| # taz.de -- Zensur wegen BDS-Nähe: Verbote sind hier fehl am Platz | |
| > Die Berliner Kulturverwaltung überlegt, einem Veranstalter die Förderung | |
| > zu entziehen, weil er der „Jüdischen Stimme“ Raum gibt – eine schlechte | |
| > Idee. | |
| Bild: Der „From the river…“-Spruch in abgewandelter Form auf der Pali-Dem… | |
| Demokratie ist kompliziert, keine Frage. Man kann missliebige Meinungen | |
| nicht einfach verbieten, weil sie einem nicht gefallen. Den berühmten | |
| Andersdenkenden einen Platz im öffentlichen Raum zu verwehren geht nur in | |
| absoluten Ausnahmefällen, etwa wenn sie die Demokratie abschaffen wollen. | |
| Weil das so ist, und weil es gut so ist, ist es falsch und gefährlich, wenn | |
| die Kulturverwaltung einem von ihr geförderten Veranstaltungsort mit | |
| Geldentzug droht, weil der eine Veranstaltung der „Jüdische Stimme für | |
| einen gerechten Frieden in Nahost“ gehostet hat. Man muss nicht der Meinung | |
| sein, dass die „Jüdische Stimme“ recht hat mit ihrer Meinung, Israel sei | |
| ein Apartheidstaat. | |
| Und man muss auch nicht gutheißen, was bei der Veranstaltung am Samstag im | |
| Oyoun in Neukölln so alles gesagt wurde. So ist die Autorin dieses | |
| Kommentars absolut nicht einverstanden mit der Darstellung des | |
| Hamas-Terrors vom 7. Oktober als „Angriff“ von „Milizen“, was eine | |
| ungeheuerliche Verharmlosung dieser staatlich organisierten Gräuel ist. | |
| Aber die Meinungen aus dieser Gruppe und ihrem Umfeld sind meilenweit davon | |
| entfernt, gegen das Grundgesetz zu verstoßen und verbotswürdig zu sein. | |
| Auch die BDS-Kampagne, die die Kulturverwaltung als Argument ins Feld | |
| führt, ist nicht verboten. Es gibt gute Gründe, sie antisemitisch zu nennen | |
| und zu kritisieren, aber die Tatsache, dass einzelne Mitglieder der | |
| Jüdischen Stimme die Kampagne unterstützen, ist kein Grund, ihre | |
| Veranstaltungen zu verhindern. | |
| ## Verbots-Furor schadet der Demokratie | |
| Wo kommen wir also hin, wenn die Verwaltung anfängt, politisch missliebige | |
| Veranstaltungen zensieren zu wollen? Die Absurdität des Versuchs wird | |
| offenkundig, wo sogar Veranstaltungen, die die Linke Neukölln | |
| mitorganisiert, ins Visier der – seinerzeit selbst links geführten – | |
| Kulturverwaltung geraten. Will man damit sagen, dass die Linke Neukölln | |
| Positionen vertritt, die den demokratischen Rahmen sprengen? | |
| In diesen Zeiten des Krieges und Hasses beklagen viele Menschen zu Recht, | |
| dass es kaum noch Raum gibt für Offenheit und gegenseitiges Zuhören. | |
| Natürlich muss man hart gegen Antisemitismus vorgehen, solche Taten | |
| bestrafen und jüdische Einrichtungen schützen. Aber der Furor, mit dem | |
| derzeit alles verboten wird – oder man versucht zu verbieten –, was | |
| möglicherweise antisemitisch sein könnte, ist der Sache der Demokratie | |
| nicht dienlich. Auch die palästinensische Seite braucht einen Raum für ihre | |
| Trauer, Wut und Sicht. Solange sie nicht das Kalifat ausrufen will, sollte | |
| sie den bekommen. Auch sie gehört zu uns. | |
| 7 Nov 2023 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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