1][Das scheint egal zu sein]. Viele bekommen Haftstrafen
von mehreren Jahren.
Den Uniformierten wird Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Ihre
Verhandlungen spielen vor der Tür des Gerichtssaals, denn zur Verhandlung
kommt es bei ihnen gar nicht. An einem Tisch sitzen Uniformierte und
ermitteln gegen die eigenen Kolleg*innen, daneben sitzt die
Staatsanwaltschaft und nickt alles ab. Alle Vorwürfe werden eingestellt.
Nur einer nicht, da soll ein Uniformierter einen anderen Uniformierten
[2][am kleinen Finger verletzt haben]. Der Beamte bekommt eine Verwarnung.
In Ihrem Theatersessel rollen Sie genervt mit den Augen und gucken zu Ihrer
Begleitung hinüber, die schon seit Längerem unter ihrem Mantel am Handy
daddelt. „Sooo unrealistisch“, murmeln Sie.
## Gefallen an der Gewalt
Endlich, der Vorhang geht zu, das Stück ist zu Ende. Sie sind erlöst. „Was
für ein Kackstück!“, sagen Sie zu Ihrer Begleitung. Sie wollen Ihr Geld
zurück haben und nehmen sich vor, erst mal nicht mehr ins Theater zu gehen.
Ist doch scheiße sowas. Sie gucken noch mal auf das teure Ticket und ärgern
sich, als Sie den Titel wieder lesen. „Rechtsstaat“, heißt das Stück. Sie
schmeißen es auf den Boden und spucken drauf.
Sechseinhalb Jahre ist der G20-Gipfel in Hamburg jetzt her. Vor einigen
Tagen stellte die Staatsanwaltschaft die letzten Ermittlungen gegen
Polizeibeamt*innen wegen Körperverletzung im Amt und Nötigung ein.
Bei dem letzten Fall ging es um drei Polizisten einer Beweissicherungs- und
Festnahmeeinheit, die beschuldigt waren, einer Demonstrantin, die nichts
getan hatte, das Wadenbein gebrochen zu haben. Sie war Tänzerin gewesen.
Die [3][Hamburger Morgenpost zitiert aus den Akten des Falls]: In internen
Chats der Einheit hätten die Beamten damit angegeben, wie brutal sie gegen
die G20-Gegner*innen vorgegangen waren. Die Staatsanwaltschaft bescheinigte
einem der Beschuldigten eine „hochproblematische Dienstauffassung“. Er habe
„Gefallen an der Gewalt gefunden“. Dann stellte sie die Ermittlungen ein.
5 Dec 2023
## LINKS
[1] /G20-Prozess-in-Hamburg/!5731316
[2] /Erstes-Urteil-gegen-Polizist-wegen-G20/!5638489
[3] https://www.mopo.de/hamburg/jagen-ohne-gnade-wie-ein-brutaler-g20-polizist-…
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Polizeigewalt
G20-Prozesse
Schwerpunkt G20 in Hamburg
Politische Justiz
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G20-Prozesse
Fußballfans
Polizei
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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