# taz.de -- KI hilft beim Ultraschall: Ist es wirklich ein Baby? | |
> Im OP-Saal, am Unfallort oder beim Baby-Scan: Ultraschall kommt in den | |
> unterschiedlichsten Situationen zum Einsatz. Das ermöglichen neue | |
> Technologien. | |
Bild: Da! Dieses Baby hat einen so großen Kopf, dass es auch ein Mensch erkenn… | |
EHRBACH taz | Irgendwie weiß man: Mit Ultraschall, auch Sonografie genannt, | |
können Dinge im Körper sichtbar gemacht werden. Von einem Herzultraschall | |
etwa haben sicher viele schon gehört, und beim Betrachten von manchen | |
Ultraschallbildern entweicht manchmal ein „Oooh, da sieht man ein Händchen“ | |
– nämlich, wenn werdende Eltern von einer Vorsorgeuntersuchung mit einem | |
neuen Bild ihres Nachwuchses kommen. Doch eigentlich handelt es sich bei | |
Ultraschalluntersuchungen nicht um eine einzige Methode. Es gibt viele | |
Varianten, die bei unzähligen medizinischen Fragen nützlich sind. | |
Zunächst einmal der Grundsatz: Über eine Sonde werden Ultraschallwellen in | |
den Körper geschickt. Dort breiten sie sich aus. Sie kommen aber nicht | |
durch jedes Gewebe gleich gut hindurch. Manchmal werden sie teilweise oder | |
auch vollständig zurückgeworfen. Diese wiederkehrenden Signale fängt die | |
Sonde auf und schickt die Daten an einen Computer. Hier wird nun berechnet, | |
wie sich die gesendeten und die empfangenen Wellen voneinander | |
unterscheiden. Heraus kommt ein Bild aus Grautönen. Je besser die | |
Ultraschallwellen durch den Körper gelangen, desto dunkler wird es: | |
Flüssigkeiten etwa sind auf dem Bild schwarz, weil die Wellen problemlos | |
durch sie hindurchgehen. Knochen hingegen werfen sie zurück und werden | |
daher hell dargestellt. | |
Ein sehr großer Vorteil der Ultraschalluntersuchungen gegenüber etwa der | |
Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomografie (MRT) ist, dass | |
sie Strahlen- und Nebenwirkungsfrei sind. Allerdings sind die Bilder nicht | |
selbsterklärend. Schon bei einem Baby-Ultraschall ist es für ungeübte Augen | |
manchmal schwierig, das werdende Menschlein zu erkennen. Sollen nun gar | |
winzige Gewebeveränderungen an einem Organ festgestellt und eingeschätzt | |
werden, müssen selbst Fachleute ganz genau hinschauen. „Dazu muss man gut | |
ausgebildet sein“, sagt André Farrokh, leitender Oberarzt an der Klinik für | |
Gynäkologie und Geburtshilfe der Uniklinik Schleswig-Holstein. Eine gute | |
Diagnose hängt sowohl von der Scan-Technik als auch von der Beurteilung der | |
Bilder ab. | |
## KI wird durch Training verbessert | |
Hier könnte eine Technologie helfen, die derzeit in vielen Lebensbereichen | |
getestet wird: die künstliche Intelligenz. Im Fall der | |
Ultraschalluntersuchung könnte KI bei der Analyse unterstützen, erklärt | |
Farrokh: „Sie kann etwa helfen, Auffälligkeiten schnell und zuverlässig zu | |
erkennen.“ So würden Kapazitäten für die Patient*innen frei, die | |
tatsächlich behandelt werden müssen. [1][Damit das funktioniert], wird KI | |
beispielsweise mit Bildern von Tumoren trainiert, von denen man schon weiß, | |
ob sie gut- oder bösartig sind. Je mehr Bilder, desto besser, denn so lernt | |
sie, die Daten richtig einzuschätzen. Dieser Prozess ist allerdings | |
langwierig, denn Expert*innen müssen die Aufnahmen entsprechend | |
markieren und zur Verfügung stellen. | |
Ist erst einmal ein passender Algorithmus gefunden, könnte der technische | |
Assistent auch beim Training neuer Fachleute helfen, sagt Farrokh: „Erste | |
Studien deuten darauf hin, dass KI in der Auswertung der Bilder genauer ist | |
als unerfahrene Ärztinnen und Ärzte am Anfang ihrer Ausbildung.“ So könne | |
sie als eine Art Sicherheitsnetz fungieren, wenn man sich unsicher ist. | |
Dazu kommt: Nach einem Ultraschall müssen die Ärzt*innen Berichte über | |
ihre Befunde schreiben. Das raubt viel Zeit und ist in erster Linie | |
Fleißarbeit. Chinesische Forschende schlagen deshalb vor, diese | |
[2][Berichte zunächst von einer KI erstellen zu lassen]. Dann bräuchten | |
Ärzt*innen hinterher nur noch die Formulare durchgehen und notfalls | |
kleine Korrekturen vornehmen, anstatt alles selbst zu tippen. | |
„[3][KI-Werkzeuge könnten in näherer Zukunft] den Radiolog*innen | |
helfen, mit ihrer überwältigenden Masse an Berichten fertig zu werden“, | |
hofft Minerva Becker, Radiologin am Universitätsspital Genf. Das gebe ihnen | |
die Möglichkeit, mehr mit den Patient*innen zu sprechen. | |
Gleichzeitig arbeiten Forschende daran, die Ultraschall-Analyse selbst | |
weiter zu verbessern. Mit Hilfe von Kontrastmitteln soll die Bildqualität | |
erhöht werden, um sie sicherer zu interpretieren. „Mit der | |
Kontrastmittelsonografie können wir innerhalb weniger Minuten sagen, ob | |
eine Gewebeveränderung gutartig oder bösartig ist“, sagt Dirk-André | |
Clevert, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Radiologie am | |
Universitätsklinikum München. Mit dieser Methode könne man relativ | |
kostengünstig, sehr schonend und mit hoher Auflösung eine große | |
diagnostische Sicherheit erlangen. | |
## Mobile Geräte mit neuer Technologie | |
[4][Dazu werden winzige Gasbläschen eingesetz]t, die sich in den | |
Blutgefäßen bewegen und das Ultraschallsignal verstärken. Diese Bläschen | |
bestehen aus Schwefelhexafluorid, einem schwer wasserlöslichen Gas, das | |
kaum mit seiner Umwelt interagiert und daher die [5][Funktion der Organe | |
nicht beeinflusst]. So kann die Kontrastmittelsonografie problemlos | |
mehrfach angewandt werden, ohne einen Schaden zu verursachen. Zum Einsatz | |
kommt sie bisher vor allem bei Untersuchungen der Leber. Clevert hofft, | |
dass sich die Methode umfassender durchsetzen wird. Denn: „Die | |
Kontrastmittelsonografie hat Vorteile an allen Organen, die wir gut mit | |
Ultraschall untersuchen können.“ | |
Eine noch weitreichendere Errungenschaft beim Ultraschall klingt zugleich | |
unspektakulär: Die benötigten [6][Geräte sind mittlerweile sehr klein und | |
mobil]. Sie passen in die Tasche eines Laborkittels und wiegen teils | |
weniger als ein halbes Kilo. Das bedeutet, dass die Patient*innen nicht | |
zum Ultraschallgerät kommen müssen, weil das Gerät zu ihnen kommt – und | |
zwar in fast jeder Situation: am Unfallort, im Rettungshelikopter, an der | |
Kriegsfront und sogar auf der Internationalen Raumstation. So können | |
Fachleute praktisch überall eine schnelle Untersuchung durchführen. | |
Immer mehr an Bedeutung gewinnt zudem der [7][intraoperative Ultraschall]. | |
„Bisher müssen wir etwa bei einer Brustkrebsoperation vor dem Eingriff zur | |
Markierung einen dünnen Draht an die Stelle schieben, die wir entfernen | |
wollen“, sagt Oberarzt Farrokh. Auch die ungefähre Größe des Tumors mussten | |
sie sich vor der Operation auf den Ultraschallbildern ansehen und | |
einprägen. In einige Zentren werden nun stattdessen hochfrequente | |
Ultraschallsonden eingesetzt. „So sehen wir in Echtzeit, was wir tun und | |
ob der Tumor vollständig entfernt ist.“ | |
3 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ejradiology.com/article/S0720-048X(21)00197-2/fulltext | |
[2] https://arxiv.org/abs/2107.13431 | |
[3] https://insightsimaging.springeropen.com/articles/10.1186/s13244-023-01525-3 | |
[4] https://journals.lww.com/investigativeradiology/abstract/2020/09000/from_an… | |
[5] https://link.springer.com/article/10.1007/s00117-021-00891-7 | |
[6] https://link.springer.com/article/10.1007/s00068-015-0498-8 | |
[7] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S2352556821002216 | |
## AUTOREN | |
Stefanie Uhrig | |
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