# taz.de -- Journalist in polnischer Gefangenschaft: Zelle ohne Tageslicht | |
> EU-Abgeordnete fordern die Freilassung des spanisch-russischen | |
> Journalisten Pablo González. Ihm wird Spionage im Dienste Russlands | |
> vorgeworfen. | |
Bild: Oihana Goiriena, die Ehefrau von Pablo Gonzalez, zeigt ein Foto von ihm a… | |
MADRID taz | „Wir sind besorgt über die völlige Schutzlosigkeit von Pablo | |
González, einem europäischen Bürger, dessen Grundrechte systematisch | |
verletzt werden“, schreiben 14 Abgeordnete des Europaparlaments in einem | |
Brief an das polnische Justizministerium. | |
Es geht um den spanischen Journalisten Pablo González. Der junge Mann aus | |
dem Baskenland, der neben dem spanischen TV-Sender La Sexta, der | |
Online-Zeitung Público und dem baskischen Blatt Gara auch für die Deutsche | |
Welle und lateinamerikanische Medien als Freelancer von der Grenze Polens | |
zur Ukraine über die Flüchtlingswelle der ersten Kriegstage berichtet | |
hatte, soll – so die polnische Justiz – im Dienste Putins spioniert haben. | |
Am 28. Februar 2022, keine Woche nach dem Einmarsch der russischen Truppen | |
in die Ukraine, wurde [1][González festgenommen]. Seither wurde seine | |
Untersuchungshaft sechsmal verlängert, ohne dass eine Anklageschrift | |
vorläge. | |
González leidet unter unmenschlichen Haftbedingungen. Seit nunmehr 19 | |
Monaten muss er 23 Stunden am Tag in einer Zelle verbringen, die kaum | |
Tageslicht hat. „Ich habe Pablo in all den Monaten nur zweimal kurz | |
besuchen können“, berichtet seine Frau Ohiana Goiriena. Telefonate oder | |
Videokonferenzen mit Frau und Kindern wurden nicht genehmigt. Selbst das | |
Fernstudium – González sitzt an einer Doktorarbeit – wurde ihm untersagt. | |
## „Kafkaeske Situation“ | |
Die 14 Unterzeichner des Briefes, die aus den Fraktionen der Grünen, der | |
Linken und der Sozialdemokraten stammen, verlangen, dass „so schnell wie | |
möglich ein Gerichtsverfahren mit allen Garantien stattfindet“. Bis dahin | |
müsse González freigelassen werden, um in Spanien auf diese eventuelle | |
Gerichtsverhandlung zu warten. | |
Auf den [2][Vorwurf der Spionage] stehen in Polen bis zu zehn Jahre Haft. | |
Dass es dennoch bisher keine Anklageschrift gibt, zeugt für González’ | |
Anwälte von Mangel an Beweisen. Die polnische Justiz stützt sich darauf, | |
dass González zwei Pässe mit sich führte, einen spanischen und einen | |
russischen. | |
Die Erklärung dafür ist einfach: González wurde 1982 in Moskau geboren und | |
verfügt über die [3][doppelte Staatsangehörigkeit]. Seine Mutter ist die | |
Tochter eines sogenannten Kriegskindes aus Spanien. Diese Kinder wurden | |
einst vor dem Franco-Putsch in die Sowjetunion in Sicherheit gebracht. Als | |
die Sowjetunion zusammenbrach, kamen viele Kriegskinder und deren | |
Nachfahren zurück nach Spanien, so auch Pablos Mutter. | |
Aus Sohn Pavel Rubtsov – mit dem Nachnamen des Vaters – wurde auf dem | |
spanischen Amt Pablo, mit dem Mädchennamen der Mutter. Da González, bevor | |
er an der polnisch-ukrainischen Grenze arbeitete, aus der Ukraine und | |
Russland berichtete, hatte er beide Pässe bei sich. | |
„Wir können nicht ignorieren, dass es keine eindeutigen Vorwürfe gegen ihn | |
gibt, es ist eine kafkaeske Situation“, erklärt der Initiator des | |
Protestschreibens, der spanische EU-Abgeordnete Miguel Urbán. Die 14 | |
Unterzeichner fordern von Spanien und der EU, endlich Druck auf Polen | |
auszuüben. | |
11 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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