# taz.de -- Aufarbeitung rechtsextremen Terrors: NSU-Projekte sollen Geld krieg… | |
> Die Ampel plant ein NSU-Dokumentationszentrum und Rechtsterror-Archiv, | |
> bisher fehlte aber Geld. Das soll es nun doch geben, trotz | |
> Haushaltssperre. | |
Bild: Für das Zentrum zum Gedenken an die Opfer des NSU soll es Geld geben | |
BERLIN taz | Die Ansage der Ampel im Koalitionsvertrag war klar: Man werde | |
[1][die NSU-Aufklärung „energisch vorantreiben“]. Versprochen wurden ein | |
[2][NSU-Dokumentationszentrum und ein Rechtsterror-Archiv]. Nur: Für beides | |
planten die zuständigen Ministerien zuletzt keine Gelder ein. Nun besserten | |
die Ampelfraktionen nach und stellten für die Projekte doch noch Posten in | |
den Haushalt ein – die auch trotz Haushaltssperre Bestand haben sollen. | |
So soll das geplante [3][Rechtsterror-Archiv] im kommenden Jahr mit 1,8 | |
Millionen Euro finanziert werden. Zuständig dafür ist die Beauftragte der | |
Bundesregierung für Kultur, Claudia Roth (Grüne), die das Archiv digital | |
einrichten will. Bis November 2024 soll es an den Start gehen. Mit dem Geld | |
sollen laut ihrem Haus die technische Infrastruktur bereitgestellt sowie | |
Akten gesichert und digitalisiert werden, die sich in staatlicher oder | |
zivilgesellschaftlicher Hand befinden. | |
Auch für das NSU-Dokumentationszentrum soll es nun 500.000 Euro im | |
kommenden Jahr geben. Das zuständige Bundesinnenministerium von Nancy | |
Faeser (SPD) ließ hierfür zuletzt [4][Gutachten von der Bundeszentrale für | |
politische Bildung] (bpb) erarbeiten. Der Ort und die Ausgestaltung des | |
Zentrums sind jedoch weiterhin offen. Eine Machbarkeitsstudie soll nun bis | |
Ende Februar 2024 vorliegen. | |
Weder das Innenministerium noch die Kulturbeauftragte Roth hatten die | |
Gelder ursprünglich für den Haushalt 2024 vorgesehen. Mit den aktuellen | |
Projektständen seien die Kosten noch nicht bezifferbar, wurde dort erklärt. | |
Initiativen, die sich an den Projekten beteiligen sollen, hatten dagegen | |
[5][feste Finanzzusagen und mehr Tempo] eingefordert. | |
## „Keine Randnotiz“ | |
In der jüngsten Haushaltsbereinigungssitzung des Bundestags stellten die | |
Ampel-Fraktionen die Gelder nun doch ein. „Die Aufarbeitung rechtsextremer | |
Verbrechen und ihrer gesellschaftlichen Umstände ist keine Randnotiz“, | |
sagte die Grünen-Abgeordnete Misbah Khan, die mitverhandelte, der taz. „Sie | |
ist der zentrale Ansatzpunkt, um rechte Gewalt heute zu bekämpfen und | |
gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen.“ Mit den Haushaltsmitteln | |
setze man ein Zeichen: 12 Jahre nach der [6][Selbstenttarnung des NSU] | |
werde die Aufarbeitung des Terrors „weiter institutionalisiert“. | |
Die inzwischen [7][verhängte Haushaltssperre] soll die Projekte nicht | |
tangieren, hieß es am Dienstag aus der Ampel. Aktuelle Staatsausgaben seien | |
nicht betroffen, nur langjährige Verpflichtungsermächtigungen. Geplant ist, | |
die Haushaltsberatung am Donnerstag formal abzuschließen und am 1. Dezember | |
im Bundestag zu verabschieden. | |
Die Grünen-Abgeordnete Khan fordert, dass es dabei bleibt und der Kampf | |
gegen Rechtsextremismus und die ohnehin belastete organisierte | |
Zivilgesellschaft „nicht zum oppositionspolitischen Spielball wird“. | |
Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) | |
müssten schnell für Planungssicherheit sorgen. | |
## Bis zur Realisierung wird es noch dauern | |
Gerade der Weg zum NSU-Dokumentationszentrum ist jedoch noch weit. So legte | |
Sachsen bereits eine Machbarkeitsstudie für ein Zentrum in Chemnitz und | |
Zwickau vor, wo der NSU jahrelang untergetaucht war. Die Familien der | |
NSU-Opfer machten indes zuletzt bei einem Treffen mit der Bundeszentrale | |
für Politische Bildung klar, dass [8][beide Orte für sie „Täterstädte“ | |
seien] und sie für das Zentrum zentrale Metropolen wie Berlin oder München | |
präferierten. | |
Der „Nationalsozialistische Untergrund“ um die Thüringer Neonazis Beate | |
Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt war 1998 abgetaucht und hatte | |
[9][von 2000 bis 2007 zehn Menschen ermordet] und mit drei Anschlägen gut | |
30 Menschen verletzt. 2011 hatten sich Mundlos und Böhnhardt nach einem | |
gescheiterten Banküberfall erschossen und Zschäpe die Bekennerschreiben | |
verschickt, mit denen sich die Gruppe selbst enttarnte. | |
21 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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