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# taz.de -- Rechtsgutachten und Wahl in Polen: Neue Hoffnung für die Oder
> Polens Vertrag mit Deutschland über den Flussausbau muss neu verhandelt
> werden, so ein Gutachten. Eine neue Regierung in Warschau könnte helfen.
Bild: Ausbauarbeiten auf der polnischen Seite des Grenzflusses Oder im März 20…
Berlin taz | Wie geht es nach der Wahl in Polen mit dem Ausbau der Oder
weiter? Anfang Oktober hatte die Weltbank ihre Kredite zurückgezogen, mit
der Begründung, der Ausbau des polnisch-deutschen Grenzflusses könnte die
Umwelt gefährden. Es geht allein aus dieser Quelle um 460 Millionen Euro:
Zuvor hatte Polens oberstes Verwaltungsgericht SAC im März mit eben dieser
Begründung das [1][„Odra Vistula Flood Protection Project]“ gestoppt, das
Hochwasserschutzprojekt an Oder und Weichsel. Das Gericht reagierte damit
auch auf das große [2][Fischsterben] im Jahr 2022.
Nach dem Urteil hatte im Juni bereits die Entwicklungsbank des Europarats
CEB ihre Finanzierung gestoppt. Und jetzt könnte Herausforderer Donald Tusk
von der liberalkonservativen Bürgerkoalition (KO) vielleicht doch neuer
Regierungschef Polens werden: [3][Mit Koalitionspartnern wie dem
sozialdemokratischen Lewiza-Bündnis ist rechnerisch eine Regierungsmehrheit
möglich.] Lewiza spricht sich gegen die Flussbaupläne aus und hat in ihrem
Programm im unteren Bereich des Flusses einen grenzübergreifenden
Auen-Nationalpark mit Deutschland angekündigt.
Ufer befestigen, Buhnen in die Oder zu bauen, so die Wassertiefe zu
erhöhen, um die Oder zu einer planbaren Schifffahrtsstraße zu machen –
diese Pläne verfolgt die in Warschau seit acht Jahren regierende Partei
Recht und Gerechtigkeit PiS. Grundlage ist der deutsch-polnische
[4][Regierungsvertrag] aus dem Jahr 2015: Bundesverkehrsminister war damals
Alexander Dobrindt (CSU). „Das Abkommen ist nur auf einen kleinen Bereich
der Oder zugeschnitten“, sagt Rechtsanwalt Eric Weiser-Saulin, dessen
Kanzlei im Auftrag der Bündnisgrünen [5][ein Rechtsgutachten] erstellt hat.
Ergebnis: Erstens wird von polnischer Seite massiv gegen das
Regierungsabkommen verstoßen. Zweitens sind Aspekte wie der Klimawandel
oder das Fischsterben nicht vom Vertrag berücksichtigt.
## „Die Oder braucht Ruhe“
„Trotz des gerichtlichen Baustopps arbeiten die Bagger weiter“, sagt die
Brandenburger Landtagsabgeordnete Sahra Damus. Zudem habe das
Rechtsgutachten ergeben, dass gegen europäisches Recht verstoßen wird, etwa
die Wasserrahmenrichtlinie. „Bundesverkehrsminister Volker Wissing muss
reagieren und auf polnischer Seite diese Vertragsverletzung klar benennen“,
so Damus. Der FDP-Politiker aber ducke sich weg.
„Die Oder braucht Ruhe, was dieses getroffene Ökosystem nicht gebrauchen
kann, sind weitere Baumaßnahmen, deren Umweltverträglichkeit nicht
ausreichend geprüft wurde“, erklärt Jan Niclas Gesenhues, umweltpolitischer
Sprecher im Bundestag. Der Verkehrsminister solle mit seinem polnischen
Kollegen den Regierungsvertrag nachverhandeln, was nach Paragraf 16
explizit möglich sei, so Gesenhues: „Die Verantwortung liegt bei Herrn
Wissing.“
Die Kanzlei hatte bereits vor anderthalb Jahren [6][ein Gutachten] im
Auftrag der Bündnisgrünen abgegeben: Demnach sei der Oder-Ausbau „mit dem
europäischen Artenschutzregime nicht vereinbar“, hieß es darin.
Auswirkungen auf den polnischen Buhnenbau hatte das aber nicht.
17 Oct 2023
## LINKS
[1] https://odrapcu.pl/en/strona-glowna-english/
[2] /Fischsterben-in-der-Oder/!5880479
[3] /Parlamentswahl-in-Polen/!5967274
[4] https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B@attr_id%3D%27bgbl…
[5] https://gruene-fraktion-brandenburg.de/publikationen/deutsch-polnisches-abk…
[6] https://www.skakeller.de/fileadmin/user_upload/Gutachten-Oder_GrueneEFA-Bau…
## AUTOREN
Nick Reimer
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