# taz.de -- Kritische Rohstoffe: Überheblich und schlafmützig | |
> Für Erneuerbare sind mehr Metalle nötig als bei der Nutzung von Gas und | |
> Öl. Die Industrie hat Chancen zur sicheren Rohstoffversorgung versäumt. | |
Bild: Arbeiter beim Abbau seltener Erden in der Provinz Jiangxi in China | |
Nein, was meckern und motzen sie derzeit. Das Fernsehen, die sozialen | |
Netzwerke, die Podien sind voll von Unternehmer:innen, die sich an der | |
schlechtesten Bundesregierung aller Zeiten abarbeiten. Zu viel Bürokratie, | |
zu viele Verbote, die falschen Anreize, das Unternehmertum: abgewürgt! | |
Eine kleine, unscheinbare EU-Verordnung kickt den Problemball jetzt aber | |
mit Schmackes ins Feld der Wirtschaft, und offenbart die ungute Mischung | |
aus Überheblichkeit und Schlafmützigkeit, die in vielen Chefetagen | |
herrscht. Zum „[1][Critical Raw Materials Act]“, also zu der Verordnung | |
über kritische Rohstoffe, musste sich die EU ja nur deswegen aufgerufen | |
fühlen, weil die Chefeinkäufer in den Unternehmen seit Jahren nur darauf | |
achten, möglichst preisgünstig auf dem Weltmarkt Rohstoffe einzukaufen. | |
Jedes Mal, wenn es dort Erschütterungen gibt, rufen sie laut nach | |
staatlicher Hilfe. Und machen so weiter wie zuvor, wenn sich die Lage | |
beruhigt hat. Seit die chinesische Regierung vor mehr als zehn Jahren | |
erstmals offen gezeigt hat, dass sie den Export von Rohstoffen als | |
Machtfaktor betrachtet, hat es zahlreiche Initiativen zur [2][sicheren | |
Rohstoffversorgung] gegeben: Minenprojekte in Kalifornien und Australien, | |
millionenschwere staatliche Forschungsförderung für Recycling und | |
Substitution in Europa und bergeweise Konzepte für die Schaffung von | |
Sekundärrohstoffmärkten. | |
Die Industrie hat nichts daraus gemacht, billig war immer besser als | |
nachhaltig. Nachhaltig hier mal ganz klassisch im Sinne der Forstwirte | |
verstanden: einen Rohstoff so nutzen, dass die beständige Versorgung damit | |
sichergestellt ist. Nicht einmal das haben die Unternehmen bislang alleine | |
hinbekommen, sondern zugelassen, dass sie von wenigen, [3][politisch schwer | |
kalkulierbaren Staaten abhängen]. | |
Was man den lautstarken Wirtschaftsführern also wünschen möchte, ist Demut. | |
Demut vor den eigenen Versäumnissen in Bezug auf sichere Lieferketten und | |
erst recht vor den Fehleinschätzungen über die ökologischen Folgen ihres | |
unternehmerischen Handelns. | |
15 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://single-market-economy.ec.europa.eu/sectors/raw-materials/areas-spec… | |
[2] /Metalle-werden-knapp/!5933152 | |
[3] /Abhaengigkeit-von-Rohstoffen/!5885948 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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