# taz.de -- Demonstration gegen Antisemitismus: Macron lässt sich entschuldigen | |
> 150.000 Menschen demonstrieren in Paris gegen Antisemitismus. Jedoch | |
> verpasst die Kundgebung die erwünschte nationale Einheit gegen den | |
> Judenhass. | |
Bild: Ehemalige Präsidenten wie Hollande und Sarkozy, sowie die französische … | |
PARIS taz | Rund 150.000 Menschen haben am Sonntagnachmittag in Paris gegen | |
Antisemitismus und für die Grundwerte der französischen Republik | |
demonstriert. Eine weitgehend schweigende Menge bewegte sich nach 15 Uhr | |
von der Esplanade des Invalides, der Seine entlang und durch den Boulevard | |
Saint-Germain bis zum Platz Edmond Rostand. | |
Viele Leute hatten Schilder mit Slogans gegen Judenhass gemalt oder trugen | |
Aufkleber, auf denen zu lesen war: „Wir sind alle französische Juden“ oder | |
„Never again, Never is NOW!“. Zahlreiche blau-weiß-rote Nationalflaggen, | |
seltener auch Fahnen des Staats Israel, brachten etwas Farbe in den Umzug. | |
Besonderen Applaus bekam eine Gruppe von Angehörigen und Freunden von am 7. | |
Oktober nach Gaza verschleppten Geiseln. | |
Aufgerufen zu der Demonstration hatten die Vorsitzenden der beiden | |
Parlamentskammern, Yaël Braun-Pivet und Gérard Larcher vor dem Hintergrund | |
einer seit dem 7. Oktober erschreckend zunehmenden Zahl von antisemitischen | |
Aggressionen, und Bedrohungen. Der Appell der beiden Parlamentsvorsitzenden | |
ging an alle Bürger und Bürger*innen und direkt alle Parteien, die sich | |
auf die Demokratie berufen. Ihr Wunsch, dass die Nation geschlossen gegen | |
den Antisemitismus aufstehen würde, hat sich nicht ganz erfüllt. | |
## Doch einer fehlte: Emmanuel Macron | |
Zwar marschierten an der Spitze der Demonstration zwischen den als | |
institutionelle Symbolen der Republik gewählten Nationalversammlung und dem | |
Senat, die Premierministerin Elisabeth Borne und rund 25 ihrer | |
Regierungsmitglieder, zwei ehemalige Staatschefs, Nicolas Sarkozy und | |
François Hollande, sowie mehrere ehemalige Premiers und einige Prominente. | |
Doch einer fehlte: der amtierende Präsident der Republik, Emmanuel Macron. | |
Das wurde von vielen Teilnehmer*innen und auch vom Repräsentativen Rat | |
der Jüdischen Institutionen (CRIF) an der Kundgebung sehr bedauert. | |
Macron hatte am Vorabend der jüdischen Gemeinschaft versichert, auch er sei | |
in seinem Herzen bei der Demonstration dabei. In einem offenen Brief an | |
seiner Landsleute verurteilte er zudem diese „unerträgliche Rückkehr eines | |
ungezügelten Antisemitismus“. Und unter Berufung auf den Kampf gegen den | |
Judenhass in der [1][Dreyfus-Affäre] schreibt der Präsident, der heutige | |
Antisemitismus, aus welcher Ecke er auch komme, sei „noch immer wie Emile | |
Zola ihn beschrieben hat: abscheulich“. Und für ihn sei „ein Frankreich, in | |
dem unsere jüdischen Mitbürger Angst haben, nicht La France.“ | |
Macron hatte auch bedauert, dass es bei der Vorbereitung der Kundgebung | |
„viel Konfusion“ gegeben habe und dass sich gewisse Kräfte, die er nicht | |
beim Namen nannte, nicht scheuten, diese Mobilisierung für sich zu | |
„vereinnahmen“ oder zu instrumentalisieren. Wie sie das angekündigt hatten, | |
marschierten [2][auch die rechtsextremen Parteien Rassemblement national] | |
(Ex-Front national) und Reconquête, je mit ihren Exponenten Marine Le Pen | |
und Eric Zemmour, mit und wurde von einem Teil der Leute dafür mit Beifall | |
bedacht. | |
Ein Teil der politischen Linken dagegen blieb aus diesem Grund dem Anlass | |
fern, weil es undenkbar sei, gegen den Judenhass zu demonstrieren an der | |
Seite einer Partei, die von einem ehemaligen Waffen-SS-Mitglied und dem | |
mehrfach wegen Antisemitismus verurteilten Jean-Marie Le Pen gegründet | |
worden war. | |
Wegen ihrer Weigerung, in Paris mitzumarschieren, wurde die linke Partei La | |
France insoumise (LFI) des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Jean-Luc | |
Mélenchon [3][scharf kritisiert]. Zahlreiche LFI-Politiker*innen waren | |
jedoch in rund 75 anderen Städten zugegen, wo ebenfalls Kundgebungen gegen | |
den Antisemitismus stattfanden, bei denen aber die historisch vorbelastete | |
extreme Rechte unmissverständlich ausgeschlossen wurde. Dennoch war in den | |
Medien wegen des Streits über die Extremisten viel von einer „verpassten | |
Gelegenheit“ für eine nationale Einheit gegen den Judenhass die Rede. | |
12 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Affaere-Dreyfus/!t5661981 | |
[2] /Antisemitismus-in-Frankreich/!5972182 | |
[3] /Hamas-Angriff-auf-Israel/!5963955 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Juden in Frankreich | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Emmanuel Macron | |
Antisemitismus | |
Marine Le Pen | |
Jean-Luc Mélenchon | |
GNS | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Frankreich | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Tödlicher Polizeieinsatz in Frankreich: Mutmaßlicher Brandstifter erschossen | |
Im nordfranzösischen Rouen hat die Polizei am Freitag einen Mann | |
erschossen, der offenbar einen Anschlag auf eine Synagoge verüben wollte. | |
Frankreichs Immigrationsgesetz scheitert: Macron zwischen Stuhl und Bank | |
Linke und rechte Parteien lehnen in Frankreich ein neues Migrationsgesetz | |
ab – und zeigen, dass Macrons Regierung im Zweifel ohne Mehrheit dasteht. | |
Senat für härtere Immigrationsgesetze: Frankreichs rechte Scharfmacher | |
Innenminister Darmanin wollte die Immigrationsgesetze reformieren. Die | |
rechte Opposition setzt auf noch mehr Härte – und drückt das im Senat | |
durch. | |
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Kein Krankenhaus mehr in Betrieb | |
Wegen der Kämpfe bleibt im Norden des Gazastreifens kein Krankenhaus mehr | |
arbeitsfähig. Netanjahu deutet mögliches Abkommen für die Freilassung von | |
Geiseln an. | |
Antisemitismus in Frankreich: Mit Le Pen gegen Judenhass? | |
Mit einer großen Kundgebung soll am Sonntag Frankreichs Einheit gegen | |
Antisemitismus demonstriert werden. Die extreme Rechte will auch mitlaufen. | |
Gaza-Konferenz in Frankreich: Macron als Friedensbote | |
Die Pariser Gaza-Konferenz verspricht keine festen Ergebnisse. Aber sie | |
bietet Frankreichs Präsident Macron eine Bühne als Vermittler. | |
Attentat in Frankreich: Tödliche Messerstiche | |
Bei einem mutmaßlichen Terrorangriff ist ein Lehrer getötet worden, zwei | |
weitere Menschen wurden schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter war als | |
Gefährder eingestuft. |