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# taz.de -- SPD analysiert Wahlniederlagen: Scholz ist nicht mehr unantastbar
> Die Unzufriedenheit in der SPD wächst, viele fordern vom Kanzler mehr
> Führung ein. Außerdem soll die SPD mehr auf soziale Themen setzen.
Bild: In der SPD gibt es Kritik am Kanzler: Olaf Scholz am 11. Oktober im Bunde…
Berlin taz | In der SPD rumort es. Nach den zwei krachenden Wahlniederlagen
in Hessen und Bayern, die vor allem als Abrechnung mit der Ampel verstanden
wurden, melden sich nun vermehrt Genoss:innen zu Wort, die Veränderungen
fordern: in der Ampelregierung aber auch von Olaf Scholz. Der Kanzler müsse
mehr führen, die Ampel weniger streiten, das sind die Kernforderungen. Und
die SPD soll ihre zurückgelehnte Rolle als unbeteiligte Dritte ablegen.
Dass sich Partei und Fraktion, die bisher stramm und weitgehend kritiklos
hinter „Olaf“ stand nun auch traut, öffentlich Kritik zu üben ist neu.
In der Fraktionssitzung am Dienstag, einer nach Angaben von
Teilnehmer:innen „schonungslosen Aufarbeitung der Wahlniederlagen“,
wurde der Unmut konkret. Die Ampel habe den Wahlkämpfer:innen in Hessen
und Bayern nicht nur nicht genützt, sondern den Wahlkampf erschwert. Die
Außendarstellung der Regierung sei mangelhaft. Und der Kanzler müsse
deutlicher machen, dass er es ist, der die Regierung führt, vor allem dann,
wenn Grüne und FDP mal wieder aneinander geraten. „Wir dürfen nicht nur
Schiedsrichter sein, sondern müssen auch Spielführer werden“, so Ralf
Stegner, stellvertretender SPD-Vorsitzender zur taz.
Noch vor der Fraktionssitzung am Dienstag verschickte die Parlamentarische
Linke, die neben den Seeheimern größte Strömung in der Fraktion, eine
Erklärung, in der sie ebenfalls anmahnte, „dass es aus unserer Sicht nicht
reicht als SPD die Rolle des Moderators in dieser Regierung zu übernehmen.“
Man müsse den Menschen nun ein Gefühl der Sicherheit zurückgeben und ihr
Leben konkret verbessern. Dazu gehörten Lösungen gegen die steigenden
Mieten und für bezahlbare Energie.
Die Parteilinken fordern die ermäßigte Mehrwertsteuer auf Gas und Wärme
erst zum Ende der Heizungsperiode in Frühjahr anzuheben. Außerdem müsste
sich die SPD in den Haushaltsverhandlungen nachdrücklicher für die
sozialstaatlichen Projekte der SPD in dieser Koalition einsetzen.
## Lindner gegen weitere Sozialausgaben
Beides dürfte jedoch genau jenen Streit mit der FDP und ihrem
Finanzminister provozieren, den man eigentlich vermeiden will. Denn
Christian Lindner ist nicht nur dafür, [1][die Mehrwertsteuer auf Gas und
Wärme schon im Januar wieder anzuheben], sondern hatte sich im
ARD-Sommerinterview auch klar gegen zusätzliche Sozialausgaben
positioniert. Ein Grund ist der auf Kante genähte Bundeshaushalt.
Auch in der Migrationsdebatte, neben der kriselnden Wirtschaft das
wichtigste bundespolitische Thema in den Landtagswahlen, deuten sich neue
Auseinandersetzungen an. Die FDP schlägt vor Flüchtlingen künftig kein Geld
mehr auszuzahlen, sondern ihnen nur noch Sachleistungen zu gewähren, ein
Vorschlag hinter den sich neben der Union [2][auch die SPD-geführten Länder
stellen.]
Die erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD Katja Mast ist
zurückhaltend. „Das können die Länder jetzt schon selbst entscheiden, es
ist aber vielleicht kein Zufall, dass es so wenige machen, denn der
Verwaltungsaufwand ist hoch“, sagt Mast am Mittwoch. Sie findet allerdings
auch, die SPD müsse vielleicht noch deutlicher machen, wo man beim Thema
Migration stehe. „Wir wollen weniger irreguläre Migration und damit weniger
Flüchtlinge in Deutschland, aber mehr Arbeitskräfte über reguläre Wege.“
Doch auch diese Haltung wird von links kritisiert. Sarah Mohamed, Mitglied
im Juso-Bundesvorstand, sagte gegenüber der taz, sie nehme ihre Partei
derzeit in der Migrationsdebatte als „sehr mutlos“ wahr. „Die SPD lässt
sich von der aufgeheizten Stimmung treiben. Doch das trägt nur zum
Erstarken der Rechten bei.“
Es bringe nichts die Belastungen für die Kommunen klein zu reden, meint
Mohamed. „Aber der Schwerpunkt muss nun darauf liegen, die Menschen schnell
in Arbeit zu bringen, Beschäftigungsverbote aufzuheben und ihnen
gesellschaftliche Teilnahme zu ermöglichen.“ Zur Ampel sagt sie, die SPD
müsse die Koalition auf Kurs bringen: „Wir sind die stärkste Partei, der
Kurs der Bundesregierung muss jetzt bis 2025 klar sozialdemokratisch sein:
armutfeste Kindergrundsicherung, Mietpreisbremse, Vermögenssteuer und
Erbschaftssteuer sowie eine solidarische Asyl- und Migrationspolitik.“
Die Forderungnach der Aufhebung der Beschäftigungsverbote ist eine, auf die
nun auch die Bundesregierung eingehen will und die in der SPD breit geteilt
wird. „In Ostdeutschland sind viele Menschen dafür, dass Flüchtlinge mehr
Möglichkeiten haben zu arbeiten“, meint Erik von Malottki,
Bundestagsabgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern. Er glaubt, dass es so
gelingen könne, die aufgeheizte Asyldebatte zu drehen. Generell müsse die
SPD aber wieder mehr über soziale Themen reden.
Mit Blick auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr im Osten Deutschlands
mahnt der sächsische Bundestagsabgeordnete Holger Mann, dass man sich auf
die Themen konzentriere müsse, die relevant sind für die Menschen vor Ort:
„Und das sind bei uns in Sachsen die Bildung, der Fachkräftemangel und das
Thema Gesundheitsversorgung.“ Im nächsten Herbst wählen die Menschen in
Thüringen, Brandenburg und Sachsen neue Landtage. Mann meint: „Wir dürfen
nicht zulassen, dass diese Landtagswahl zur kleinen Bundestagswahl wird.“
Aktualisiert und ergänzt am 11.10.2023 um 17:40 Uhr. d. R.
11 Oct 2023
## LINKS
[1] /Mehrwertsteuer-auf-Erdgas-und-Fernwaerme/!5958155
[2] /Verschaerfung-des-Fluechtlingspolitik/!5966003
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
SPD
Landtagswahl in Hessen
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Olaf Scholz
Migration
Soziales
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Ampel-Koalition
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Landtagswahl Bayern
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