| # taz.de -- Menschliche Überreste aus Kolonialzeit: Regierung übernimmt Veran… | |
| > Tausende Gebeine landeten durch kolonialem Raub in deutschen Museen. Nun | |
| > finanziert die Regierung zwei Projekte zu ihrer Rückführung. | |
| Bild: Mahnwache vor der Französischen Friedrichstdatkirche anlässlich einer �… | |
| Es ist ein weiterer Schritt der kolonialen Aufarbeitung. Der | |
| Haushaltsausschuss will zwei Projekte finanzieren, die die Rückführung | |
| menschlicher Gebeine unterstützen. Mitgenommen als Kriegstrophäen und für | |
| rassistische Forschung liegen in Ausstellungshallen deutscher Museen, in | |
| Kisten der Depots und in Hochschulen liegen Tausende menschliche Gebeine | |
| und Schädel aus ehemaligen Kolonien. | |
| Diese werden von Fachleuten weithin als „human remains“ bezeichnet. Wie | |
| viele genau es sind und wer diese Menschen waren, ist weitestgehend | |
| unbekannt. Die Herkunft und Namen herauszufinden, ist ein langwieriger | |
| Prozess. | |
| Für betroffene Communitys ist es unabdingbar, ihre Vorfahren zurück in ihre | |
| Heimat zu bringen und sie dort nach ihren Traditionen zu bestatten. | |
| [1][Europa habe viel Unheil] über seine Kolonien gebracht, sagt der | |
| Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen Andreas Audretsch der taz, der den | |
| Antrag mit vorantreibt. | |
| ## Unrecht aufarbeiten | |
| Was [2][im Unrecht genommen wurde], müsse zurückgegeben werden. Und das | |
| kostet. „Wir nehmen unsere historische Verantwortung ernst“, so Audretsch. | |
| Um die Rückführungen zu ermöglichen, solle für die nächsten 4 Jahre ein | |
| Fonds mit 2,4 Millionen Euro eingerichtet werden. Mit der Verwaltung soll | |
| das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste beauftragt werden. | |
| Hinzu kommen soll eine weitere Viertelmillion, um eine internationale | |
| Museumsagentur zu planen. „Wir schaffen jetzt endlich eine zentrale | |
| Anlaufstelle, um den Austausch mit Angehörigen und damit die Rückgabe an | |
| die Nachkommen der Opfer zu erleichtern“, sagt die grüne | |
| Haushaltspolitikerin Jamila Schäfer. | |
| Nachfahren sollen sich an diese wenden können, wenn sie Gebeine ihrer | |
| Vorfahren finden möchten. Die Agentur soll erstmals ein zentrales Verfahren | |
| entwickeln. Bislang verteilte sich die Verantwortung auf Museen, | |
| Institutionen, Bundesländer und die Bundesebene. | |
| ## Betroffene müssen eingebunden werden | |
| Ungeklärt ist, inwieweit Nachfahren ein Mitspracherecht haben werden. Dabei | |
| sei das wichtig, sagt Isabelle Reimann: „Menschliche Gebeine kann man nicht | |
| besitzen.“ Wie mit ihnen verfahren werde, könne nicht von den Institutionen | |
| der ehemaligen Kolonialmacht ohne Einbeziehung der Angehörigen entschieden | |
| werden. Reimann verfasste 2022 ein wissenschaftliches Gutachten zum Bestand | |
| menschlicher Überreste aus kolonialen Kontexten in Berlin, das in der | |
| Publikation „We want them back“ veröffentlicht wurde. | |
| Darin fordert sie ein „advisory board“ aus Nachfahren und Profis für | |
| Repatriierung. Der taz sagt sie: „Zusammen mit Betroffenen müssen | |
| Verfahren entwickelt werden, wie es bereits in der Erklärung der indigenen | |
| Rechte gefordert wurde. Es ist wichtig, Angehörige miteinzubeziehen, auch | |
| darin, welche Entscheidungsstrukturen und Institutionen aufgebaut werden.“ | |
| Mit der Bereitstellung der finanziellen Mittel übernimmt der Bund größere | |
| Verantwortung für die Rückführung menschlicher Überreste. Dies könnte ein | |
| erster Schritt sein, das Versprechen von Bundespräsident Frank-Walter | |
| Steinmeier (SPD) wahrzumachen: die Schädel getöteter Widerstandskämpfer | |
| zurückzugeben. „Wir werden tun, was in unserer Macht steht“, sagt er Anfang | |
| November bei seinem Besuch in Songea im Süden Tansanias. Steinmeier | |
| entschuldigte sich dort für [3][deutsche Kolonialverbrechen]. | |
| 17 Nov 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Adefunmi Olanigan | |
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