# taz.de -- Werben um Zentralasien: Kanzler Scholz bittet zum Gipfel | |
> Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan. Die | |
> neuen Freunde der EU locken nicht nur mit Rohstoffen. | |
Bild: Pressekonferenz im Kanzleramt mit dem kasachischen Präsidenten Tokajew a… | |
BERLIN taz | Es ist ein Treffen von höchster Symbolkraft – und der Versuch, | |
sich bei politisch fraglichen Staaten anzubiedern. Bundeskanzler Olaf | |
Scholz (SPD) trifft am Freitag in Berlin die Regierungschefs fünf wichtiger | |
Länder in Zentralasien: Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Turkmenistan | |
und Tadschikistan. Im Herbst 2022 reiste bereits [1][Bundesaußenministerin | |
Annalena Baerbock (Grüne) nach Kasachstan und Usbekistan]. Auch | |
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war schon vor Ort. | |
Jetzt folgte die Einladung nach Berlin. Alle fünf ehemaligen | |
Sowjetrepubliken stehen spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf | |
die Ukraine in einem schwierigen Spannungsfeld. Russland zerrt an den | |
Staaten, China ebenso. Auch die EU, allen voran Deutschland, will ein Stück | |
insbesondere vom großen Rohstoffkuchen abbekommen. Als Baerbock im | |
vergangenen Jahr in der Region unterwegs war, wurde die Grünen-Politikerin | |
nicht müde, [2][für Energiepartnerschaften zu werben]. | |
Und das, obwohl es viele Lücken gibt: in Menschenrechtsfragen wie Presse- | |
und Versammlungsfreiheit, Frauenrechte, Kinderarbeit, beim Thema | |
Rechtsstaatlichkeit, dem Kampf gegen Korruption oder bei Umweltauflagen. | |
Gerade in Usbekistan sind die Vorkommen an Gold, Silber, Kupfer, seltenen | |
Metallen, Erdgas und Uran groß. Und die Beziehungen zu Deutschland sind | |
gut. Nebeneffekt könnte sein, etliche usbekische Fachkräfte anzulocken. | |
Angaben des Goethe-Instituts in Taschkent zufolge lernen rund 400.000 | |
Usbek:innen Deutsch. Etliche Unternehmen werben gezielt vor Ort und | |
bieten duale Ausbildungen an. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) | |
befürwortet ein Migrationsabkommen mit Usbekistan und treibt dieses voran, | |
mit Kirgistan soll es ähnliche Pläne geben. | |
In Kasachstan geht es vor allem um die Versorgung mit Öl – das Land ist | |
mittlerweile zum viertgrößten Lieferanten Deutschlands aufgestiegen. | |
Kasachstan wird auch als ein Lieferant für die ostdeutsche Raffinerie in | |
Schwedt angesehen – nur muss das Öl derzeit noch durch russische Pipelines | |
nach Westen gepumpt werden. | |
## Russischer Angriffskrieg zentrales Thema | |
Es müssen Alternativen her, [3][Planungen laufen für den Transport über | |
Baku in Aserbaidschan]. Von dort aus gibt es eine Pipeline über die Türkei | |
nach Europa. Auch deshalb – um die wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken | |
– wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die fünf | |
Regierungschefs treffen. | |
Aber: Zentral bei dem Treffen wird der Krieg in der Ukraine sein. Seit | |
Beginn im Februar 2022 wirbt Deutschland verstärkt um Verbündete, auf dem | |
afrikanischen Kontinent, in Lateinamerika, aber eben auch in Zentralasien. | |
Der russische Angriff auf die Ukraine hätte das Bewusstsein geschärft für | |
die Region, heißt es aus Regierungskreisen. Neben China und Russland sei | |
die EU ein gern gesehener Partner. So hofft man. | |
Wahr ist aber auch, dass gegenwärtig keine Lösung im Ukraine-Krieg in Sicht | |
ist. Die Sorge ist auch deshalb groß in den zentralasiatischen Staaten, | |
dass es Russland nicht bei dem Angriff auf die Ukraine belässt. Allerdings | |
zeichnet sich zugleich nicht ab, dass sich die fünf Staaten völlig von | |
Russland lossagen. Der Einfluss Moskaus und wirtschaftliche Abhängigkeiten | |
sind nach wie vor groß. Es liegt nun auch an der Bundesregierung, lukrative | |
Angebote an die fünf Staatschefs zu machen. | |
28 Sep 2023 | |
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[1] /Aussenministerin-in-Zentralasien/!5890077 | |
[2] /Baerbock-in-Zentralasien/!5888895 | |
[3] /Sanktionen-gegen-Aserbaidschan/!5959759 | |
## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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