# taz.de -- Plattform Torial droht Ende: LinkedIn für Journalismus vor Aus | |
> Die Journalismus-Plattform Torial steht vor dem Ende. | |
> Journalist*innen kämpfen für ihren Erhalt. Jetzt sind neue Investoren | |
> im Gespräch. | |
Bild: Journalistenplattform vor dem Ende | |
Verabschiedet hatte man sich eigentlich schon. „Es geht wohl zu Ende mit | |
torial. Tut uns unendlich leid“, schrieb der Geschäftsführer der | |
[1][Journalisten]-Plattform, Marcus Jordan, Anfang November an die rund | |
6.000 Mitglieder. Doch jetzt kommt wieder Bewegung in die Debatte. | |
Auf der Website [2][torial.com] können Medienschaffende sich kostenlos ein | |
Profil anlegen und Arbeitsproben hochladen, ähnlich wie bei LinkedIn. | |
Betrieben wird sie seit 2011 von der Schwingenstein-Stiftung. Doch damit | |
könnte es zum 1. Januar 2024 vorbei sein. „Die Gründe sind schnell erklärt: | |
Unsere Stiftung verfügt über keine Mittel mehr“, schreibt Jordan in seiner | |
E-Mail. Und, fast so als wolle er das nicht wahrhaben: „Vielleicht passiert | |
ja doch noch was.“ | |
Das ist nun der Fall: Zunächst haben Dutzende Medienschaffende in einem | |
offenen Brief vom 22. November vor dem Niedergang des Netzwerks gewarnt. | |
„Torial ist eine einzigartige Plattform, die es Redaktionen ermöglicht, | |
freiberufliche Journalist*innen zu [3][spezifischen Themen oder | |
Regionen] zu finden“, heißt es darin. Um die Schließung in letzter Minute | |
zu verhindern, fordern sie Verbände sowie Redaktionen auf, sich | |
zusammenzuschließen. | |
Besonders wichtig für FLINTA-Journalist*innen | |
Verfasst haben das Schreiben FLINTA-Journalist*innen. Gemeint sind mit der | |
Abkürzung Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre, trans und agender Personen. | |
Warum setzt sich ausgerechnet diese Gruppe für die Plattform ein? „FLINTA | |
sind in den Medien immer noch unterrepräsentiert. Deshalb ist es für sie | |
besonders wichtig, sichtbar zu sein“, erklärt auf taz-Anfrage die freie | |
Journalistin Ulrike Wagener, die den Brief mitinitiiert hat. Torial biete | |
genau das, nämlich „dass einmal andere Personen angefragt werden als | |
sonst“, so Wagener. | |
Um die Plattform weiter zu betreiben, müssten circa 50.000 Euro pro Jahr | |
kalkuliert werden. So viel habe man bisher ausgegeben, erklärt Jordan auf | |
Anfrage. Er halte es für sinnvoll, in Zukunft ein mobiles Interface zu | |
entwickeln. Dafür wären ihm zufolge weitere 50.000 Euro nötig. Einnahmen | |
durch Spenden von Nutzenden in Höhe von 15.000 Euro hält er für | |
„realistisch“. | |
Auf der Suche nach neuen Trägern habe Jordan von Verdi seiner Erinnerung | |
nach keine Antwort erhalten. Der dortige Bereichsleiter für Medien, | |
Matthias von Fintel, teilt auf Nachfrage mit: Der Weiterbetrieb von torial | |
komme für die Gewerkschaft nicht in Betracht. „Unsere Satzung erlaubt es | |
uns nicht, gewerbliche Digitalplattformen zu betreiben, das schließt leider | |
auch einen Mischbetrieb ein“, so von Fintel. | |
Branchenverbände sollen sich zusammenschließen | |
Mehr Grund zur Hoffnung gibt in diesem Fall der Deutsche | |
Journalisten-Verband (DJV). Dessen Vorsitzender Henrik Zörner schreibt, | |
zurzeit werde geprüft, ob man aktiv werde. Aber er betont auch: Die Mittel | |
des DJV-Bundesverbands seien „endlich“. | |
Der dritte Verband, den der offene Brief anspricht, sind die Freischreiber. | |
Deren Vorsitzender, Joachim Budde, erklärte gegenüber der taz, man lote | |
bereits seit Wochen gemeinsam Möglichkeiten der Unterstützung aus. Aber: | |
„Leider ist Freischreiber e.V. als Verband zu klein, um eine Site wie | |
torial stemmen zu können“, bedauert er. Noch diese Woche wolle man | |
festklopfen, welche Alternativen man Mitgliedern bieten könne. Bisher sind | |
torial-Profile und die Freischreiber-Website miteinander verknüpft. | |
Sollten die Verbände, die für die gleichen Anliegen kämpfen und deren | |
Mitglieder sich überschneiden, die aber oft wie Konkurrenten agieren, kein | |
Geld für torial zusammenwerfen, könnte es eng werden. Bis Ende des Jahres | |
bleiben nur wenige Wochen. Vier Beschäftigte habe die Stiftung bereits | |
entlassen müssen. | |
Doch Jordan gibt noch nicht auf. Denn es seien „einige Anfragen von | |
möglichen neuen Trägern“ eingegangen. Die Motivation der Kandidaten wolle | |
er „genau prüfen und sicherstellen, dass das Projekt im Stiftungszweck | |
weitergeführt wird“. Wer die Kandidaten sind und wie wahrscheinlich eine | |
Rettung ist, will der Geschäftsführer nicht sagen. | |
4 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /TV-Sender-Al-Jazeera/!5973656 | |
[2] https://www.torial.com/ | |
[3] /Nachrichtenagentur-in-Mexiko-schliesst/!5972654 | |
## AUTOREN | |
Lotte Laloire | |
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