Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kinos in der Republik Moldau: Genervt von der Synchronisation
> Die meisten Menschen in Moldau sprechen Rumänisch. Trotzdem zeigen die
> wenigen Kinos des Landes fast ausschließlich russisch synchronisierte
> Filme.
Bild: „Oppenheimer“ läuft in den meisten Kinos von Moldau russisch synchro…
Chișinău taz | Erst drei Wochen nach dem offiziellen Start des lang
erwarteten Films „Oppenheimer“ über den Erfinder der Atombombe habe ich es
geschafft, ihn in der Originalfassung mit rumänischen Untertiteln zu sehen.
Schneller wäre es gewesen, ihn in der russisch synchronisierten Fassung zu
sehen. Aber das ist in Moldau, wo Rumänisch schon seit dreißig Jahren
Staatssprache ist, ziemlicher Quatsch.
Die Fassung mit rumänischen Untertiteln wurde einmal täglich im kleinsten
Saal des größten Kinos der Republik Moldau gezeigt, und die Karten waren
natürlich bereits Tage vor der Vorführung ausverkauft. In der gleichen Zeit
lief der russisch synchronisierte Film fünfmal täglich in den größten
Kinosälen, völlig ungeachtet der Tatsache, dass dort fast keine Zuschauer
saßen.
Das Kino ist Teil der einzigen Kinokette des Landes, die das Monopol auf
dem moldauischen Kinomarkt hat und sich in Privatbesitz befindet. Von Ende
der 1990er Jahre und bis vor Kurzem hieß die Kette „Patria“, was übersetzt
„Heimat“ bedeutet. Keine Ahnung, in welchem Land die Besitzer dieser Kette
Patrioten waren, denn bis 2010 zeigten die „Heimat“-Kinos ausschließlich
Filme in russischer Sprache. Und das, [1][obwohl Russisch nicht mehr den
offiziellen Status einer Staatssprache hatte] und für den Großteil der
Menschen im Land nur die zweite Umgangssprache nach Rumänisch war.
## Publikum schon lange unzufrieden
Diese unangemessene Kino-Situation führte offenbar zu Unzufriedenheit und
2010 schließlich zu einer Kampagne gegen russisch synchronisierte Filme,
und diese Kampagne am Ende zu einer Gesetzesinitiative, die alle
Kinobetreiber dazu verpflichtete, Filme auf Rumänisch zu zeigen.
Der damalige Eigentümer der „Heimat“-Kinos, ein zwielichtiger Geschäftsma…
und Vorsitzender einer politischen Partei, die für den Eintritt Moldaus in
eine Zollunion mit Russland, Belarus und Kasachstan eintrat, war dagegen.
Und da die Kinos ja sein Privatbesitz waren, zeigte er dort auch weiterhin
ausschließlich russisch synchronisierte Filme.
## Kinokette „Heimat“ bleibt russisch
Seitdem sind fast zehn Jahre vergangen. Die Kinokette „Heimat“ hat ihren
Namen geändert und auch ein paar Mal den Besitzer. Nur eins blieb
unverändert: Weiterhin dominiert die russische Sprache die Kinosäle,
aufgrund „mangelnder Nachfrage“ nach Filmen im Original mit rumänischen
Untertiteln, wie sie behaupten.
In den letzten drei Jahrzehnten hat Moldau fast 98 Prozent seiner Kinos
verloren. Zu sowjetischen Zeiten gab es mehr als 600 Kinos im Land, die
damals vor allem der [2][Propaganda und der Verbreitung der russischen
Sprache dienten].
Ich habe mir den Film erst angesehen, nachdem ein Journalist mit einem
Artikel den Kinobesitzer davon überzeugen konnte, [3][den Film
„Oppenheimer“] im Original mit rumänischen Untertiteln in großen Sälen zu
zeigen. Alle Plätze waren besetzt.
Doch das hat den Kinobesitzer nicht davon überzeugen können, seine Politik
generell zu ändern. Der letzte Neustart in diesem Herbst, der Film „The
Creator“, wird viermal am Tag auf Russisch in den größten Sälen gezeigt und
nur zweimal täglich im Original mit rumänischen Untertiteln. Und natürlich
nur in den kleinen Sälen.
Aus dem Russischen [4][Gaby Coldewey]
Finanziert wird das Projekt von der [5][taz Panter Stiftung].
Ein Sammelband ist im Verlag [6][edition.fotoTAPETA] erschienen.
9 Nov 2023
## LINKS
[1] /Dekolonisierung-in-der-Republik-Moldau/!5922182
[2] /Verbot-prorussischer-Partei-in-Moldau/!5939005
[3] /Christopher-Nolans-Film-Oppenheimer/!5945288
[4] /Gaby-Coldewey/!a23976/
[5] /!vn5941022/
[6] https://www.edition-fototapeta.eu/
## AUTOREN
Daniela Calmîș
## TAGS
Kolumne Krieg und Frieden
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Republik Moldau
Kinokultur
Dekolonisierung
Sprache
Republik Moldau
Osteuropa – ein Gedankenaustausch
Stalin
Osteuropa – ein Gedankenaustausch
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ökodorf in der Republik Moldau: Trockenklo und Zukunftslust
Moldau gilt als ärmstes Land Europas. Trotzdem setzen sich hier immer mehr
Menschen für den Klimaschutz ein. Etwa in dem Ökodorf EcoVillage Moldova.
Kuratorin über Krieg und Kunst: „Der Ukraine-Krieg verändert alles“
Eine Ausstellung im Berliner Kunstverein KVOST bringt Künstler aus
Georgien, der Ukraine und Belarus zusammen. Ein Gespräch mit der Kuratorin
Marija Petrovic.
Deportationen aus Moldau in Gulags: Geschichte, die nicht vergeht
Unter Stalin wurden Zehntausende verschleppt. Eine Ausstellung erinnert an
ihr Schicksal. Der russische Botschafter spricht von „Russophobie“.
Erinnerungskultur in Moldau: Der Tag des Sieges hat ausgedient
Die Republik Moldau gedenkt künftig der Opfer des 2. Weltkrieges am 8. Mai.
Dabei geht es auch um Versöhnung und Abgrenzung von der Sowjetunion.
Postsowjetischer Dekolonisierungskampf: Der Geschmack der Freiheit
Der Wein Freedom Blend wird mit Rebsorten aus Moldau, Georgien und der
Ukraine produziert. Er symbolisiert den gemeinsamen Freiheitskampf der
Staaten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.