| # taz.de -- BGH zu Cum-Ex-Streit: Bankier verliert gegen Zeitung | |
| > Der Bundesgerichtshof entscheidet im Cum-Ex-Streit für die | |
| > Pressefreiheit. Die „SZ“ darf aus Tagebüchern des Bankiers Christian | |
| > Olearius zitieren. | |
| Bild: Haupteingang des Bankhauses in Hamburg | |
| Karlsruhe taz | Die Süddeutsche Zeitung (SZ) durfte aus den beschlagnahmten | |
| Tagebüchern des Hamburger Bankiers Christian Olearius zitieren. Ein | |
| SZ-Artikel, der [1][Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Bedrängnis] brachte, darf | |
| nun wieder online veröffentlicht werden. Das entschied an diesem Dienstag | |
| der Bundesgerichtshof. | |
| Schon seit Jahren steht der Verdacht im Raum, dass Olaf Scholz, damals | |
| Erster Bürgermeister Hamburgs, sich für die Hamburger Skandalbank Warburg | |
| eingesetzt hat. | |
| Die Privatbank, die sich in großem Stil an den strafbaren | |
| Cum-Ex-Steuermanipulationen beteiligte, versuchte 2016 zu verhindern, dass | |
| sie 47 Millionen Euro an den Fiskus zurückzahlen muss. | |
| Bank-Miteigentümer Christian Olearius bemühte sich deshalb um die | |
| Unterstützung von Hamburger SPD-Politikern. Drei Tage nach einem Gespräch | |
| mit Scholz verzichtete die Hamburger Steuerbehörde auf die Rückzahlung. War | |
| das Zufall? | |
| ## Tagebücher seien keine „amtlichen Dokumente“ | |
| Der Hamburger Senat bestritt 2019 zunächst, dass es überhaupt Gespräche | |
| zwischen Scholz und Olearius gab. Doch der SZ wurden Auszüge aus den | |
| Tagebüchern von Olearius zugespielt, die 2018 von der Staatsanwaltschaft | |
| beschlagnahmt worden waren. Daraus ergab sich, dass es in dieser Sache | |
| mindestens fünf Gespräche von Scholz und Olearius gab. Der entsprechende | |
| SZ-Artikel erschien am 4. September 2020. | |
| Gegen diesen Artikel ging Olearius vor. Die beschlagnahmten Tagebücher | |
| seien „amtliche Dokumente eines Strafverfahrens“. Gemäß Paragraf 353d | |
| Strafgesetzbuch dürfe daraus nicht zitiert werden, bis sie im Strafprozess | |
| verlesen wurden. Mit dieser Argumentation hatte Olearius beim Landgericht | |
| Hamburg und Oberlandesgericht Hamburg Erfolg. Paragraf 353d sei ein | |
| „Schutzgesetz“ und gebe Olearius einen zivilrechtlichen | |
| Unterlassungsanspruch gegen die SZ. Die Zeitung hätte deshalb den Großteil | |
| der Zitate löschen müssen und nahm dann den Artikel ganz von ihrer | |
| Webseite. | |
| Doch beim Bundesgerichtshof (BGH) obsiegte nun die SZ in vollem Umfang. Die | |
| beschlagnahmten Tagebücher seien keine „amtlichen Dokumente“, erklärte der | |
| Vorsitzende Richter Stephan Seiters, „private Aufzeichnungen werden auch | |
| durch die Beschlagnahme nicht zu amtlichen Dokumenten“. Außerdem sei | |
| Paragraf 353d kein zivilrechtliches Schutzgesetz, so der BGH-Richter. | |
| Die Pressefreiheit sei so wichtig, betonte Seiters, dass | |
| Persönlichkeitsrechte der Prozessbeteiligten immer mit der Aufgabe der | |
| Medien als „Wachhund“ abgewogen werden müssen. Im konkreten Fall sprach | |
| laut BGH ein „überragendes Informationsinteresse“ für die Verwendung der | |
| Tagebuchzitate, da diese auch nicht sehr persönlich gewesen seien. | |
| [2][Olaf Scholz erklärt bis heute], er habe sich nicht für die Bank | |
| eingesetzt. Er könne sich aber nicht konkret an die Gespräche mit dem | |
| Bankier erinnern. Demnächst wird sich ein Untersuchungsausschuss des | |
| Bundestags mit Scholz’ Erinnerungslücken beschäftigen. | |
| 16 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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