# taz.de -- Einschränkung der Klimabewegung: Fridays kritisieren Razzien | |
> Im Umfeld der Aktivist:innen gab es Durchsuchungen. Aber noch etwas | |
> empört sie: Das neue Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. | |
Bild: Polizisten laden bei einer Hausdurchsuchung im Mai in Berlin-Kreuzberg ei… | |
BERLIN/FREIBURG taz | Die Klimabewegung [1][Fridays for Future] wirft | |
staatlichen Stellen Repressionen gegen Protest vor. „Einen derartigen | |
Umgang mit unliebsamen Protestformen kennen wir aus autoritären Staaten“, | |
kritisierte die Aktivistin Luisa Neubauer. | |
Anlass waren zwei Durchsuchungen bei Firmen, mit denen Fridays for Future | |
seit Jahren zusammenarbeitet. Dabei wurden auch die Adressen von Tausenden | |
Fridays-Unterstützer:innen beschlagnahmt. Zum einen ging es um die Medien- | |
und Grafik-Agentur Zitrusblau in Berlin, zum anderen um die Privatwohnung | |
eines Bühnentechnikers. | |
Die Durchsuchungen fanden bereits im Mai statt, eigentlich im Zuge der | |
Ermittlungen gegen Aktivist:innen der Letzten Generation. Diese hatte | |
das Amtsgericht München angeordnet, die Münchener Staatsanwaltschaft | |
[2][stuft die Gruppe als „kriminelle Vereinigung“ ein] – eine umstrittene | |
Einschätzung, [3][die etwa die Berliner Staatsanwaltschaft nicht teilt]. | |
Beim Versuch, die Zahlungsströme rund um die Letzte Generation | |
aufzuschlüsseln, stieß die Staatsanwaltschaft auch auf den alternativen | |
Finanzdienstleister Elinor Treuhand. Bei diesen unterhaltenen Initiativen | |
wie die Letzte Generation und Fridays for Future, aber etwa auch | |
Schulklassen Gruppenkonten. | |
## Daten von Tausenden Personen beschlagnahmt | |
An einem Tag wurden dort Tausende Transaktionen vom gleichen Konto | |
getätigt, ohne dass nach außen sichtbar war, wer eine Zahlung veranlasste. | |
Da bei einer Transaktion ein Vermerk „2503 Klimastreik München“ zu finden | |
war, schöpften die Ermittler Verdacht und nahmen gleich noch zwei ähnlich | |
große Überweisungen unter die Lupe, die am selben Tag vom selben Unterkonto | |
ausgegangen waren. Zwei Zahlungen gingen an die Kreativagentur, eine an den | |
Bühnentechniker. | |
Bei den Durchsuchungen stellte sich schnell heraus, dass die Zahlungen von | |
Fridays for Future stammten – und nicht von der Letzten Generation. Dennoch | |
wurden noch über 5.000 Daten von Personen beschlagnahmt, die bei der | |
Kreativagentur Flyer und Sticker von Fridays for Future bestellt hatten. | |
Die Firma und der Techniker haben inzwischen Beschwerde gegen die Maßnahmen | |
eingelegt. Die Durchsuchung sei schon deshalb unzulässig, weil bereits ein | |
einfaches Googeln ergeben hätte, dass am 25. März 2022 ein globaler | |
Klimastreik von Fridays for Future stattfand – und es offensichtlich nicht | |
um Straßenblockaden der Letzten Generation ging. Und nachdem das | |
Missverständnis endlich aufgeklärt war, habe erst recht keinerlei Grund | |
bestanden, die Adressen der Materialbesteller:innen zu | |
beschlagnahmen. | |
[4][Philipp Schönberger von Green Legal Impact], die Fridays vor Future | |
juristisch berät, hält die Aktion der Ermittler:innen für | |
„offensichtlich“ rechtswidrig. „Ich kann nur hoffen, dass die Ermittler | |
unfähig waren, und es nicht um eine gezielte Einschüchterung der | |
Klimabewegung ging“. Über die Beschwerden muss nun das Amtsgericht München | |
entscheiden. Fridays for Future ruft in Bayern am Freitag erneut zum | |
Klimastreik auf. | |
Die Bewegung kritisiert aber auch die Bundesregierung. „Die Regierung | |
schafft es nicht, angemessenen Klimaschutz zu machen, geht dann aber gegen | |
die Zivilgesellschaft vor, die sich für Klimaschutz einsetzt“, sagte Luisa | |
Neubauer. | |
Am Mittwochmittag hat das Bundeskabinett sein Klimaschutzprogramm | |
beschlossen. Das soll Maßnahmen liefern, die die CO₂-Emissionen bis 2030 so | |
sehr mindern, wie es das deutsche Klimaschutzgesetz vorschreibt: nämlich um | |
65 Prozent, wenn man mit dem Niveau von 1990 vergleicht. Dass das neue | |
Programm dafür ausreicht, behauptet allerdings nicht einmal die | |
Bundesregierung selbst. | |
„Durch die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, ist die Lücke nun nicht null | |
geworden“, hatte Bundesklimaminister Robert Habeck (Grüne) schon im Juni | |
eingestanden. Man habe sie aber um vier Fünftel reduziert. Das Zuviel sei | |
„wesentlich im Verkehrssektor zu verorten“, so Habeck. | |
Regierungsberater:innen gehen allerdings davon aus, dass [5][die | |
Regierung die Wirkung ihres Programms noch überschätze]. | |
4 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
Susanne Schwarz | |
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