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# taz.de -- Nachrichtenagentur in Mexiko schließt: Schlechte Aussicht für Jou…
> Der Streik der Notimex-Mitarbeiter in Mexiko geht zu Ende – ohne Erfolg.
> Nun muss auch die letzte staatliche Nachrichtenagentur schließen.
Bild: Notimex-Protest in Mexiko
Für Adriana Urrea Torres ist die Entscheidung der Parlamentskommission vom
Dienstagabend der nächste Schritt zur Beilegung des wohl längsten Streiks
in der [1][Mediengeschichte Mexikos].
Seit 21. Februar 2020, mehr als 44 Monate, sind die Streikposten vor der
Zentrale von Notimex in der Avenida Baja California in Mexiko-Stadt
präsent. „Daran wird sich erst etwas ändern, wenn die Abfindungen und
ausstehenden Löhne gezahlt sind, das ist das Ergebnis unserer
Generalversammlung“, sagt Urrea.
Die auf Finanz- und Unternehmenspolitik spezialisierte Journalistin ist das
Gesicht des Streiks, der in Mexikos Mediensektor viele Diskussionen
angestoßen hat. Etwa, warum es keinen Bedarf mehr für eine staatliche
Nachrichtenagentur gibt.
„Wir sehen einen Bedarf, sind überzeugt davon, dass [2][der Präsident] mit
seiner allmorgendlichen Pressekonferenz nicht ausreichend und reflektiert
über die Situation im Land berichtet, wie er behauptet“, sagt Urrea.
## Längster Arbeitskonflikt Mexikos
Sie hält gemeinsam mit vielen Kolleg:innen die unabhängige
Berichterstattung aus den mexikanischen Bundesstaaten für nötig und Teil
des staatlichen Informationsauftrags. [3][Doch die endete definitiv] mit
der Abwicklung der 1968 gegründeten staatlichen Nachrichtenagentur.
So sieht es der Beschluss der Parlamentskommission vor, der noch die
Zustimmung von Plenum und Senat benötigt. Die ist angesichts der
Mehrheitsverhältnisse im mexikanischen Parlament mehr als wahrscheinlich.
So endet in den nächsten zwei Monaten formal die Geschichte der
zwischenzeitlich größten Nachrichtenagentur Lateinamerikas. „Wir haben mit
der Kommission der Regierung ein Prozedere für die Zahlung von Abfindungen
und ausstehenden Löhnen ausgehandelt, das vom Parlament nun gebilligt
werden muss“, erklärt Urrea.
Sie ist enttäuscht, dass sie nicht nur ihren Arbeitsplatz verliert, auch,
dass die Verantwortliche für den längsten Arbeitskonflikt in Mexikos
Geschichte, Sanjuana Martínez, sich nicht verantworten muss. „Das ist
genauso bittere Realität wie, dass wir unseren Arbeitsplatz verlieren, der
eben nicht wie in vielen Medienunternehmen Mexikos üblich unter prekären
Bedingungen funktionierte“, klagt Urrea.
Die Notimex-Mitarbeiter:innen hatten einen Tarifvertrag, sie hatten
sich im Laufe der Jahre faire Löhne und Zuschläge erkämpft, die Direktorin
Sanjauna Martínez beschneiden wollte – Notimex sollte kostengünstiger
arbeiten.
## Proteste nur teilweise erfolgreich
Das war der Auslöser des Arbeitskampfes, den die Gewerkschaft SutNotimex
bis heute führt. 85 der 221 entlassenen organisierten
Mitarbeiter:innen nehmen an den Streikposten vor der Notimex-Zentrale
noch teil und haben für den Erhalt der Nachrichtenagentur unter die
Einhaltung ihres Tarifvertrags gestreikt.
Zumindest teilweise erfolgreich. Die Regierung von Präsident Andrés Manuel
López Obrador muss den Streik als rechtmäßig akzeptieren, ausstehende Löhne
und Abfindungen zahlen, so entschieden die Gerichte.
Trotzdem hielt Mexikos Präsident über Jahre seine Hand über
Notimex-Direktorin Sanjuana Martínez. Er engagierte sich nicht für eine
direkte Verhandlungslösung mit SutNotimex, wie von Medienorganisationen mit
Artículo 19 angeregt, und das wirft ein mieses Licht auf den mexikanischen
Staat als Arbeitgeber.
## Gefahr für unabhängigen Journalismus
Zugleich ist der Umgang mit den streikenden Journalist:innen Beleg für
den fehlenden Respekt für einen kritischen, unabhängigen Journalismus in
Mexiko. Der Präsident ist dafür bekannt. Immer wieder hat López Obrador in
seinen morgendlichen Medienrunden kritische Journalist:innen
angegriffen, teilweise vorgeführt.
Er unternimmt wenig, um die Berichterstatter:innen in Mexiko besser zu
schützen. Jüngstes Beispiel ist der Mord an dem Fotografen Ismael
Villagómez Tapia in der nordmexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez.
Er ist der siebte Journalist, der dieses Jahr laut der Organisation für
Pressfreiheit „Artículo 19“ eines gewaltsamen Todes starb. Seit 2000 wurden
der Organisation zufolge fast 160 Pressevertreterinnen und -vertreter in
Mexiko ermordet.
30 Nov 2023
## LINKS
[1] /Journalismus-in-Mexiko/!5905021
[2] /Journalismus-in-Mexiko/!5944957
[3] /Arbeitsbedingungen-im-Journalismus/!5963940
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Mexiko
Schwerpunkt Pressefreiheit
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Streik
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