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# taz.de -- Kinotipp der Woche: Kurz mal abschalten
> Widerständiges Schlafen, Ethik des Filmemachens: Das Interfilm Festival
> feiert den Kurzfilm. Nebenbei tritt das Publikum zum Synchronkaraoke an.
Bild: Schlafen ist auch Arbeit: „Powernapper's Paradise“ (R: Samir Arabzade…
Selig schläft der Wachmann vor der Tür, während er auf der Tonspur von
seiner Wahrnehmung im Schlaf berichtet. Regisseur Samir Arabzadeh ist 2009
aus Schweden in die Philippinen übersiedelt. Eines der ersten Dinge, die
ihm auffielen, war, dass viele Menschen auf der Arbeit schlafen. „Warum
schlafen alle? Warum bin ich wach?“ Arabzadehs Kurzdokumentation
„Powernapper's Paradise“ geht Fragen nach, die sich der Regisseur
angesichts dieses Phänomens stellt.
Der Film zeigt Menschen an Blumen- und Snackständen, im Büro und in
Nähereien und befragt sie zu ihren Vorlieben beim Dösen und der Akzeptanz
der Erholungspausen. Die Kommentare reichen von Verweisen auf die Tradition
der Siesta als Relikt der spanischen Kolonisierung bis zur Deutung als
alltägliche Widerständigkeit: „Wenn ich 10 Pesos pro Stunde bekomme,
arbeite ich auch nur für zehn Pesos, also höchstens für eine halbe Stunde.“
„Powernapper's Paradise“ eröffnet ausgehend von einem alltäglichen Phäno…
einen Einblick in Arbeitskulturen, die den Fokus auf Unterschiedliche
Konzepte richtet.
Arabzadehs Film ist Teil des Dokumentarfilmwettbewerbs der diesjährigen,
39. Ausgabe des [1][Kurzfilmfestivals Interfilm]. In sechs Kinos und an
einer Handvoll sonstiger Spielorte zeigt das Festival ab Dienstag, den 14.
11., in über 50 Programmen mehr als 300 Kurzfilme.
Gleichermaßen interessiert und irritiert guckt eine Familie Bären in die
Kamera. Über Jahrzehnte hinweg hat ein Schweizer Amateurfilmer in Kanada
und Russland Tieraufnahmen gemacht mit dem Ziel die Aufnahmen zu einem
Langfilm zu montieren. Dazu ist es nie gekommen und schließlich hat der
Amateurfilmer sein Material der Filmemacherin Morgane Frund überlassen.
Beim Sichten stellt Frund fest, dass es neben den Naturaufnahmen unzählige
voyeuristische Aufnahmen von Frauen gibt.
Als die Filmemacherin den Amateurfilmer mit der Entdeckung konfrontiert,
entschuldigt dieser sich. Eine Entschuldigung, die die Filmemacherin ratlos
zurück lässt. „Ich weiß nicht, was ich mit seiner Entschuldigung anfangen
soll. Wenn sich jeder Mann auf der Welt für seinen Blick entschuldigen
würde, würde das das Problem lösen?“ „Ours“ dokumentiert eine
Auseinandersetzung über übergriffige Aufnahmen, männlichen Blick und
Ethiken des Filmemachens.
## Faschistisch in MeckPomm
Als ihre Tochter krank wird, weiß sich Freya nicht mehr anders zu helfen
und bringt ihre Tochter in ein Krankenhaus, ein Tabubruch für die
Neonazikommune in Mecklenburg-Vorpommern, in der die Mutter lebt. In
kürzester Form ruft Benjamin Kramme in seinem kurzen Spielfilm „Erlkönigin�…
die Radikalität faschistischer Siedlungskultur in Erinnerung, die sich in
Deutschland etabliert hat.
Auch in der 39. Ausgabe ist Interfilm wieder eine [2][Fundgrube für
Zuschauer_innen mit Liebe zum Kurzfilm] und eine Möglichkeit zur Bekehrung
für alle, die Kurzfilme noch nicht lieben. Längst ist das Festival mehr als
reine Plattform für Kurzfilmprogramme. Neben dem Filmprogramm bietet
Interfilm Workshops und eine ganze Reihe spielerischer Formate von
Synchronkaraoke bis Cine-Bingo.
Und überhaupt: noch bevor Interfilm überhaupt loslegt, hat das
[3][Schwesterfestival Kuki], das junge Kurzfilmfestival schon längst
begonnen, begeistert Zuschauer_innen ab vier Jahren und begleitet das
Festival mit einem Filmbildungsprogramm von dem viele größere Festivals bis
heute nur träumen können. Lange Rede, kurzer Sinn. Egal wie alt, wer diese
Woche in Berlin ist: auf, auf zu Interfilm und Kuki!
14 Nov 2023
## LINKS
[1] https://www.interfilm.de/
[2] /Berliner-Kurzfilmfestival-laeuft-online/!5723450
[3] https://www.interfilm.de/kuki-festival/
## AUTOREN
Fabian Tietke
## TAGS
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