# taz.de -- Frankreichs Kritik an Großkonzernen: Schämt Euch, Nestlé und … | |
> Frankreichs Regierung will, dass Lebensmittelkonzerne ihre Preise senken. | |
> Dadurch soll die Inflation nachlassen. Doch die Großen machen nicht mit. | |
Bild: Geld verdienen kommt für Nestlé vor Solidarität | |
PARIS taz | Zum Kampf gegen die Verteuerung der Lebensmittel gibt es keine | |
Alternative. Das hat Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire | |
mehreren Großunternehmen bei einem Treffen mit den Verbänden des Sektors in | |
Erinnerung gerufen. Er ist offenbar ziemlich ungehalten über die mangelnde | |
„Solidarität“ der Branche, die seine Autorität und die Glaubwürdigkeit | |
seiner Politik zur Inflationsbekämpfung untergräbt. | |
[1][Bereits im Mai] hatte er industriellen Lebensmittelproduzenten und | |
-ketten mit einer „Name and shame“-Kampagne gedroht, falls sie nicht | |
freiwillig ernsthafte Initiativen ergreifen sollten, die Preise zu senken. | |
Nun hat Le Maire damit Ernst gemacht. Und nannte die Namen der Konzerne, | |
die nicht mitwirken – und sich darum gehörig schämen sollten. Es sind die | |
Großen der Branche: Nestlé, Unilever, Pepsi. Diese „sehr großen | |
Multinationalen unternehmen nicht genug. Sie könnten viel mehr tun“, | |
beschwerte sich Le Maire. | |
Auch Handelsministerin Olivia Grégoire ist mit der Preispolitik der | |
Konzerne nicht zufrieden. Sie hatte wie andere Regierungsmitglieder den | |
Konsument*innen noch vor dem Sommer versprochen, bis zur „Rentrée“ (dem | |
Schulbeginn nach den Urlaubswochen) Anfang September würden vor allem die | |
Nahrungsmittel und andere wichtige Versorgungsprodukte (Hygiene, | |
Schulmaterial) wieder günstiger. Nun aber ist weitgehend das Gegenteil der | |
Fall: Die Teuerungsspirale dreht sich weiter. Die Verbraucherpreise legten | |
im August um durchschnittlich 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat | |
zu. Im Juli hatte die Rate noch bei 5,1 Prozent gelegen. | |
Was die Regierung außer der öffentlichen Anprangerung gegen steigende | |
Preise unternehmen kann, ist unklar. Sie hofft aber nun, dass bei den | |
früher als vorgesehen startenden Verhandlungen zwischen Produzenten und | |
Supermärkten eine Einigung erzielt wird, dank der die [2][Preise von 5.000 | |
Produkten im Endverkauf] nicht weiter steigen, sondern eher gesenkt werden. | |
## Auch die Branche wünscht sich was von der Regierung | |
Umgekehrt wünschen sich die Supermärkte ein Entgegenkommen der Regierung. | |
Diese hat ein Gesetz verabschieden lassen, das ab 2024 die Ermäßigungen bei | |
Sonderaktionen für Körperpflege- und Hygieneartikel auf maximal 34 Prozent | |
begrenzt. | |
Das sei nicht im Interesse der Verbraucher*innen, erklärte beim Treffen mit | |
Le Maire der Verbandsvorsitzende der Branche, Alexandre Bompard vom Konzern | |
Carrefour: „Bisher konnte ich ein Waschmittel mit einem Rabatt von 50 oder | |
60 Prozent anbieten.“ Das aber sei ab Januar nicht mehr erlaubt. Darum | |
dürfe dieses „schlechte Gesetz“, von dem in Wirklichkeit nur die drei | |
Marktführer Henkel, Unilever und Procter & Gamble profitierten, nicht wie | |
vorgesehen in Kraft treten, wünschen die Supermärkte in einem Schreiben an | |
die beiden Parlamentskammern. | |
Im Juli 2023 waren in Frankreich die Lebensmittelpreise im Vergleich zum | |
Vorjahr um 12,7 Prozent gestiegen. Als Folge davon sank der Verbrauch: um | |
7,9 Prozent im Vergleich zum Juli 2022. Es sind vor allem die Haushalte mit | |
geringem Einkommen, die unter der Inflation leiden. | |
1 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Paris-fordert-Preissenkungen-fuers-Essen/!5934125 | |
[2] https://www.letelegramme.fr/economie/inflation-alimentaire-bruno-le-maire-a… | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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