| # taz.de -- Queere Erinnerungskultur: Lotte Hahm war eine Vernetzerin | |
| > In Kreuzberg wurde eine Gedenkstele für die Aktivistin Lotte Hahm | |
| > enthüllt. Sie prägte die lesbische Subkultur im Berlin der 20er Jahre. | |
| Bild: Die neue Gedenkstele für Lotte Hahm | |
| „Wir sind nun einmal anders als die andern, die nur im Gleichschritt der | |
| Moral geliebt“, schallt es durch die Straße Hasenheide am Südstern. Es ist | |
| das „Lila Lied“, die erste Hymne der sexuellen Emanzipationsbewegung aus | |
| den 20ern. Und obwohl sie nun schon 100 Jahre alt ist, könnte sie zu diesem | |
| Anlass nicht passender sein: Am Mittwochabend wird hier in der Hasenheide | |
| 52-53 eine Gedenkstele für Lotte Hahm enthüllt, eine der wichtigsten | |
| Aktivistinnen der lesbischen Subkultur in Berlin in der Weimarer Republik. | |
| Etwa 50 Menschen haben sich versammelt, um an sie zu erinnern. | |
| „Lotte Hahm war wirklich eine Vernetzerin, sie hat große Verdienste | |
| geleistet, von daher ist es absolut wichtig und zentral, dass ihrer gedacht | |
| wird“, sagt die Historikerin und Leiterin des Spinnboden Archivs Katja | |
| Koblitz, die den Text für die Gedenktafel verfasst hat. Sie und die | |
| Queer-Historikerin Andrea Rottmann geben in kurzen Wortbeiträgen einen | |
| Einblick in Hahms Leben. | |
| Charlotte Hedwig „Lotte“ Hahm wurde 1890 in Dresden geboren, ab Anfang der | |
| Zwanziger lebte sie in Berlin. Dort engagierte sie sich stark in der | |
| lesbischen und in der trans-Szene. So gründete sie unter anderem den | |
| Damenclub „Violetta“ und damit einen wichtigen [1][queeren] Treffpunkt | |
| Berlins. Der Name Violetta war eine Anspielung auf die Farbe Lila, ein | |
| Erkennungszeichen der lesbischen Community. Im Damenklub kamen regelmäßig | |
| um die 200, manchmal sogar bis zu 500 Frauen zum gemeinsamen | |
| Windbeutel-Wettessen, zu Tanzveranstaltungen oder Mondscheindampferfahrten | |
| zusammen. Von 1926 bis 1928 traf sich der Klub im Kreuzberger | |
| Jägerhof-Kasino, hier in der Hasenheide 52-53. | |
| Darüber hinaus betrieb Lotte Hahm die Lesbenbars Monokel-Diele und | |
| Manuela-Bar. Durch ihr Wirken „hat sie die lesbische Sichtbarkeit in Berlin | |
| massiv gestärkt“, erklärt Kolbitz. Unter den [2][Nationalsozialisten] | |
| wurden [3][homosexuelle] Treffpunkte verboten und mussten schließen. Lotte | |
| Hahm benannte den Damenklub Violetta in „Sportklub Sonne“ um. So gelang es | |
| ihr, heimlich weitere Veranstaltungen für queere Menschen zu organsieren. | |
| Doch die Tarnung flog auf und der Klub blieb bis 1945 geschlossen. Auch | |
| nach dem Krieg soll Hahm wieder Treffpunkte organisiert haben, bevor sie | |
| 1967 in Wannsee starb. | |
| Über 50 Jahre mussten vergehen, bis sie in der Hasenheide eine Gedenkstele | |
| bekam. Erst in den letzten Jahren sei ein Bewusstsein für queere | |
| Erinnerungskultur entwickelt worden, meint Koblitz. Auch darum sei die | |
| Sichtbarkeit queerer Kultur immer noch nicht selbstverständlich genug. | |
| „Nach wie vor gibt es Angriffe auf lesbische und queere Projekte“, sagt | |
| sie. So sieht es auch die Bezirksbürgermeisterin von | |
| Friedrichshain-Kreuzberg Clara Herrmann (Grüne): „Sogar in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg ist bei Diversität im Gedenken noch viel Luft nach | |
| oben.“ | |
| 15 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Marlena Wessollek | |
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