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# taz.de -- Neues Indie-Album von Fortuna Ehrenfeld: Musik zwischen Couch und W…
> Das Kölner Indierock-Trio Fortuna Ehrenfeld surft auf seinem neuen Album
> „Glitzerschwein“ knapp am Kitsch vorbei. Liebeskummer wird hymnisch
> besungen.
Bild: Deckungsgleich: Fortuna Ehrenfeld tragen Karo
„Glitzerschwein“, so hieß schon mal ein Lied der Kölner Band Fortuna
Ehrenfeld. „Alles, was knallt, ist angenehm“, sang Martin Bechler darin,
Frontmann und Gesicht der Band, die noch von Jenny Thiele an den Tasten und
Paul Weißert am Schlagzeug begleitet wird. Nun trägt ihr neues Album gleich
noch „Glitzerschwein“ als Titel. So richtig knallt es – bis auf ein paar
Songs – nicht, aber angenehm klingt die Musik trotzdem allemal.
Eher machen Fortuna Ehrenfeld den perfekten Afterhour-Sound, also Musik für
die Stunden, nachdem es bereits geknallt hat. Und wie immer fortunaesk
springt das Album zwischen melancholischen Klavierballaden und
elektronischen Beats zu vermeintlich absurden Sprachspielereien hin und
her. Die Texte entfalten sich zwischen Fast-Ernsthaftigkeit und
Wortspielerei.
Zum Auftakt des Albums kommt der Song „An der Ecke bellt ein Hund“ – eine
Liebeskummer-Ballade, gesungen mit Bechlers rauchig-markanter Stimme. Wie
man das schon von seinen früheren Alben kennt, streift er auch hier wieder
fast den Kitsch und rettet sich dann bei aller Melancholie rechtzeitig
durch Ironie, man könnte auch behaupten: [1][Absurdität]. Der Sänger
schafft dadurch aber eine Atmosphäre von Wehmut und einem hedonistischen
„ist doch eh alles egal“.
## Es wird wieder schnulzig
Schon der zweite Song steht direkt im Kontrast zur Ballade. Sowohl
inhaltlich – sein Titel lautet: „Leck mich am Arsch, amore mio“ – als a…
musikalisch: Sprechgesang, treibender, eingehender Techno-Beat und „Ab geht
die Luzie, die Luzie geht ab“. Lange hält das nicht an. Es wird wieder
schnulzig, oder doch nicht.
Da kommt wieder von irgendwoher eine Strophe die profan absurd wirkt, ein
selbstironischer Bruch, die Textzeile „Ich bin schon wieder traurig und so
träume ich von mir“. Und wenig später wieder Bass und Soundeffekte und der
fast sinnbildliche Spruch: „Wir propagieren den Exzess, auf Wiedersehen
Tristesse.“
Bei „Wir müssen uns bewegen“, reißt die Hörerin der eingängige Beat
tatsächlich zum Tanzen hin, aber eher so gemächlich, gleitend, wie man eben
tanzt, wenn man im Kopf auf dem Weg zwischen Couch und Weltall ist. So
zieht sich das Absurde durch das komplette Album. Blitzt auf in großen
Themen wie Revolution, Exzess, Vergänglichkeit und natürlich Liebe und
alles, was diese mit sich bringt.
## SciFi-Soundeffekte
Richtig tiefgründig wird es aber nicht, das lassen die Songtexte kaum zu.
Stattdessen gibt es immer wieder mal etwas überflüssige englische Einschübe
und vor allem viele unterschiedliche Effekte, bis hin zu Sci-Fi und
Videospielsounds zum Ende einiger Songs. Obwohl die Musik sehr gut
abgemischt ist, würden dennoch etwas sparsamere Soundeffekte der etwas zu
überladenen Musik guttun.
Ansonsten bleibt Fortuna Ehrenfeld so, wie man sie kennt. Die Band, die die
Show liebt und gerne in 150 Euro teuren, blau karierten Schlafanzügen
auftritt, setzt auch in ihrem neuen Album auf Aufmerksamkeit und
entscheidet sich immer noch nicht richtig. Kitschig oder doch progressiv?
Sind sie beides? Sind sie Partyhengste und doch total deprimiert? Ist
Martin Bechlers monotoner Sprechgesang, der mit leichtem Synthesizer-Sound
unterlegt ist, jetzt inhaltslos oder doch tiefschürfend und sprachverliebt?
Erzählt er zwischen gebrochenen Akkorden von Romantik, oder macht er sich
über all das nur lustig? Wer soll das entscheiden? Hörer:Innen bekommen
jedenfalls etwas von allem: mal Kirchenlied-Vibes, mal „We need to go
Maraca“ mit hartem Beat, dann wieder chilliger Sound und Martin Bechlers
raue Stimme im Ohr: „Autobahn heißt Auto fahren, immer gradeaus.“ Da hat er
wohl recht.
10 Oct 2023
## LINKS
[1] /Neues-Album-von-Rockband-Die-Nerven/!5887697
## AUTOREN
Ruth Lang Fuentes
## TAGS
Indiepop
Köln
Neues Album
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Musik
Experimentelle Musik
Köln
Ambient
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