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# taz.de -- Neues Arbeitsmarktgesetz: Frankreich plant Ein-Euro-Jobs
> Paris kopiert einen Teil der deutschen Hartz-Reformen. Die konservative
> Rechte will so gegen „Profiteure“ der öffentlichen Fürsorge vorgehen.
Bild: Vom Nachbarn kopiert: Präsident Macron will mit Zwang mehr Menschen in d…
Paris taz | Die [1][Abgeordneten der Regierungsparteien] haben mit
Unterstützung der Stimmen der konservativen Oppositionspartei Les
Républicains (LR) am Dienstagabend ein Arbeitsmarktgesetz verabschiedet,
das – so die optimistische Bezeichnung der Zielsetzung – zur
„Vollbeschäftigung“ führen soll.
Die unmittelbare Absicht dabei ist, die statistisch ausgewiesene
Arbeitslosenrate zu verringern. Diese ist mit derzeit rund 7,2 Prozent der
erwerbsfähigen Bevölkerung weiterhin viel höher als in Deutschland.
Vielleicht war dies mit ein Grund, weshalb sich die französische
Staatsführung an Maßnahmen zur Arbeitsmarktförderung im Nachbarland, besser
bekannt als [2][Hartz-Reformen], orientieren möchte?
Während einige Punkte der Gesetzesvorlage rein formalen Charakter haben,
wie zum Beispiel die Umbenennung der Arbeitsämter von „Pôles emploi“ in
„France travail“, gibt eine Reform der finanziellen Unterstützung der
Erwerbslosen weiterhin viel zu reden.
Wer von diesen keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr bekommt,
erhält grundsätzlich ein Existenzminimum, das seit 2007 unter der Abkürzung
RSA (Revenu de solidarité active) bekannt ist.
## Leistungsempfänger sollen Gegenleistung bringen
Eine Einzelperson ohne Arbeitseinkommen bezieht rund 600 Euro, ein Paar mit
einem Kind etwa das Doppelte. Das war für die RSA-Empfänger bisher mit
einer (moralischen) Verpflichtung verbunden, Möglichkeiten für eine
Erwerbstätigkeit oder eine Fortbildung zu nutzen.
Vor allem in rechten bürgerlichen Kreisen existiert indes die Vorstellung,
dass es unter den RSA-Empfängern zu viele „Profiteure“ gebe, die diese
finanzielle Hilfe beziehen, ohne auch nur die geringste Anstrengung um eine
Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu unternehmen, und sich so oft
definitiv aus der Berufswelt entfernen.
Da auch Präsident Emmanuel Macron noch in seiner letzten Wahlkampagne
gefordert hat, die Leistungsbeziehenden müssten „ihren Teil der
Anstrengung“ liefern, nahmen ihn die LR-Abgeordneten beim Wort, indem sie
verlangten, für das RSA müsse einen Gegenleistung – im Stil der
Ein-Euro-Jobs – erbrecht werden.
Das wurde nun umgesetzt: Grundsätzlich muss für das RSA in Zukunft eine
(unbezahlte) „Aktivität“ zur Wiedereingliederung von 15 Stunden pro Woche
belegt werden. Nur wer daran aus gesundheitlichen Gründen oder wegen der
Betreuung von Kindern gehindert ist, wäre eventuell von dieser
Verpflichtung ausgenommen. Worin genau diese Aktivitäten bestehen, bleibt
noch sehr vage.
## Kritik von Gewerkschaften und Opposition
Gewerkschaften und linke Oppositionsparteien protestieren gegen eine Form
von „Fronarbeit“. Frankreichs Ombudsfrau für Bürgerrechte, Claire Hédon,
befürchtet, dass diese Reform die Armut noch weiter verschärft und viele
Unterstützungsberechtigte davon abhalten könnte, diese RSA-Leistungen zu
beantragen.
Fraglich bleibt auch, wie ernst es die Regierung mit der im Gesetz
vorgesehenen besseren individuellen Betreuung der Erwerbslosen meint. Mehr
Geld und mehr Personal für diese Aufgabe hat sie nämlich nicht vorgesehen.
11 Oct 2023
## LINKS
[1] /Parlamentswahlen-in-Frankreich/!5859486
[2] /Vor-der-Einfuehrung-des-Buergergeldes/!5900367
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Armut
Schwerpunkt Frankreich
Arbeitslosigkeit
Arbeit
Inflation
Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022
Jean-Luc Mélenchon
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