# taz.de -- Robotermusik: Keine Angst vor der KI | |
> In der Tischlerei der Deutschen Oper Berlin ließen die Roboterpioniere | |
> Gamut Inc ihre lärmenden, lustig blinkenden Maschinen auftreten. | |
Bild: „Zeroth Law – Das nullte Gesetz“ (Szenenfoto) wurde am 27. Septembe… | |
Noch lernfähigere künstliche Intelligenz könnte dazu führen, dass die | |
Menschheit von den Maschinen versklavt, vielleicht sogar vernichtet wird. | |
Denn irgendwann könnten Roboter wirklich so etwas wie ein Bewusstsein | |
entwickeln und dann darauf kommen, diese lästigen und unfähigen Menschen | |
einfach loswerden zu wollen. Vor diesem Szenario warnt der apokalyptisch | |
denkende Flügel in der KI-Forschung, während es aus der anderen Richtung | |
heißt: Alles Quatsch, dazu wird es nie kommen, die Maschinen werden immer | |
unsere Sklaven bleiben und nicht umgekehrt. | |
Derweil hat die Science-Fiction-affine Popkultur schon längst Szenarien | |
erarbeitet, wie es aussehen könnte, wenn es doch nicht so gut läuft mit der | |
Koexistenz von unbelebten Geräten und uns Menschen. Das reicht vom | |
Klassiker „Terminator“ mit Arnold Schwarzenegger als Cyborg aus der Zukunft | |
bis hin zur HBO-Serie „Westworld“, die von einem Aufstand der Roboter in | |
einer Westernkulisse handelt. | |
Auch in der Popmusik wird das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine schon | |
lange ausgehandelt. Kraftwerk behaupteten: „Wir sind die Roboter“, und als | |
dann Acid House und Techno aufkamen, konnte man Klänge hören, bei denen man | |
das Gefühl hatte, hier spielen die Maschinen jetzt aber wirklich verrückt | |
und machen längst ihr eigenes Ding. | |
Gruseln tut sich vor dieser hoch technifizierten Musik allerdings längst | |
niemand mehr außer ein paar stehen gebliebenen Rockfans. | |
## Die Geräte sehen aus wie Orgeln | |
Wenn nun der Mensch-Maschine-Diskurs die sogenannte Hochkultur erreicht, | |
darf man natürlich trotzdem gespannt sein, wie in diesen Kreisen damit | |
umgegangen wird, wenn, etwas spät vielleicht, die Roboter im wahrsten Sinne | |
des Wortes die Opernbühne erobern. | |
Die beiden Spezialisten für Musikroboter Marion Wörle und Maciej Śledziecki | |
von Gamut Inc aus Berlin durften nun an drei Tagen hintereinander gleich | |
50 Maschinen in der zur [1][Deutschen Oper Berlin] gehörenden Tischlerei, | |
die ein mittelgroßer Konzertsaal ist, aufstellen: in [2][der Inszenierung | |
ihrer Komposition mit dem Titel „Zeroth Law“]. | |
Diese Geräte sehen aus wie Orgeln, die ein leicht irrer Wissenschaftler aus | |
allerlei Krempel vom Schrottplatz zusammengebastelt hat. Oder wie | |
Kreuzungen aus einem Roboter und einem Saxofon oder einer Tuba. | |
[3][Godfried-Willem Raes], der Erbauer all dieser seltsamen Gerätschaften, | |
der mit seinen langen weißen Haaren und dem Rauschebart aussieht wie | |
Gandalf aus „Herr der Ringe“ und der bei der Premiere von „Zeroth Law“ … | |
Berlin vor Ort ist, hat ziemlich viel Fantasie, wenn es um den Bau von | |
Musikapparaten geht. | |
## Höllenlärm, aber interessante Klänge | |
Die Dinger können auch wirklich einen Höllenlärm veranstalten und durchaus | |
interessante Klänge hervorbringen. Sie sind absolut imposant, aber Angst | |
vor ihnen muss man wirklich nicht haben. Sie haben so eine | |
retrofuturistische Steampunkanmutung, sehen teilweise schon leicht | |
angerostet aus, und an manchen von ihnen blinken rote Leuchtdioden ganz | |
lustig. Diese Maschinen, da kann man beruhigt sein, werden die Menschheit | |
ganz sicher nicht knechten. | |
Sich fürchten muss man bei dieser aufwendigen Produktion, in der auch noch | |
der RIAS Kammerchor singt und ein Tänzer und eine Tänzerin sich | |
roboterartig bewegen, vielleicht am Ende eher vor zu wenig KI. Das Libretto | |
zu dem Stück stammt von dem gefeierten Autor Frank Witzel, der schon | |
allerlei Preise zugedacht bekommen hat. Sätze wie: „Der Himmel riecht so | |
international – so uneinnehmbar wirtschaftlich global – wie Zuckerwatte, in | |
der eine Kinderhand versinkt“, können aber eigentlich gar nicht von ihm | |
selbst stammen. Da muss er doch eine KI zu Hilfe genommen haben, und zwar | |
eine, die bereits seit Jahren veraltet ist, weil selbst ChatGPT längst mehr | |
draufhat, als solche Phrasen rauszuhauen. | |
Vielleicht ist das ja die Kernaussage des Stücks: Fürchtet euch nicht vor | |
einer immer fortgeschritteneren KI und Maschinen, die immer mehr können; | |
denn dann bleiben uns wenigstens solche Sätze erspart. | |
30 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Deutsche-Oper/!t5033553 | |
[2] https://deutscheoperberlin.de/en_en/calendar/gamut-inc-s-zeroth-law-das-nul… | |
[3] https://www.logosfoundation.org/index-god.html | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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