| # taz.de -- Greta Thunberg und der Nahostkonflikt: Die Schubladen klemmen | |
| > Sind die Guten plötzlich die Bösen und die Bösen die Guten? Vielleicht | |
| > sind unsere Kategorien einfach nicht mehr zeitgemäß. | |
| Bild: Ist der Kampf für eine gerechtere Welt wirklich antisemitisch? | |
| Der Nahostkonflikt wirbelt gerade alte Gewissheiten gehörig durcheinander. | |
| Da stellt sich Greta Thunberg in Amsterdam auf die Bühne einer gigantischen | |
| Klimademo und ruft, [1][es gebe keine Klimagerechtigkeit in einem besetzten | |
| Land] – trägt dazu nicht nur ein Palästinensertuch, sondern umgibt sich | |
| auch noch mit zweifelhaften Mitstreiter:innen. | |
| Nahezu zeitgleich reiht sich Marine Le Pen mit ihrem rechtsextremen | |
| Rassemblement National [2][in Paris bei einer Demo gegen Antisemitismus | |
| ein]. | |
| Wird Thunberg damit endgültig zur „Persona non Greta“, die die von ihr | |
| maßgeblich angestoßene Klimabewegung in die Krise stürzt? Und gehört Marine | |
| Le Pen jetzt plötzlich zu den Guten? | |
| Eins ist sicher: Die alten Schubladen klemmen, sie passen nicht mehr | |
| richtig. Aber hilft es, dann alle möglichst schnell in neue zu stecken? | |
| Im Gegenteil. Das zeigt ja schon der Blick nach Paris. Rechtsextreme | |
| werden nicht zu Gutmenschen, bloß weil sie sich als Antiantisemiten | |
| gerieren, um so ihren antimuslimischen Rassismus zu begründen. Das ist mehr | |
| als durchschaubar. | |
| ## Puh. Schwierig | |
| Und Thunberg? Puh. Schwierig. Ihre Parole „No climate justice on occupied | |
| land“ ist heftige Israel-Kritik, die man nicht teilen muss. Aber | |
| antisemitisch? | |
| Nein. Sie ist vielmehr ihre Konsequenz aus einem anderen Slogan, den | |
| Fridays for Future weltweit vor sich herträgt: [3][„System change, not | |
| climate change“]. Systemwechsel statt Klimawandel. Was ja nichts anderes | |
| heißt als: Für den Kampf für eine gerechtere Welt und gegen den Klimawandel | |
| müssen Machtverhältnisse neu geordnet werden. Weltweit. Also auch in | |
| Israel. Auch in Gaza. | |
| Dennoch ist Thunbergs einseitige Positionierung fatal. Denn sie führt in | |
| der aktuellen Lage überhaupt nicht weiter. Das Problem ist ja: Klimawandel | |
| ist nun wahrlich nicht der entscheidende Punkt im Nahostkonflikt. | |
| Auf die ohnehin kaum zu beantwortende Frage, wie angemessen das | |
| militärische Vorgehen Israels in Gaza ist, bietet Klimapolitik keine | |
| Antwort. Und um zu wissen, dass das antisemitische Pogrom der Hamas am 7. | |
| Oktober in Israel zweifelsohne zu verurteilen ist, braucht es auch kein | |
| Klimaengagement. | |
| Thunberg treibt mit ihrer Positionierung [4][einen Keil in die | |
| Klimabewegung], statt ihr eigentliches Potenzial zu nutzen. Denn wer sonst | |
| außer genau diese junge, global denkende Bewegung könnte der Motor für eine | |
| von allen Seiten akzeptierte Antikriegsbewegung sein, weil sie nicht | |
| vergisst, dass die Menschheit ein alles überschattendes Problem hat: den | |
| sich weltweit beschleunigenden Anstieg der Temperaturen. | |
| Keine Klimagerechtigkeit ohne Frieden. Aber dabei helfen keine einseitigen | |
| Gewissheiten. | |
| 13 Nov 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gereon Asmuth | |
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