| # taz.de -- Spielen und Sprechen: Es geht um Verständnis | |
| > Im Game „Chants of Sennaar“ muss man sich durch die Sprachen und | |
| > Geschichten rätseln. Wer an den Turmbau zu Babel denkt, ist gut dabei. | |
| Bild: Nicht fressen lassen: Chants of Sennaar | |
| Jetzt steh ich da, eine gesichtslose Figur in rotem Umhang, frisch aus | |
| einem goldenen Sarg geschlüpft, in einem von Kanälen durchzogenen Raum und | |
| – ich stecke fest. | |
| Da quatscht mich plötzlich eine andere Figur an. Nur verstehen kann ich sie | |
| nicht. Die Schriftzeichen in ihrer Sprechblase sind mir komplett fremd. Der | |
| erste Ausdruck – also zumindest falls es hier nett zugeht – könnte das ein | |
| „Hey da!“ sein? Die Person drückt einen Hebel runter und plötzlich fließt | |
| Wasser ab. Danke! Ab hier arbeiten wir zusammen. Denn auf der untersten | |
| Ebene von „Chants of Sennaar“ ist noch alles ganz nett. Sanft nimmt das | |
| Game Spieler*innen an die Hand und lässt sie nicht mehr los. | |
| Fünf Stockwerke lang muss ich mich durch den Turm spielen, fünf Völker | |
| kennenlernen und ihre Sprachen entschlüsseln. Angelehnt ist die Geschichte | |
| an den Turmbau zu Babel. Die Völker verstehen sich nicht und bezeichnen | |
| andere im schlimmsten Fall sogar als „Unreine“, die sie mit Waffengewalt | |
| von ihrem Stockwerk fernhalten wollen. | |
| Irgendwann verstehe ich, wer Musik mag und wer um seine eingehenden | |
| Pflanzen trauert. Eine ähnliche Euphorie wie auf Klassenfahrt in Frankreich | |
| das erste Mal wirklich zu verstehen, was die Person, mit der man den halben | |
| Abend getanzt hat, eigentlich sagt. Und manchmal sind die Äußerungen sogar | |
| gehaltvoll. | |
| ## Nicht fressen lassen | |
| Über Sprache lernen wir die Eigenheiten von Menschen kennen, [1][ihre | |
| Realitäten.] So funktioniert das auch bei „Chants“. Hinzu kommt die klare, | |
| einfache Grafik, die aber immer wieder mit Details besticht; und die | |
| Architektur, die sich – wie die fein dudelnde, aber nie nervige Musik – in | |
| jedem Stockwerk ändert, mal nordafrikanisch anmutet, mal an Orwells „1984“ | |
| erinnert. | |
| Ganz nebenbei müssen Spieler*innen Rätsel lösen, sich verstecken und | |
| sollten sich nicht fressen lassen. Aber das ist selbst für Unerfahrene | |
| machbar, wenn man einfach mal anderen Menschen vertraut, die einen durch | |
| ihre Welt führen. | |
| 22 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Johannes Drosdowski | |
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