# taz.de -- Verfassungsklage der Unionsfraktion: Scholz' Hamburger Vergangenheit | |
> Als Bürgermeister hat Olaf Scholz möglicherweise einer Skandalbank | |
> geholfen. Die Ampel verhinderte einen U-Ausschuss. Jetzt klagt die | |
> Unionsfraktion. | |
Bild: Cum-Ex in Hamburg: Seine Gegner bleiben dran wie hier bei einer Kundgebun… | |
Berlin taz | Die CDU/CSU-Fraktion hat Verfassungsklage gegen den Bundestag | |
erhoben, [1][weil die Ampel-Mehrheit einen Untersuchungsausschuss zur | |
politischen Glaubwürdigkeit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) abgelehnt | |
hat]. Umstritten ist, ob der Bundestag Vorgänge aus der Hamburger | |
Regierungszeit von Olaf Scholz als Erster Bürgermeister untersuchen darf. | |
[2][Konkret geht es um die Frage], warum das zuständige Hamburger Finanzamt | |
2017 auf die Rückforderung rechtswidrig erhaltener Steuererstattungen in | |
Höhe von 47 Millionen Euro gegenüber der Skandalbank M.M.Warburg verzichten | |
wollte. Es ging um Einnahmen der Bank aus den strafbaren | |
Cum-Ex-Manipulationen, für die einige der Warburg-Manager inzwischen | |
strafrechtlich verurteilt wurden. Damals hatte sich der Bankier Christian | |
Olearius mehrfach mit Bürgermeister Scholz getroffen und vor einer | |
Existenzbedrohung für die Hamburger Privatbank gewarnt. | |
Anschließend änderte das Finanzamt seine Haltung zugunsten der Bank und sah | |
die Forderung als verjährt an. [3][Scholz bestreitet einen Zusammenhang] | |
und konnte sich lange Zeit nicht einmal an die Treffen mit dem Bankier | |
erinnern. Der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sorgte dann | |
dafür, dass Hamburg die Steuern doch zurückforderte. Warburg hat inzwischen | |
das Geld zurückbezahlt. | |
Zu diesem Vorgang gibt es bereits einen Untersuchungsausschuss in der | |
Hamburger Bürgerschaft. Doch die CDU/CSU-Fraktion wollte einen weiteren | |
Untersuchungsausschuss im Bundestag einrichten. Eigentlich hat eine | |
Minderheit von 25 Prozent der Abgeordneten einen Anspruch darauf, dass | |
ihrem Einsetzungantrag stattgegeben wird. Doch am 5. Juli lehnte der | |
Bundestag mit der Ampel-Mehrheit den Unions-Antrag ab. Der Bundestag habe | |
keine Befugnis, Vorgänge in den Bundesländern zu untersuchen. | |
## Wurde der Anspruch auf einen U-Ausschuss verletzt? | |
Gegen diese Ablehnung des Untersuchungsausschusses durch die Ampel-Mehrheit | |
hat die Unions-Fraktion nun eine Organklage beim Bundesverfassungsgericht | |
erhoben. Die Abgeordneten sehen ihren grundgesetzlichen Anspruch auf einen | |
Untersuchungsausschuss verletzt. Zum ersten Mal in der Geschichte des | |
Bundestags habe die Mehrheit einen Einsetzungsantrag völlig (und nicht nur | |
teilweise) abgelehnt. | |
Die Unions-Abgeordneten machen in ihrer Klage geltend, dass der Bundestag | |
selbstverständlich Vorgänge untersuchen kann, die die politische | |
Glaubwürdigkeit des aktuellen Bundeskanzlers in Frage stellen. „Ein | |
Bundeskanzler, der in die rechtswidrige Niederschlagung von | |
Steuerforderungen verwickelt ist, wäre politisch nicht mehr tragfähig“, | |
heißt es in der Klage. Dabei sehen die Unions-Abgeordneten zwei | |
Anknüpfungspunkte. Zum einen gehe es um Scholz' Handeln als Bürgermeister | |
in Hamburg, zum anderen aber auch um seine teilweise lückenhaften und | |
widersprüchlichen Auskünfte bei der Aufarbeitung der Warburg-Affäre. | |
Zudem wollen die Abgeordneten die Rolle des ehemaligen SPD-Abgeordneten | |
Johannes Kahrs aufklären. Kahrs hatte sich innerhalb der Hamburger SPD für | |
die Interessen der Warburg-Bank eingesetzt. Parallel dazu erhielt sein | |
SPD-Kreisverband Spenden der Bank. Kahrs legte im Mai 2020 sein | |
Bundestags-Mandat nieder. | |
Der größte Teil der Organklage versucht aber zu belegen, dass auch die | |
Eigenständigkeit von Bund und Ländern nicht gegen den | |
Untersuchungsausschuss spricht. Da die bei den Cum-Ex-Geschäften | |
hinterzogenen Steuern Bund und Ländern gemeinsam zustehen, habe der | |
Bundestag schon aus seiner „haushaltspolitischen Gesamtverantwortung“ eine | |
Befugnis, die Vorgänge in Hamburg zu untersuchen. Wenn in Hamburg | |
rechtswidrige Steuererstattungen nicht zurückgefordert werden, fehle das | |
Geld auch dem Bund. | |
## Keine Fehler von Bundesbehörden bisher bekannt | |
Außerdem seien die Bundesländer bei der Steuerverwaltung im Auftrag des | |
Bundes tätig. Der Bundesfinanzminister könne deshalb Weisungen geben und | |
Akten einsehen. Dementsprechend könnten auch die Abgeordneten prüfen, ob | |
der Bundesfinanzminister seine Aufgabe korrekt wahrgenommen hat. Die Union | |
räumt ein, dass der Bundestag in diesem Zusammenhang die Tätigkeit der | |
Hamburger Behörden „nicht politisch bewerten“ darf, aber als „Vorfrage“ | |
doch feststellen darf, was in Hamburg passiert ist. | |
Dass Bundesbehörden beim Umgang mit den Warburg-Millionen Fehler gemacht | |
haben, ist bisher allerings nicht bekannt. Die Koalition wirft der CDU/CSU | |
deshalb vor, ihr Interesse an der Bundesauftragsverwaltung sei | |
vorgeschoben, eine „Motivlüge“. In Wirklichkeit gehe es ihr doch vor allem | |
um das Verhalten der Hamburger Behörden [4][und insbesondere des damaligen | |
Bürgermeister Olaf Scholz.] Über die Organklage muss jetzt das | |
Bundesverfassungsgericht entscheiden. Das kann Jahre dauern. Ein Eilantrag | |
wurde von der CDU/CSU-Fraktion nicht gestellt. | |
8 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Untersuchungsausschuss-zu-Cum-Ex/!5926368 | |
[2] /Cum-Ex-Skandal-des-Kanzlers/!5923376 | |
[3] /Cum-Ex-Skandal-um-Steuerbetrug/!5875631 | |
[4] /Kanzleramtschef-im-Cum-Ex-Ausschuss/!5885016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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