# taz.de -- Kunstsammler Harald Falckenberg ist tot: Ein Kaufmann mit barocken … | |
> Kunst interessierte Harald Falckenberg nicht als spekulative Anlage, | |
> sondern als Anregung. Kurz nach seinem 80. Geburtstag ist er gestorben. | |
Bild: Unternehmer, Jurist, Kunstsammler und Kulturförderer: Harald Falckenberg | |
HAMBURG taz | Einen Monat nach seinem 80. Geburtstag ist am Montag Harald | |
Falckenberg verstorben. Er galt als einer der 200 wichtigsten privaten | |
Kunstsammler weltweit. Angefangen hatte der promovierte Jurist, | |
Verfassungsrichter und Hamburger Unternehmer erst mit 50 Jahren. | |
Kunst als spekulative Geldanlage interessierte ihn nicht. Auch wenn es ihm | |
bei Wiederverkäufen zur Umstrukturierung der Sammlung geholfen hat, die | |
teils in absurde Höhen gestiegen Preise auf dem Kunstmarkt hat er immer | |
kritisiert. Zeitgenössische Kunst ab den 70er- und 80er-Jahren war für ihn | |
wesentlich kritisches und ironisches Material, ihm ging es um größere | |
Werkkomplexe von meist subversiven Künstlern, um Entdeckungen oder | |
Neubewertungen von Außenseitern. [1][Die Sammlung war ein Experimentierfeld | |
für seine eigene Erfahrung], dessen Bedeutsamkeit seit der ersten musealen | |
Präsentation in Leipzig 1999 dann auch anderen eröffnet wurde. | |
Je intensiver Harald Falckenberg sich auf die Kunst einließ, desto mehr | |
reizte es ihn, den Kunstbetrieb mitzugestalten. Er war lange Jahre | |
Vorsitzender des Hamburger Kunstvereins, er publizierte Essays zur Kunst | |
und kuratierte Ausstellungen. Er förderte die Vermittlung, erwarb den | |
[2][Mehrheitsanteil des Merve-Verlages] und sicherte 2008 dem [3][Verlag | |
Philo Fine Arts] mit seiner Fundus-Reihe zur Kunsttheorie das Überleben. | |
Auch wurde er ehrenamtlicher Professor an der Hochschule für bildende | |
Künste. Als Jurist hatte er ein Gespür für subjektives Unrechtsempfinden | |
und überflüssige Regelungen. Er kritisierte die in Berlin gesetzten | |
kunstpolitischen Rahmenbedingungen und forderte beim Kulturgutschutzgesetz | |
und den Steuerregelungen größere Freiheiten. | |
Seit 2007 richtete er [4][in der ehemaligen Phoenix-Fabrik in Harburg] | |
eindrucksvolle Räume für seine Sammlung ein. Alles wurde ab 2011 der Stadt | |
Hamburg als Leihgabe überlassen und von den Deichtorhallen als Außenstelle | |
betrieben. Der Ausstellungsinstitution standen nun im internationalen | |
Leihverkehr auch Tauschobjekte zur Verfügung. Zudem konnte der Ort ein | |
Kristallisationspunkt der Harburger Kulturentwicklung werden mit einem | |
weiteren Kunstverein und Galerien. | |
## Widerständige Kunst als Anregung | |
Für einen Hamburger Kaufmann hatte Harald Falckenberg ungewöhnlich barocke | |
Züge, er war ein scharfgeistiger Gesprächspartner, ein großzügiger | |
Gastgeber, machte Vernissagen zu großen Festen. Im Hintergrund half er | |
nicht nur vielen jungen Talenten mit Rat und Tat und Geld, auch für die | |
Hamburger Kunsthalle beteiligte er sich an der Finanzierung von Ankäufen | |
als Partner der Förderstiftung F&W. | |
Die etwa 2.400 Arbeiten der internationalen zeitgenössischen Kunst | |
verbleiben nun vertragsgemäß nur bis 2032 als Leihgabe bei den | |
Deichtorhallen. Alles Weitere muss Hamburg mit Falckenbergs Erben | |
verhandeln. Es gilt, die Erinnerung zu bewahren, an einen besonderen | |
Kulturförderer, der die Groteske liebte, dem Tabus und übervorsichtige | |
Sprachregelungen ein Grauen waren und der gegen Eventkultur und | |
Marktgeprotze die unkonforme Kunst gerade in ihrer Widerständigkeit als | |
unersetzbar vielfältige Anregung begriff. Für seine Positionierung Hamburgs | |
auf der Weltkunstkarte hätte ihm die Ehrenbürgerwürde zugestanden. | |
11 Nov 2023 | |
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[4] https://www.sammlung-falckenberg.de/ | |
## AUTOREN | |
Hajo Schiff | |
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