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# taz.de -- Problemzone Fahrradstraße: Rad in schlechter Gesellschaft
> Sie heißen „Fahrradstraßen“, aber hier fahren und parken viele andere
> Verkehrsteilnehmende. Das birgt viele Probleme. Zeit für eine radikale
> Lösung.
Bild: Anlieger frei: Hier auf der Oberwallstraße in Berlin-Mitte soll eine Fah…
„Fahrradstraßen“ sind diese Dinger, vor denen ein blaues Schild mit Fahrrad
steht. Leider ist das Rad auf dem Schild meist in schlechter Gesellschaft:
Direkt darunter ist fast immer ein weißes „Anlieger frei“-Emblem. Oder ein
Auto-und-Motorrad-Piktogramm mit dem Hinweis, dass die auch in der
Radstraße fahren dürfen. Und Lieferwagen natürlich. Und E-Roller. Also
eigentlich alle. Ein Anliegen, [1][Mobilität auszuleben], fühlt schließlich
jeder irgendwie. Und man kann ja nicht gleich überall wohnen, wo man gerade
langfahren will.
[2][Fahrradstraßen] sind also die Straßen, in denen alle fahren dürfen. Und
parken. Denn wer wird den Autofahrenden Parkplätze wegnehmen, wo die ganze
Fahrbahn eh schon irgendwie den Radfahrenden gehört? Die dürfen da ja sogar
nebeneinander fahren! Zumindest in der Theorie.
Praktisch empfehle ich eine kurze Testtour durch eine beliebige
Fahrradstraße. Ich nehme mal die [3][Berliner Linienstraße im Bezirk
Mitte]. Immerhin hat man hier durch beherzte Ein-Richtungs-Führung
zumindest einen Großteil des typischen automobilen
Abkürzungsschleichverkehrs aus der Straße geleitet.
Hier, wie in jeder Fahrradstraße handelsüblicher Bauart, finde ich mich
beidseitig von Stehzeugen eingefasst wieder. Auf der Fahrbahn kann genau
ein Rad pro Richtung sicher fahren – also abzüglich des Raums, den
möglicherweise aufgerissene Autotüren beanspruchen.
## Schwanger und verletzungssensibler im Verkehr
Den Abstand hätte ich früher vielleicht enger bemessen, habe meinen
Miss-Offensiv-Fahrstil aber mittlerweile abgelegt: Der dank Schwangerschaft
durchlebte Crashkurs „Wie bedrohlich fühlt sich mangelnder Überholabstand
auch durch andere Radfahrer an“ hat zu einem verletzungssensibleren
Verkehrsauftritt geführt: Alles, was von hinten nach Kind aussieht, oder
alt, mit Taschen beladen und jedenfalls nicht wie ein Fahrradkurier im
Pausenmodus, überhole ich auch mit Rennrad und Eile nur mit mindestens
einem Meter Abstand.
Das geht in einer [4][Fahrradstraße] ausschließlich auf der Gegenfahrbahn –
also zu Hauptverkehrszeiten gar nicht. Nebenbei werden rechts und links
Autotüren geöffnet, andere Autoinsassen wollen ihr Gefährt erst noch
loswerden und schleichen suchend umher, womit sie den radelnden Rest ins
Stocken bringen.
Soweit das Problem. Und hier die ganz einfache Lösung: Autos dürfen künftig
auch auf Radstraßen nicht mehr geparkt werden – genau wie auf Autobahnen.
Das wäre nur demokratisch: Schließlich hat im Umfeld innerstädtischer
Fahrradstraßen nur eine Minderheit der Anwohner ein Auto (in Mitte sind 818
von 1.000 Menschen autofrei).
Also sollte sich die Mehrheit an einer für sie passenden (leisen, sicheren,
bepflanzten, geruchsneutralen) Infrastruktur erfreuen. Alternativ könnte
ein Drive-In-Day helfen: Dann steigen alle Radfahrenden aufs (Miet-)Auto
um. Die dadurch ausgelösten Staus dürften die Sympathie für
Radinfrastruktur sprunghaft steigen lassen.
23 Sep 2023
## LINKS
[1] /Reform-des-Strassenverkehrsgesetzes/!5938903
[2] /Studie-zu-Autos-in-der-Stadt/!5945157
[3] /Berliner-Mobilitaet-ohne-Auto/!5694552
[4] /Radschnellwege-in-Deutschland/!5933045
## AUTOREN
Kerstin Finkelstein
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