| # taz.de -- „Alan Wake II“ ist ein Meisterwerk: Das interessanteste Game de… | |
| > Im Spiel „Alan Wake II“ verschmelzen Medien, Erzählungen, Wahrheit und | |
| > Wahnsinn. Das Game ist das vielleicht beste des Jahres. | |
| Bild: Screenshot aus dem Videospiel „Alan Wake II“ | |
| Zwischen den dichten, idyllischen Wäldern von Bright Falls taucht | |
| FBI-Agentin Saga Anderson tief ein in das Mysterium um einen brutalen | |
| Ritualmord an einem Agenten. Plötzlich steht sie vor Alan Wake – einem | |
| berühmten Autor, der 13 Jahren lange vermisst war. Sie wissen nicht, wie | |
| sie zueinander gefunden haben, doch spüren sie, dass etwas unsagbar Böses | |
| sie jagt. | |
| Das könnte auch eine neue HBO-Serie sein. Doch das Videospiel „Alan Wake | |
| II“ geht viel weiter, als es die meisten Serien könnten. Inspiriert [1][von | |
| der legendären „Twin Peaks“-Serie von David Lynch] verbindet das Spiel eine | |
| Kriminalgeschichte mit übernatürlichen Elementen und wird schnell zum | |
| unverkennbaren Horrorerlebnis. Im ersten Teil von 2010 liefen die | |
| Spieler:innen als Autor Alan Wake durch dunkle Wälder und bekämpften | |
| Schattenwesen, seine eigenen Kreationen, mit der Taschenlampe. Trotz der | |
| atmosphärischen Klasse blieb das offene Ende unbefriedigend. Ein Sequel war | |
| also notwendig. | |
| Dabei ist es ein Wunder, dass es „Alan Wake II“ überhaupt gibt. Der erste | |
| Teil des finnischen Entwicklerstudios Remedy Entertainment war kein großer | |
| Erfolg, zumindest nicht auf Anhieb. Über die Jahre entwickelte sich das | |
| Spiel aber zum Kulthit. | |
| Das neue Spiel beginnt aber nicht mit dem titelgebenden Alan Wake, sondern | |
| mit der FBI-Agentin Anderson. Die fragmentarisch erzählte Geschichte | |
| wechselt ihre Perspektiven, spielt mit Rückblenden, ist mal | |
| anachronistisch, dann wieder chronistisch oder entzieht sich jeglicher | |
| zeitlichen Einordnung. | |
| ## Wahnsinn im Dachgeschoss | |
| Besonders spannend ist die Art, wie das Game mit dem Medium Buch und der | |
| Technik des Erzählens spielt. Als Alan Wake können die Spieler:innen | |
| bestimmte Orte als Teil der Spielmechanik umschreiben. Eine [2][New Yorker | |
| U-Bahn] verwandelt sich dadurch in Echtzeit von einem Unterschlupf zur | |
| Gebetsstätte eines Kults oder zum Portal in ein neues Level. So werden | |
| nicht nur Rätsel neu gestaltet, sondern es wird auch Alan Wake bei der | |
| Arbeit gezeigt. | |
| Der wandelt auf einem schmalen Grat zwischen Wahnsinn, Realität, Fiktion | |
| und Dunkelheit. Die Spieler:innen begleiten ihn zuweilen auch bei einem | |
| neuen Buchprojekt. In einem Dachgeschosszimmer zeichnet Wake Figuren und | |
| Handlungsstränge auf eine Tafel, nur um dann doch wieder in Ungewissheit zu | |
| versinken. | |
| ## Immer ein neues Bild | |
| Das Werk des Autors scheint mächtiger zu sein als sein Schöpfer und Wake | |
| fürchtet sich vor seinen eigenen Seiten. Trotz der Übernatürlichkeit wirken | |
| die Verzweiflung und die Hilflosigkeit von Alan Wake äußerst real, auch | |
| dank der Performance des finnischen Schauspielers Ilkka Villi. | |
| All das macht „Alan Wake II“ zu einem der interessantesten Games des | |
| Jahres: das Spiel mit dem eigenen Medium, der Mix aus Film- und | |
| Spielszenen, die bedeutsame Rolle der Literatur, der Wahnsinn der | |
| Charaktere, die kreativen Rätsel und die kaptivierende Geschichte, die | |
| digitale wie reale Figuren nicht loslässt, sondern immer weiter in sich | |
| hineinzieht. | |
| Es ist ein [3][Kaleidoskop], das gerade dann, wenn die Spieler:innen | |
| meinen, es durchschaut zu haben, ein neues Bild präsentiert. | |
| 31 Oct 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Seng | |
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