| # taz.de -- Senat für härtere Immigrationsgesetze: Frankreichs rechte Scharfm… | |
| > Innenminister Darmanin wollte die Immigrationsgesetze reformieren. Die | |
| > rechte Opposition setzt auf noch mehr Härte – und drückt das im Senat | |
| > durch. | |
| Bild: Mag sich nicht wirklich freuen: Innenminister Gerald Darmanian, hier: am … | |
| Paris taz | In erster Lesung hat am Dienstagnachmittag der von den | |
| Konservativen dominierte französische Senat eine neue [1][Immigrations- und | |
| Asylgesetzgebung] angenommen. Innenminister Gérald Darmanin, der dazu seine | |
| Vorlage eingebracht hatte, mag sich nicht wirklich freuen. Denn der | |
| verabschiedete Gesetzestext hat mit seinem Regierungsentwurf nicht mehr | |
| viel zu tun. | |
| Unter Federführung der Senatoren der konservativen Partei Les Républicains | |
| (LR) und auch unter dem außerparlamentarischen politischen Druck der | |
| fremdenfeindlichen Rechten ist mit 210 gegen 115 Stimmen eine weitgehend | |
| verschärfte Gesetzesrevision – die 29. oder 30. seit 1980 in Frankreich – | |
| gutgeheißen worden. Die rechten Senatoren möchten die Immigration | |
| grundsätzlich mit jährlich festzulegenden „Quoten“ begrenzen. | |
| Bevor die neuen Regeln allenfalls in Kraft treten könnten, müssen ab 11. | |
| Dezember die Abgeordneten der Nationalversammlung debattieren und darüber | |
| befinden. Und im „Unterhaus“, so hofft die Regierung, wird aufgrund anderer | |
| Mehrheitsverhältnisse die Suppe vielleicht nicht ganz so heiß angerichtet | |
| wie im traditionell sehr konservativen Senat. | |
| Doch auch in der Nationalversammlung verfügen die Regierungsparteien | |
| alleine nicht über eine Mehrheit, sie sind darum auf die Zustimmung von | |
| Abgeordneten aus der rechten Opposition angewiesen, denen der eher als | |
| „Scharfmacher“ renommierte Darmanin vor allem im Kampf gegen die | |
| [2][illegale Einwanderung] zu wenig weit geht. | |
| ## Regularisierung Arbeitender aus Gesetz gestrichen | |
| Dass die konservative Rechte für ihre Unterstützung eine politische | |
| Gegenleistung erwartet, findet Darmanin „an sich nicht schlecht“. | |
| Eigentlich aber sollte seine Reform auf „zwei Beinen“ stehen: einerseits | |
| eine Verschärfung der Bedingungen für die Abschiebung von Sans-papiers (zu | |
| Deutsch: „Ohne-Papiere“) und diversen Immigranten, welche mit den Gesetzen | |
| in Konflikt geraten oder die „Prinzipien der Republik“ missachten. | |
| Umgekehrt sollte es aber die Integration von Schwarzarbeitenden, die in | |
| Wirtschaftszweigen mit akutem Personalmangel mit tätig sind, erleichtern. | |
| Diese in ursprünglichen Artikel vorgesehene Regularisierung von bisher ohne | |
| legalen Status arbeitenden Menschen ist im Senat gestrichen worden. | |
| Im Senat haben die Konservativen namentlich auch das bisherige System der | |
| medizinischen Versorgung für Ausländer*innen, die sich mindestens sechs | |
| Monate in Frankreich aufhalten und über sehr schwache Einkünfte verfügen, | |
| gestrichen. Das wird namentlich in einem Offenen Brief von mehr als 3.000 | |
| Ärzt*innen kritisiert. Sie sagen, sie würden auch in Zukunft und nicht | |
| zuletzt im Interesse der öffentlichen Gesundheit diese Patienten kostenlos | |
| behandeln, wie sie dies als angehende Mediziner mit dem hippokratischen Eid | |
| geschworen hätten. | |
| Eine sehr bedeutungsvolle Änderung verlangt der Senat bei der Einbürgerung | |
| aufgrund der Geburt auf französischem Boden. Diese erfolgte bisher beim 18. | |
| Altersjahr automatisch, neu müsste die französische Staatsbürgerschaft von | |
| in Frankreich aufgewachsenen Kindern zugewanderter Eltern ausdrücklich | |
| gewünscht werden. | |
| Damit wird das in Frankreich seit rund 7 Jahrhunderten geltende „Ius soli“ | |
| (Geburtsortsprinzip) infrage gestellt. Eine solche Willenserklärung für die | |
| Staatszugehörigkeit war bereits von 1993 bis 1998 in Kraft. Aufgrund der | |
| negativen Erfahrungen (unter anderem wegen einer eindeutigen | |
| Diskriminierung der damals schlechter informierten Mädchen) wurde diese | |
| Bedingung für einen französischen Pass aber wieder gestrichen. | |
| ## Für Sozialhilfe würde legaler Aufenthalt erforderlich | |
| Die Schraube des Gesetzgebers angedreht hat der Senat auch im Bereich der | |
| [3][Familienzusammenführung], beim Anrecht auf Familienzulagen und anderen | |
| Sozialhilfen, für die nun ein legaler Aufenthalt in Frankreich von | |
| mindestens fünf Jahren erforderlich sein soll. | |
| Vorgesehen ist zudem, dass Asylgesuche von der zuständigen (und notorisch | |
| überlasteten) Behörde OFPRA viel rascher als bisher behandelt werden, damit | |
| die Abgewiesenen keine Rekurse einreichen, sondern zum Verlassen des | |
| französischen Territoriums aufgefordert oder in ihr Herkunftsland | |
| abgeschoben werden können. | |
| Darmanin akzeptiert diese zerpflückte und streng korrigierte Version seiner | |
| Vorlage als Ausgangspunkt für die Debatte der Abgeordneten. Aus linken | |
| Oppositionskreisen und bei einer Kundgebung unweit des Senats hieß es dazu | |
| etwas zynisch: „Der (fremdenfeindliche) [4][Front national] hat das | |
| erträumt, Darmanin erfüllt ihm den Traum.“ | |
| 15 Nov 2023 | |
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| [1] /Immigrationsgesetz-in-Frankreich/!5968380 | |
| [2] /Memorandum-zwischen-Italien-und-Albanien/!5971754 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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