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# taz.de -- World Press Photo Ausstellung in Ungarn: Zutritt für Minderjährig…
> Eine Fotoausstellung, die LGBTIQ-Leben zeigt, geht der erzkonservativen
> ungarischen Regierung zu weit. Ein Gesetz macht das Verbot möglich.
Bild: Die Fotografin Hannah Reyes Morales fotografiert Al Enriquez in ihrer Woh…
Wien taz | Weil einige Fotos [1][„LGBTIQ-Inhalte“] zeigen, hat die
ungarische Regierung am Samstag allen Minderjährigen den Besuch der derzeit
in Budapest gezeigten Ausstellung World Press Photo (WPP) verboten. Die
Ausstellung im Ungarischen Nationalmuseum würde das 2021 verabschiedete
Gesetz zum vorgeblichen [2][Schutz von Kindern und Jugendlichen] vor
„Pädophilie“ verletzen.
Die Vorwürfe beziehen sich auf die von WPP preisgekrönte Fotoserie „Home
for the Golden Gays“ der philippinischen Fotografin Hannah Reyes Morales im
Auftrag der New York Times. Die Serie zeigt eine Wohngemeinschaft älterer
LGBTIQ-Personen auf den Philippinen.
„Das Projekt ist gut umgesetzt, wunderschön fotografiert und stellt die
Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaft erfolgreich in den Mittelpunkt,
anstatt sich der Verzweiflung hinzugeben“, hatte die WPP-Jury geurteilt.
Die beanstandete Ausstellung läuft bereits seit 22. September und endet
diesen Sonntag.
Ins Rollen kam das Verbot infolge einer Beschwerde von Dóra Dúro,
Abgeordnete und Vizepräsidentin der Rechtsaußenpartei Mi Hazánk Mozgalom
(Unsere Heimat). „Wie die LGBTIQ-Minderheit lebt, ist nicht das größte
Problem der Welt“, sagte Dúró zur Associated Press. „Was wir als normal
ansehen und was wir als wertvoll vermitteln, beeinflusst Kinder. Diese
Ausstellung ist eindeutig schädlich für Minderjährige und, glaube ich, auch
für Erwachsene.“
## Orbán fördert eine konservativ-christliche Agenda
Eine Altersbeschränkung ihrer Ausstellungen habe es laut WPP innerhalb der
EU definitiv noch nie gegeben. Selbst weltweit betrachtet waren der 1955
gegründeten und in Amsterdam beheimateten Organisation auf taz-Anfrage
keine vergleichbaren Fälle erinnerlich.
„Ich war überrascht, von dieser Entscheidung zu hören. Diese Bilder
enthalten nichts Explizites oder Beleidigendes“, sagte WPP-Direktorin
Joumana El Zein Khoury. Die Fotoserie sei eine „nachdenkliche und ehrliche
Aufzeichnung des Lebens einer LGBTIQ+ Gemeinschaft“. Die Direktorin
ermutige jeden, sich die Bilder auf der WPP-Website anzusehen und eigene
Schlussfolgerungen zu ziehen.
Ein Sprecher der ungarischen Regierung bekräftigte auf taz-Anfrage die
ursprüngliche Begründung. „Die ungarische Regierung engagiert sich für den
Kinderschutz. Daher hat das Ministerium für Kultur und Innovation, das das
Museum betreibt, die Institution aufgefordert, die Einhaltung des Schutzes
der Familien sicherzustellen.“
Auf taz-Nachfrage, ob es keinen weniger drastischen Weg als ein komplettes
Verbot für Minderjährige gegeben hätte, kam keine Antwort. Das Ungarische
Nationalmuseum berief sich nur darauf, die Vorgaben des Ministeriums
auszuführen.
## Bücher in Plastikfolie, Zehntausende Euro Strafe
Die nationalistische Regierung von Premierminister Viktor Orbán fördert
seit Jahren eine christlich-konservative Agenda. Mit ihrem hoch
umstrittenen „Kinderschutz“-Gesetz verbot sie die „Darstellung und
Förderung von Homosexualität“ auch in Büchern und Filmen, die für unter
18-Jährige zugänglich sind.
Im Sommer musste etwa die Buchhandelskette Lira eine Rekordstrafe von
32.000 Euro zahlen, weil sie den [3][Comic] [4][„Heartstopper“] von Alice
Oseman im Angebot hatte. Darin verlieben sich zwei Teenagerjungs
ineinander. Das Gesetz sieht vor, dass Bücher mit Darstellungen von
Homosexualität in Plastikfolie verpackt verkauft werden müssen, dies war
bei Lira bewusst nicht der Fall. Die Kette will den Strafbescheid „mit
allen rechtlichen Mitteln“ bekämpfen.
3 Nov 2023
## LINKS
[1] /Verfahren-wegen-Diskriminierung/!5781486
[2] /LGBTQ-Referendum-in-Ungarn/!5788749
[3] /Neue-Comics-ueber-Verschwoerungserzaehlungen/!5885282
[4] https://www.tagesspiegel.de/kultur/comics/ungarn-geht-gegen-heartstopper-vo…
## AUTOREN
Florian Bayer
## TAGS
Ungarn
Schwerpunkt LGBTQIA
Fotografie
Pressefreiheit in Europa
Fotografie
Kolumne Fernsicht
Schwerpunkt AfD
Ungarn
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