# taz.de -- Studie zu Bezeichnungen für Migranten: Flüchtlinge sind unerwüns… | |
> Macht es einen Unterschied für die Einstellungen gegenüber Migrant:innen, | |
> mit welchen Begriffen sie bezeichnet werden? Eine Studie hat das | |
> untersucht. | |
Bild: Migranten bei ihrer Ankunft in Spanien. Der Begriff ist positiver besetzt… | |
Laut dem UNHCR, dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen, waren | |
Ende 2022 weltweit 108,4 Millionen Menschen auf der Flucht. In dieser Zahl | |
stecken [1][Geflüchtete, Binnenvertriebene, Asylsuchende und andere | |
Personen, die internationalen Schutz benötigen]. Menschen, die aus | |
freiwilliger Entscheidung in einen anderen Staat migrieren, sind nicht mit | |
eingerechnet, da es keine klare Definition für Migrant:innen gibt. | |
Geflüchtete haben bereits einen Flüchtlingsstatus erhalten, der ihnen | |
völkerrechtlichen Schutz garantiert, während Asylsuchende keinen rechtlich | |
definierten Status im Zielland haben. Trotz der unterschiedlichen | |
Definitionen für zugewanderte Menschen werden im öffentlichen Diskurs | |
verschiedene Bezeichnungen abwechselnd, mitunter willkürlich verwendet. | |
Aber welchen Unterschied machen diese Wörter genau? | |
## Die Studie | |
In der Sozialpsychologie gibt es bereits Studien dazu, wie sich Sprache auf | |
die Wahrnehmung von Gruppen auswirkt. Doch um vergleichbare Ergebnisse in | |
verschiedenen Ländern zu haben, untersuchte nun eine [2][Studie unter der | |
Leitung der Universität Bern in neun Ländern] – Australien, Tschechien, | |
Finnland, Frankreich, Italien, Portugal, Schweden, Schweiz und Vereinigtes | |
Königreich –, wie sich Bezeichnungen für Zugewanderte auf die Einstellungen | |
gegenüber diesen Menschen auswirken. | |
Erst analysierten sie den öffentlichen Diskurs in den neun Ländern, um | |
herauszufinden, welche Wörter für Einwanderer verwendet werden. Dann wurden | |
einige hundert Teilnehmende pro Land zufällig einer von drei Gruppen | |
zugeordnet und zu ihren Einstellungen gegenüber Zugewanderten befragt. | |
Dabei benutzten die Forscher:innen in einer Gruppe den Begriff von | |
„Migranten“, in einer anderen „Flüchtlinge“ und einmal „Asylbewerber… | |
Die Teilnehmenden, die zu „Migranten“ befragt wurden, hatten positivere | |
Einstellungen gegenüber Einwanderern ausgesprochen als die Teilnehmenden | |
mit den Begriffen „Flüchtlinge“ und „Asylbewerber“. Sie empfanden, dass | |
„Migranten“ mehr Vorteile für das Land bringen, da sie „die Wirtschaft | |
ihres Landes wettbewerbsfähiger gemacht haben“, „die Kultur ihres Landes | |
mit anderen Traditionen bereichert“ und „das globale positive Image ihres | |
Landes verbessern“. | |
Allen drei Gruppen war es wichtiger, Menschen aufzunehmen, die vor Krieg | |
und Verfolgung eingewandert sind als aus wirtschaftlichen Gründen. Trotzdem | |
rief der allgemein gehaltene Begriff die positivste Konnotation hervor. | |
## Was bringt’s? | |
Die [3][Bezeichnung von Migrant:innen] in den Zielländern hat demnach | |
einen Einfluss darauf, wie willkommen sie dort sind. Wenn politische | |
Kommunikation die Vorteile von Migration betont, wirkt sich das | |
möglicherweise positiv auf die Zustimmung aus. Der Haken daran: | |
Politiker*innen, die diese Empfehlung gerade nicht beachten, tun das zum | |
Teil mit Vorsatz. Jean Dumler | |
10 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Flucht/!t5201005 | |
[2] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ejsp.2947 | |
[3] /Sprechen-ueber-Flucht/!5838754 | |
## AUTOREN | |
Jean Dumler | |
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