# taz.de -- Umgang mit der AfD in Thüringen: Noch mehr Risse in der Brandmauer | |
> In Thüringen droht der nächste Tabubruch: Nach der Grunderwerbssteuer | |
> könnte die CDU auch das Vergaberecht mit Hilfe der rechtsextremen AfD | |
> ändern. | |
Bild: Vorfreude, schönste Freude: Die Thüringer AfD-Fraktion nach der Abstimm… | |
BERLIN taz | Nachdem die Thüringer [1][CDU mit Hilfe von AfD und FDP eine | |
Senkung der Grunderwerbssteuer] gegen die rot-rot-grüne | |
Minderheitsregierung durchgesetzt hat, könnten weitere Gesetze nach dem | |
gleichen Muster den Thüringer Landtag passieren. Jetzt setzt die CDU die | |
rot-rot-grüne Regierung unter Bodo Ramelow (Linke) mit einem Entwurf zur | |
Änderung des Vergaberechts unter Druck. | |
Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Martin Henkel forderte | |
die Regierung auf, aktiv an einem modernen Vergabegesetz mitzuarbeiten. Ein | |
Vorschlag der CDU liege auf dem Tisch, für diesen werde man nun intensiv | |
werben. Henkel hatte am Montag auf Instagram angekündigt: „Die von uns | |
durchgesetzte Senkung der Grunderwerbssteuer war nur der erste Schritt. Wir | |
fordern von der Landesregierung weitere Maßnahmen für mehr Wachstum und | |
Bürokratieabbau.“ | |
Das von der rot-rot-grünen Landesregierung 2019 beschlossene Vergaberecht | |
für Aufträge der öffentlichen Hand kritisiert die CDU als zu bürokratisch | |
und dringt etwa auf eine „Verschlankung sozialer und ökologischer“ | |
Kriterien. Auch die aktuelle Koalition will das Vergaberecht überarbeiten, | |
aber auf keinen Fall eine „Schleifung von ökologischen und sozialen | |
Standards“. Sie hat einen eigenen Entwurf vorgelegt. Doch fehlen | |
Rot-Rot-Grün seit 2020 vier Stimmen im Landtag zur Mehrheit. | |
Kommt es auf einer der nächsten Landtagssitzungen im November oder Dezember | |
also wieder zum Showdown, wird die CDU erneut auf eine oppositionelle | |
Mehrheit unter Einschluss der rechtsextremen AfD setzen? „Ich traue der CDU | |
in Thüringen mittlerweile alles zu“, so der Fraktionsvorsitzende der Linken | |
im Landtag, Steffen Dittes, gegenüber der taz. Natürlich könne man sich im | |
Vorfeld verständigen. „Wir reden seit 2020 mit der CDU, es ist absurd zu | |
behaupten, wir würden keine Kompromisse schließen.“ | |
## Kursänderung nach rechts | |
Doch Dittes sieht einen grundlegenden Strategiewechsel in Thüringen. „Die | |
CDU ist nicht mehr nur bereit, Kompromisse mit der rot-rot-grünen | |
Minderheitsregierung zu schließen, sondern sucht auch eine regierende | |
Mehrheit mit der Opposition.“ Dittes warnt: „Damit macht die CDU eine | |
extrem rechte Partei wie die AfD zum Macht- und Gestaltungsfaktor.“ | |
Ein weiterer von der CDU eingebrachter Gesetzentwurf dürfte ebenfalls | |
Beifall der Rechten finden. [2][So möchte die CDU „Gendersprache“ an | |
Schulen und in der Verwaltung verbieten] lassen. Ob die FDP hier zustimmt, | |
ist allerdings fraglich. Der Gesetzentwurf zur Gendersprache sei Teil eines | |
von rechts geführten Kulturkampfes, so Dittes. „Doch der eigentliche | |
Strategiewechsel der CDU vollzieht sich an grundsätzlicheren Themen.“ | |
Sorgen bereitet dem Linkenfraktionschef vor allem die Diskussion über den | |
Landeshaushalt, der im Dezember beschlossen werden soll. Hier habe die CDU | |
in der Vergangenheit Vorschläge zur Kürzung von Demokratieförderprogrammen, | |
Inklusion, Integration und Arbeitsmarktförderung eingebracht. „Die Frage | |
ist,“ so Dittes, „ob die CDU bereit ist, gerade in diesen wichtigen | |
Bereichen eine Koalition in der Opposition gegen die rot-rot-grüne | |
Minderheitsregierung zu bilden.“ | |
## Experimentierfeld für AfD-Tolerierung | |
Dittes warnte angesichts des fehlenden Widerspruchs aus der Bundes-CDU | |
davor, „dass Thüringen zum Experimentierfeld werden könnte, um von der AfD | |
tolerierte Minderheitsregierungen vorzubereiten.“ | |
Das befürchtet auch der Thüringer SPD-Fraktionschef Matthias Hey in Zeit | |
Online. „Was wir hier in Thüringen und anderen Teilen Ostdeutschlands | |
erleben, ist doch nur die Ouvertüre für ganz Deutschland.“ | |
21 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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