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# taz.de -- Garton Ash über die Wahl in Polen: „Ein großer demokratischer M…
> Polens Opposition ist es gelungen, eine unfaire Wahl zu gewinnen, sagt
> der Historiker Timothy Garton Ash. Gelingt ein reibungsloser
> Machtwechsel?
Bild: „Nichts weniger als die Wiederherstellung der liberalen Demokratie“, …
taz: Herr Ash, die liberal-konservative Oppositionspartei KO hat bei der
Parlamentswahl in Polen hinzugewonnen. Sie könnte nun mit anderen Parteien
eine proeuropäische Regierung bilden. Was heißt das für das Land?
Timothy Garton Ash: Es bedeutet nichts weniger als die Wiederherstellung
der liberalen Demokratie. Das ist sehr bedeutsam, denn die derzeitige
national-konservative Regierung hat versucht, dem ungarischen Beispiel des
autoritären Politikers Viktor Orbán zu folgen. Sie wollte die Demokratie in
Polen praktisch zerstören. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Wahlausgang
kaum zu unterschätzen. Er zeigt uns, dass Parteien, wenn sie gut genug
sind, auch eine unfaire Wahl gewinnen können. Denn dies war keine faire
Wahl.
Warum?
Weil die öffentlich-rechtlichen Medien in Polen, vor allem der Staatskanal
TVP, Propaganda für die regierende PiS gemacht haben. Dazu wurde auf
Plakaten und in Social Media eine lächerliche Kampagne zugunsten der
Regierungspartei betrieben. Zudem wurden die Grundrechte von Frauen,
Minderheiten und Gerichten angetastet. Aber auch wenn die Wahlen unfair
waren, sind sie ein großer demokratischer Moment. Der Ausgang ist [1][auch
für Europa sehr wichtig], denn er bedeutet, dass die Polen bald wohl
[2][eine Regierung haben werden, die wieder proeuropäisch ist] und fest an
der Seite der Ukraine steht.
Vor ein paar Wochen hatte die PiS-Regierung gesagt, dass es keine weitere
militärische Unterstützung für die Ukraine geben werde. Sie sind Experte
für Osteuropa: Was bedeutet der Sieg der Opposition für [3][den Krieg in
der Ukraine]?
Ehrlich gesagt glaube ich, dass sich die PiS in dem Punkt von den
autoritären Führern in Ungarn und in der Slowakei mit Robert Fico
unterscheidet. Letztere sind wirklich prorussisch. Beim polnischen Fall
denke ich, dass die alte Regierung ihre Unterstützung für Kyjiw eher wegen
des Wahlkampfs aufkündigte. Ihr Verhalten war taktisch. Ich denke, dass die
künftige polnische Regierung absolut wieder an den europäischen Mainstream
anschließen wird, auch mit Blick auf die Ukraine. Und sie werden diese
wahnsinnige antideutsche Propaganda beenden, die ein wichtiger Teil der PiS
ist.
Was bedeutet dies alles für den liberalen, europäischen „Way of Life“ in
Polen, die unterdrückten LGBT-Rechte, für gefährdete Minderheiten? Brüssel
hat Warschau wegen des Abbau des Rechtsstaats durch die PiS viele Gelder
eingefroren.
Was wir nicht wissen, ist, wie viele Milliarden die alte polnische
Regierung bereits für Wahlkampfgeschenke ausgegeben hat, für billiges
Benzin, höhere Renten und Kindergeld. Mit anderen Worten, wir kennen den
aktuellen Zustand der öffentlichen Finanzen überhaupt nicht. Aber ich hoffe
natürlich, dass die EU die vielen Milliarden an EU-Mitteln, die sie
zurückgehalten hat, sehr schnell freigeben wird.
Es gibt einige Bedenken hinsichtlich eines demokratischen Machtwechsels, ob
dieser friedlich und rechtmäßig verlaufen wird. PiS-Chef Kaczyński sagte,
der reibungslose Regierungswechsel könnte ein Problem darstellen.
Es wird ein Problem werden, weil Teile des Staates von der PiS stark
vereinnahmt worden sind. Teile der staatlichen Verwaltungsinstitutionen,
die Zentralbank, Präsident Andrzej Duda und das Verfassungsgericht werden
versuchen, sich der liberalen Opposition zu widersetzen. Denn diese will ja
die ursprüngliche Ordnung wiederherstellen. Wir müssen also aufpassen. Aber
ich denke, dass die liberale und linke Mehrheit, wenn das Wahlergebnis
stimmt, zum Glück groß genug sein dürfte, um das zu verhindern.
18 Oct 2023
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## AUTOREN
Rob Savelberg
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Polen
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